Krafttraining mit Älteren

Krafttraining mit Älteren

Jürgen Gießing, Professor für Sportwissenschaften an der Universität Landau
Die Gesellschaft ergraut langsam. In Deutschland gibt es im Moment mehr Menschen die über 65 Jahre alt sind als Menschen die unter 15 Jahren alt sind. Bis zum 80. Lebensjahr verlieren die meisten Erwachsenen 20-40 % ihrer Muskelmasse – das sind ca. 13 kg, die nicht selten durch Fettgewebe ersetzt werden. Der Verlust der Muskelmasse sowie die Abnahme der Knochendichte im Alter sind neben hormonellen Umstellungen, Fehlfunktionen zellulärer Prozesse und Ernährungsdefiziten auch mangelnder körperlicher Aktivität zuzuschreiben.


Das Krankheitsbild der so genannten „Sarkopenie“ ist durch den zunehmenden Verlust an Muskelkraft gepaart mit der Einschränkung koordinativer Fähigkeiten und dessen Auswirkung auf die Alltagsfähigkeiten Älterer zu einer ernstzunehmenden Belastung unseres Gesundheitssystems geworden. Durch körperliche Aktivität kann dem inaktivitäts- und altersbedingten Muskelmassenverlust entgegengewirkt werden, da unsere Muskulatur bis ins Hohe Alter ihre Fähigkeit zur Anpassung bzw. ihre Trainierbarkeit nicht verliert.

Zahlreiche Krafttrainingsstudien bei älteren Menschen, teilweise bei über 80 jährigen, haben gezeigt, dass Kraftzuwächse je nach Trainingszustand und Muskelgruppe um weit über 200 Prozent gesteigert werden können. Eine Zunahme der Kraft steht bei Älteren in direkten Zusammenhang mit einem besseren Gangbild, sichererem Treppensteigen, verbesserter Balance und einer generell gesteigerten spontanen Aktivität gebracht. Die Teilnahme an gezielten Krafttrainingsprogrammen bewirkt bei älteren Menschen muskelmassenaufbauende Effekte und kann daher bei der Prophylaxe und Therapie von Frakturen durch Osteoporse eingesetzt werden. Zusätzlich wirkt die durch Krafttraining hinzugewonnene Muskelmasse dem metabolischen Syndrom entgegen und induziert eine antidiabetogene Stoffwechsellage.

Der Abbau der Knochendichte im Alter sowie der degenerativ fortschreitende Gelenkknorpelverschleiß machen gerade den passiven Bewegungsapparat Älterer anfälliger für Verletzungen und Überlastungsschäden. Außerdem sind die Anpassungsreserven im Vergleich zum jungen Menschen reduziert. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Erlernen der Bewegungstechnik beim Krafttraining in den Vordergrund zu stellen und ein Training mit sanften Intensitäten zu beginnen. Nach einer gewissen Gewöhnungsphase spricht nichts dagegen, die Umfänge und später auch die Intensitäten progressiv zu steigern.

Beim Vorliegen von Hypomobilitäten und eingeschränkter Gelenkbeweglichkeit sollten Bewegungsabläufe die schmerzhaft oder unangenehm vom Trainierenden empfunden werden, von Anfang an gemieden werden. Aus internistischer Sicht muss bei Älteren Menschen mit einer Vorschädigung des Herzkreislauf-Systems gerechnet werden. Arteriosklerotische Veränderungen besonders im Bereich der Herz- und Gehirnversorgenden Gefäße stellen beim Sport ein ernstzunehmendes Risiko dar. Beim Krafttraining können teilweise sehr hohe Blutdruckspitzen entstehen, die ein potentielles Risiko für akute Herzkreislauferkrankungen darstellen. Ursächlich für den Blutdruckanstieg ist die während des Trainings einsetzende Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes als Folge der Kompression der Gefäße durch die arbeitende Muskulatur.

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