Die Energiebereitstellung im Muskel - Teil I

Die Energiebereitstellung im Muskel - Teil I

Energiebereitstellung im Muskel - Krafttraining
Einleitung
Als körperliche Leistung oder Leistungsfähigkeit wird die Fähigkeit des Menschen bezeichnet, mit seinen Muskeln physikalische Arbeit und somit Leistung durchzuführen. Die körperliche Leistungsfähigkeit besteht aus verschiedenen Komponenten wie Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Koordination. Basiskomponenten der körperlichen Ausdauerleistungsfähigkeit sind die Energiebereitstellung durch aerobe und anaerobe Prozesse, neuromuskuläre Funktionen wie Kraft und Technik sowie psychologische Faktoren wie Motivation und Taktik.

Eine Ausdauerleistung als körperliche Arbeit bedeutet Leistung und damit Energieumsatz pro Zeit. Die Basis jeder sportlichen Leistung stellt die Fähigkeit des Körpers dar, die richtige Menge an Energie am richtigen Ort zur richtigen Zeit bereitzustellen und ihren Umsatz den spezifischen Anorderungen des jeweiligen Ablaufes entsprechend zu steuern. Die Quelle aller Energie auf der Erde ist die Sonne. Pflanzen nutzen diese Energie, um aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff die energiereichen Verbindungen Kohlenhydrate, Fette und Eiweisse zu synthetisieren.

Die Nahrungsmittel aus diesen Verbindungen enthalten somit gespeicherte Energie. Der Mensch nimmt sie mit seiner Ernährung auf, baut sie im Verlaufe des Verdauungsprozesses zu kleinen Untereinheiten ab, resorbiert diese und transportiert sie in die Körpergewebe, in denen sie entweder einer direkten Nutzung zur Bereitstellung biochemischer Energie zugeführt oder in andere komplexere Formen umgebaut werden, die entweder der Synthese von Geweben oder der Speicherung zum Zwecke einer späteren Energiebereitstellung dienen.

Die Energiegewinnung und die Bedeutung des ATP

Die Energie für zelluläre Prozesse wie die Muskelkontraktion wird ausschliesslich aus der Spaltung des energiereichen Adenosintriphosphat (ATP) in Adenosindiphosphat (ADP) und freies Phosphat (P) bereitgestellt und geliefert (Abbildung 1 rechts in der Galerie).

Im ATP ist Adenosin mit 3 Phosphatmolekülen verbunden. Die Bindungen zu den 2 äusseren Phosphatresten sind ausserordentlich energiereich und geben bei Hydrolyse eine Energie von 30 bis 35 kJ frei. Die freiwerdende Energie steht den Zellorganellen frei und ermöglicht etwa in der Muskelzelle die Kontraktion der Faser.

Das ATP befindet sich im Zytoplasma der Muskelfaser. Da die ATP-Reserven in der Muskelfaser mit 5.5 bis 6 mmol/kg Muskelfeuchtgewicht sehr gering sind, muss unter Belastung das verbrauchte ATP andauernd aus den Spaltprodukten ADP und P resynthetisiert werden. Die chemisch gespeicherte Energie im Körper kann nur über das ATP freigesetzt werden. Alle anderen Energiespeicher können nicht direkt genutzt werden, sondern dienen dazu, das verbrauchte ATP zu resynthetisieren. Die ATP-Resynthese erfolgt durch aerobe und anaerobe Prozesse (Abbildung 1 rechts in der Galerie).


Legende zu Abbildung 1:
Die energiereiche Verbindung ATP wird aus dem oxidativen Abbau von Fett sowie Glykogen zu CO2 und H2O im Mitochondrium aus ADP und P resynthetisiert (Aerobe ATP-Resynthese oben). Im Zytoplasma der Muskelzelle erfolgt der anaerobe Abbau von Glykogen zu Laktat sowie von Kreatinphosphat zu Kreatin und Phosphat ebenfalls zur Resynthese von ATP aus ADP und P (Anaerobe ATP-Resynthese unten).


Aerobe ATP-Resynthese

Die aerobe ATP-Resynthese erfolgt durch die Oxidation von Fetten und Kohlenhydraten. Fette können grundsätzlich nur unter Oxidation mit Sauerstoff abgebaut werden, während Kohlenhydrate aerob wie anaerob abgebaut werden können. Bei der Oxidation der Fette werden vor allem Fettsäuren aus dem Subkutanfettgewebe und den Nahrungsfetten zur Energiegewinnung verwendet. Zusätzlich tragen die in der Muskelfaser gespeicherten Triglyzeride massgeblich zur Energielieferung bei. Beim Abbau der Kohlenhydrate werden die in Leber und Muskulatur gespeicherten Glykogendepots sowie die Glukose aus der Nahrung zur Energielieferung herbeigezogen.

Im Gegensatz zu den anaeroben Prozessen, die im Zytoplasma stattfinden, läuft die Oxidation der Glukose und der Fettsäuren im Mitochondrium der Zelle ab. Wegen des aufwendigen biochemischen Ablaufes der Energiegewinnung über die Oxidation laufen die aeroben Stoffwechselprozesse langsam ab und bilden pro Zeiteinheit weniger ATP als die anaeroben Prozesse. Die Kohlenhydrate in Form von Glukose und die Fette in Form von Fettsäuren müssen über mehrere Schritte in die aktivierte Form der Essigsäure, das Azetyl-Koenzym A, überführt werden (Abbildung 2). Beim Abbau der Glukose erfolgt dies über den Weg der anaeroben Glykolyse bis zu Pyruvat. Das Pyruvat wird danach durch Oxidation und Decarboxylierung zum Azetyl-Koenzym A umgelagert.

Die Fettsäuren werden durch die ß-Oxidation in Bruchstücke von 2 C-Atomen abgebaut und dann ebenfalls zum Azetyl-Koenzym A aktiviert. Im Zitratzyklus in den Mitochondrien wird das aus beiden Abbauwegen gewonnene Azetyl-Koenzym A zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Die in der Atmungskette freiwerdenden Wasserstoffatome werden dabei mit molekularem Sauerstoff aus der Atmungsluft oxidiert und die freigesetzten Elektronen unter Abgabe von Energie in der Atmungskette auf den molekularen Sauerstoff übertragen. Dieser bildet dann zusammen Protonen Wasser. Die dabei gewonnene Energie wird nach Phosphorylierung von ADP zu ATP in chemisch verfügbare Energie in den ATP umgewandelt (Abbildung 2).

Anaerobe ATP-Resynthese
Die anaerobe Resynthese von ATP findet grundsätzlich nur dann statt, wenn keine ausreichende aerobe Deckung des Energiebedarfs möglich ist. Sie erfolgt durch die einfache Aufspaltung von Kreatinphosphat (KrP) zu Kreatin und Phosphat sowie den anaeroben Abbau von Glukose zu Laktat. Im Gegensatz zur aeroben ATP-Resynthese liefert die anaerobe Resynthese viel schneller Energie, die aber zeitlich und mengenmässig aufgrund der beschränkten Depots deutlich limitiert ist.


Legende zu Abbildung 2
(rechts in der Galerie):
Kohlenhydrate und Fette werden über getrennte Wege zu Azetyl-Koenzym A abgebaut und dann in den Zitratzyklus eingeschleust. Im Zitratzyklus wird das Azetyl-Koenzym A zu Reduktionsäquivalenten abgebaut, die dann in der Atmungskette mit O2 unter CO2-Produktion zu H2O oxidiert werden. Die freiwerdende Energie wird in den ATP gespeichert, die dann der Zelle zur Verfügung stehen.

0 Kommentare