Der Energieumsatz

Der Energieumsatz

Der tägliche Energiebedarf wir häufig überschätzt.


Energieverbrauch - Energiebedarf


Der Energieumsatz kann mittels Kalorimetrie ermittelt werden. Da die direkte Kalorimetrie messtechnisch sehr aufwändig ist (Messung der Wämeabgabe des Organismus in einem Kalorimeter), wird heute in der Regel die indirekte Kalorimetrie angewendet. Deren Prinzip beruht darauf, dass die Nährstoffe oxidativ zu Wasser (H2O), Kohlendioxid (CO2) und stickstoffhältigen Produkten abgebaut werden. Somit lässt sich der Nährstoffumsatz über die Atemgasanalyse (O2-aufnahme und CO2-abgabe) sowie die Stickstoffausscheidung im Urin erfassen und der Energieumsatz unter Verwendung der bekannten physiologischen Brennwerte berechnen. Der Energiebedarf setzt sich aus dem Grundumsatz (GU) , der nahrungsinduzierten Thermogenese (s.u.) und vor allem dem Bedarf für körperliche Aktivität, der als Arbeits- bzw. Leistungsumsatz bezeichnet wird, zusammen.


Weitere energieverbrauchende Faktoren sind Wachstum, Schwangerschaft und Stillperiode.




Der Grundumsatz (GU)


Unter dem GU versteht man den Energieverbrauch unter strikten Ruhebedingungen. Er soll 12-14 Stunden nach der letzten Mahlzeit, kurz nach dem Aufwachen, bei völliger körperlicher Ruhe und unter thermoneutralen Bedingungen (27-31 Grad Celsius in unmittelbarer Körperumgebung) gemessen werden.


Der GU deckt den Energiebedarf aller inneren Organe , wie z.B. der stoffwechselaktiven Leber, der Nieren, des Gehirns usw. Sogar Fettgewebe verbraucht auch etwas Energie. Die Muskulatur braucht allerdings weitaus mehr Energie, auch wenn sie nicht arbeitet (Fettverbrennung). Die Muskelmasse bestimmt im wesentlichen die Höhe des Grundumsatzes, der somit auch von Geschlecht und Alter abhängt. Nicht ganz so streng sind die Bedingungen für den Ruhe-Nüchtern-Umsatz (RNU) . Dieser wird auch 12-14 Stunden nach der letzten Mahlzeit, morgens, bekleidet, bei 24-26 Grad C Raumtemperatur und beim bequemem Sitzen gemessen. Der RNU liegt ca. 5% über dem GU.


GU und RNU erfassen alle in Ruhe und postabsorptiv, also nach der Aufnahme von Nährstoffen, ablaufenden Arbeitsprozesse wie:



  • Biochemische Reaktionen für Wachstum, Umbau, Neubildung, Erhaltung und Speicherung von Körpersubstanz.

  • Transportprozesse: Transport von Metaboliten (Stoffwechselzwischenprodukte) und komplexen Stoffwechselprodukten. Ionentransporte bei Nervenaktivitäten und Informationsprozessen.

  • Unwillkürliche mechanische Arbeit: Herz-Kreislauf-Arbeit, Atmung, Erhaltung des Muskeltonus.




Berechnung des GU


Für die Berechnung des GU unterscheidet man eine einfache und eine genauere Formel. Beide Formeln sind für Männer und Frauen unterschiedlich.


Einfache Formel:


GU der Frau in Kcal/dGU des Mannes in Kcal/d
700 + 7 x kg Körpergewicht900 + 10 x kg Körpergewicht

Genaue Formel:


AltersklasseGU der Frau in Kcal/dGU des Mannes in Kcal/d
10 - 18 Jahre(kg x 0,056 + 2,898) x 239(kg x 0,074 + 2,754) x 239
19 - 30 Jahre(kg x 0,062 + 2,036) x 239(kg x 0,063 + 2,896) x 239
31 – 60 Jahre(kg x 0,034 + 3,538) x 239(kg x 0,048 + 3,653) x 239
Über 60 Jahre(kg x 0,038 + 2,755) x 239(kg x 0,049 + 2,459) x 239

Beispiel: Nach der Formel liegt der Grundumsatz einer 25jährigen Frau mit einem Körpergewicht von 62 Kilogramm bei


(62 x 0,062 + 2,036) x 239 = 1405,32 Kcal pro Tag


Der Grundumsatz ist aber bei körperlich inaktiven Menschen niedriger, als die Berechnungen erwarten würden!


