Ich lasse mein Leben nicht vom Diabetes bestimmen

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Bundesliga-Torhüter und Kapitän von Mainz 05 im Testspiel

fitness.com-Reporter Daniel Meuren hat genauer hingeschaut und hinterfragt, was der Breitensportler von den Profis lernen kann. Im Interview mit Torhüter Dimo Wache ging es um Diabetes. Wache spielt nämlich seit mehr als acht Jahren mit dieser Krankheit.



fitness.com: Herr Wache: Sie sind 1998 an Diabetes erkrankt. Der Laie denkt, dass es damit aus ist mit Leistungssport. Sie stehen aber noch immer im Tor eines Bundesligavereins. Wie geht das?

Dimo Wache: Das geht, weil man lernen kann, mit Diabetes zu leben und auch Leistungssport zu treiben. Das habe ich dank guter medizinischer Betreuung sehr schnell gelernt.



fitness.com: Wie sind Sie überhaupt erkrankt. Diabetes ist doch dem Klischee entsprechend eine Krankheit für Übergewichtige, die sich zu wenig bewegen. Beides trifft auf einen Leistungssportler sicher nicht zu.


Wache: Was Sie ansprechen, ist der Diabetes des Typs 2, der sogenannte Zivilisations-Diabetes. Der wird in zehn Jahren Volkskrankheit Nummer Eins sein, weil immer schlechter gegessen wird als früher und die Leute sich viel weniger bewegen. Das sind die besten Voraussetzungen für die weitere Ausbreitung der Krankheit in der Typ-2-Form. Ich bin hingegen an Typ 1 erkrankt.



fitness.com: Was heißt das?


Wache:
Bei Typ 2 produziert die Bauchspeicheldrüse wenigstens noch teilweise Insulin. Bei meinem Typ-1-Diabetes muss Insulin hingegen vollkommen zugeführt werden mit Spritzen.



fitness.com: Wie sind Sie erkrankt?


Wache:
Das haben die Ärzte nicht genau herausfinden können. Ich hatte eine Knieoperation nach einem Kreuzbandriss. Zugleich hatte ich Stress, weil ich neben dem Fußball meinen Metzger-Meister gemacht habe. Dieser Stress dürfte die Krankheit zum Ausbruch gebracht haben. Der Diabetes kam wie angeflogen, keiner weiß so genau weshalb und wieso.



fitness.com: Haben Sie um Ihre Karriere als Leistungssportler gefürchtet?


Wache:
Natürlich. Als ich die Diagnose bekommen habe, wurde ich dann aber erst einmal zwei Wochen in der Mainzer Uni-Klinik auf meine Krankheitswerte eingestellt. In dieser Zeit habe ich auch gelernt, dass ich weiterspielen kann, wenn ich mich künftig richtig verhalte. Das habe ich dann unter Anleitung der Experten gelernt. Davor wusste ich natürlich erst mal nichts mit Diabetes anzufangen. Ich dachte, dass ich keinen Kuchen mehr essen darf und so weiter. Mittlerweile weiß ich, dass das alles Firlefanz ist.



fitness.com: Schränkt der Diabetes Sie denn gar nicht ein in Ihrem Sportlerleben?


Wache:
Eigentlich nicht. Ich muss nur ständig meine Zuckerwerte messen. Vor dem Training, nach dem Training, nach dem Aufstehen, vor dem Schlafengehen, bis zu 15 Mal am Tag. Das Gefährliche ist nicht der zu hohe Zuckerwert, sondern kurzfristig die Unterzuckerung. Das muss man ständig im Auge haben und entsprechend Insulin spritzen. Man muss darüber hinaus natürlich bewusster bei der Nahrungsaufnahme vorgehen. Wenn ich mir früher mal an der Tankstelle einen Schokoriegel reingepfiffen habe, überlege ich heute sicher zwei Mal, weil ich dann Insulin zuspritzen muss. Da ich darauf nicht immer Lust habe, verzichte ich dann eben auf den Schokoriegel.



fitness.com: Aber die besonderen Belastungen eines Hochleistungssportlers verträgt Ihr Körper trotz Diabetes problemlos?


Wache:
Ja, dank der Vorbereitung durch meine Ärzte ging das bislang problemlos. Man sollte sich als Diabetes-Erkrankter sehr seriös auf weitere sportliche Aktivitäten vorbereiten bei einem Diabetologen, am besten natürlich bei einem, der sich auf Sport spezialisiert hat.
Das sollte man wirklich nicht unterschätzen, weil schon Gefahren bestehen. Unterzuckerung kann zum Tod führen.



fitness.com: Ist Sport denn generell, auch für den normalen Erkrankten, gut?


Wache:
Da muss man wieder Typ 1 und 2 unterscheiden. Der sogenannte Wohlstandsdiabetes ist ja mit ein bisschen Bewegung und besserer Ernährung sehr gut in den Griff zu bekommen und sogar zu besiegen. Da ist Sport ein absolutes Muss. Typ-1 ist hingegen insulinpflichtig, ich muss spritzen und den Wert noch mehr im Auge bewahren und gerade fürs Training ein Gefühl entwickeln. Ich darf nicht zu viel spritzen, nicht zu wenig. Da passieren natürlich immer noch Fehler, weil man die Belastungen des Trainings nicht so sicher einschätzen kann. Wenn man das aber verinnerlicht, ist Sport auch für den an Typ 1 Erkrankten gut.



fitness.com: Während des Spiels haben Sie stets einen Beutel dabei. Haben Sie den jemals gebraucht?


Wache:
Ich habe ihn immer dabei, weil er meine Absicherung ist. Wichtig ist auch, dass unsere Ärzte Bescheid wissen. Meine Zuckerlösung habe ich bisher aber nur ein einziges Mal gebraucht. Normalerweise ist bei einem Spiel so viel Adrenalin im Blut, das nichts passiert.



fitness.com: Ist der Diabetes für Sie dennoch eine Geisel?


Wache:
Nein, ich lasse mein Leben nicht vom Diabetes bestimmen, ich lebe mit meinem Diabetes. Dazu gehört, dass ich mal drei, vier Bier trinke oder mit meiner Frau einen Schluck Rotwein vor dem Kamin. Ich muss aber nur aufpassen, dass ich schnell wieder zu einem geregelten Leben zurückkehre.



fitness.com: Wir danken für das Gespräch.


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