Körperbewußtsein

Körperbewußtsein

Bild von Andrej Podobedov auf Pixabay

und das bewusste Sein im Körper


Körper

Der Körper ist ein heiliges Kleid. In ihm betreten wir das Leben und in ihm verlassen wir es. Freunde, Job, Partner usw. werden uns immer wieder verlassen - unser Körper bleibt uns ein Leben lang. Wenn sich dieses Kleid wohl anfühlt, lebt e·s sich einfacher und lebendig sein tut gut. Und unser Körper ist ein Medium der Wandlung. Unsere Körperzusammensetzung wie auch unsere Fitness demaskieren uns. Sie zeigen auf, wie wir in der Vergangenheit mit unserem Körper umgegangen sind. "Your body is your souvenir" 'las ich einmal auf einem T-Shirt. Oder Axel Gottlobs Aussage in einem seiner wertvollen Kurse: Jeder hat den Körper, den er durch seinen Lebensstil verdient.

Unser Körper wirkt; auf andere wie auf uns selbst. Der Körper ist symbolfähig und eine Äusserung innerhalb der Kommunikationsprozesse zwischen den Menschen. Die Semiotisierung (Zeichensetzung) des Körpers hat eine lange Tradition und spiegelt sich in verschiedenen Gesellschaftskreisen wider. Tatoos, Piercings oder Haarfärbungen sind nur ein kleiner Auszug von der Zeichensetzung nach aussen. Keine Frage; es ist uns wichtig, wie andere uns wahrnehmen. Und alles andere wäre bestenfalls dumm. Es ist ja ein Unterschied, ob ich zwanghaft den Erwartungen anderer entspreche, oder mich bloss auf die situative Umgebung adäquat einstelle.

Wir können unseren Körper mittels Hanteltraining signifikant verfeinern. Aussehen verschafft Ansehen. Ein Mehr an Muskelmasse generiert eindrucksvolle Zeichen von Stärke. Leistung bringt Partner, geschäftliche wie sexuelle. Nicht wenige wollen mit Krafttraining ihren Körper so deutlich zum Sprechen bringen, um damit andere sprachlos zu machen.

Und gerade in der Fitnessbranche grassiert eine Weltanschauung, die darauf aus ist, wie man von der Welt angeschaut wird. Muskelschwangeres Imponiergehabe ist in jedem Fitnesscenter zu beobachten. Der typische Fitnesssportler will trainieren, um zu präsentieren. Und es ist legitim. Ich habe noch niemanden kennengelernt, der sich mit Training unattraktiver machen wollte. Bodybuilder haben hier ihre eigene Wahrnehmung. Mehr Muskeln = mehr Schönheit, lautet das einfache Credo. Aber irgendwann kippt das System. Viel Schlechtes entsteht, indem man Gutes übertreibt. The harder you train - the dummer you look.

Es gibt in jedem Studio Mitglieder, die trainingsbesoffen herumtorkeln. Sie kennen keinen inneren Schweinehund, sondern einen inneren Feldweibel. Das muskuläre Relief dient als sexuelles Ornament. Durch den durchtrainierten Körper will man andere anziehen, um diese später auszuziehen. In jedem Studio gibt es Mitglieder, die als DNASchleuder agieren oder sich zumindest darin versuchen.

Ich stimme Karin Albrecht zu, dass es bedenklich ist, wenn wir unser Selbstwertgefühl bloss über unsere Körperform (v. a. der Muskeln) beziehen. Ich erinnere mich noch gut an eine Miss, die ich einst trainierte. Sie verfügte über einen perfekt modellierten Körper und tolle Kurven. Sie spielte ihre Rolle virtuos, aber ihr persönliches Drehbuch war es nicht. Hinter ihren Augen konnte ich einen Lastwagen voller Schmerzen und Zentner von Unsicherheiten spüren. Eine umwerfende Schönheit gewiss, doch irgendwie steril. Sie war faltenfrei und auch lachfrei. Ständig darauf erpicht, das Auge des Betrachters zu erquicken.

Sklavisch war sie der Frage unterjocht, wie sie auf andere wirke. Die Last ihrer Schönheit schien sie zu erdrücken. Während des Trainings mit ihr wurde mir klar, wie sehr sie die Rolle des Sexsymbols suchte und gleichzeitig darunter litt. Sie war mental erschöpft, von der Anstrengung perfekt zu sein oder zumindest so zu wirken. Die Herstellung der permanenten Sexiness Ist ein harter Job.

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