Er lässt sich auch mit Hilfe der Körperoberfläche (KOF) berechnen, denn die spielt eine entscheidende Rolle für die Wärmeabgabe: GU in kcal pro Tag = 40 x KOF in qm x 24 KOF in qm = Körpergewicht in kg 0,425 x Größe in cm0,725 x 0,007184




Die postprandiale Thermogenese


Die nahrungsinduzierte Thermogenese (thermogene Wirkung der Nahrung) entspricht der Steigerung des Energieumsatzes nach Nahrungsaufnahme. Körpertemperatur und Wärmeabgabe an die Umgebung steigen nach der Nahrungsaufnahme. Die postprandiale (=nach Nahrungsaufnahme) Thermogenese beruht darauf, dass für Verdauung, Aufnahme und Transport der Nährstoffe Energie benötigt wird und dass die nicht durchgehende Nahrungsaufnahme eine zwischenzeitliche Speicherung von Nährstoffen erfordert, um eine durchgehende Energieversorgung aller Körperzellen zu gewährleisten.


Der Energieaufwand für diese Leistungen bewirkt eine postprandiale Steigerung des Grundumsatzes.


Die postprandiale Thermogenese ist geschlechts- und altersunabhängig und hängt nur von Art und Menge der aufgenommenen Nahrung ab. Sie macht 8 - 15% des täglichen Energieumsatzes aus und entspricht 2 - 4% der mit Fett, 4 - 7% der mit Kohlenhydraten und 18 - 25% der mit Protein aufgenommenen Energiemenge. Die postprandiale Thermogenese hält nach einer proteinreichen Mahlzeit ca. doppelt so lange an wie nach einer kohlenhydrat- oder fettreichen Mahlzeit gleichen Energiegehaltes.




Der Arbeits- oder Leistungsumsatz


Der Energieaufwand für körperliche Aktivtät und damit auch der tägliche Gesamtenergiebedarf lässt sich einerseits abschätzen bzw. aus dem Grundumsatz mit einem Multiplikationsfaktor halbwegs genau ermitteln. Bei körperlicher Aktivität kann man je nach Belastungsdauer und -intensität GU x 1.5 bis GU x 2.1 veranschlagen. Während des Zeitraums intensiver Muskelarbeit kann ein Mehrfaches des GU umgesetzt werden. Der Arbeitsumsatz bei leichter körperlicher Arbeit macht ca. 30% des GU aus.


Generell wird der individuelle Energiebedarf gerne überschätzt! Der Energieverbrauch bei körperlicher Belastung hängt wesentlich vom Ausmaß der eingesetzten Muskelmasse ab: Je mehr Muskeln arbeiten müssen, desto höher der Energieumsatz. Die Intensität der Muskelarbeit ist eine weitere Einflussgröße.




Unterschiedliche Berechnungsmöglichkeiten des Energiebedarfs bei unterschiedlichen Aktivitäten


Am besten kann man den Energieverbrauch bei einer bestimmten Belastungsintensität mittels einer Ergospirometrie auf dem Fahrrad oder dem Laufband ermitteln. Im Rahmen der Ergospirometrie lässt sich die aktuelle Sauerstoffaufnahme des Körpers in Litern pro Minute messen (VO2).


Energieverbrauch = VO2 x 60 x 5 kcal pro Stunde


Der Faktor 60 rechnet Minuten in Stunden um und der Faktor 5 setzt Liter VO2 ins Verhältnis mit kcal.


Kennt man nur die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) kann man den Energieverbrauch auch prozentual davon ermitteln.


Beispiel: Bei 70% VO2max: Energieverbrauch = 0.7 x 60 x 5 kcal pro Stunde




Die metabolische Einheit MET


Eine noch einfachere Ermittlung des Energieverbrauchs ermöglicht eine Software, die bei jeder Belastungsstufe anhand der Sauerstoffaufnahme (VO2) auch die metabolische Einheit "MET" errechnet: 1 MET ist die O2-Aufnahme einer erwachsenen Person im Sitzen = 3.5 ml VO2 pro Minute und kg Körpergewicht.


Das Energieäquivalent von 1 MET in kcal/min = ca. 1 kcal pro kg Körpergewicht und Stunde. Bei einem Körpergewicht von z.b. 70 kg entspricht 1 MET ca. 1.2 kcal/min. Man braucht also nur die MET's der jeweiligen Belastungsstufe, die einen interessiert, mit dem Körpergewicht zu multiplizieren, um den Kalorienverbrauch pro Stunde für diese Belastungsintensität zu ermitteln.


Daneben lässt sich mittels Bioelektrischer Impedanzanalyse BIA (vgl. Artikel Körperfettmessung) der Grundumsatz sowie der tägliche Gesamtenergieverbrauch anhand der Körpergewebszusammensetzung in Verbindung mit dem Ausmass der körperlichen Aktivität relativ genau ermitteln.



Tipp
Der tägliche Energieverbrauch wird häufig überschätzt. Formeln können helfen, eine Vorstellung darüber zu bekommen, wieviel Kalorien vom Körper verbraucht werden. Wer abnehmen will, sollte sich aber nicht ausschließlich auf Nährwerttabellen und Berechnungsformeln verlassen, sondern mit Steigerung der köperlichen Aktivität und fettarmer Ernährung langfristig die Lebensweise ändern. Ein genaues Abzählen der aufgenommenen und verbrauchten Kalorien ist bei einer ausgewogenen Ernährung in der Regel nicht notwendig.

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