Simon Ammann: Flying Harry Potter

Simon Ammann: Flying Harry Potter

Der Traum von Ski-Fliegen.
Er kam – fast – aus dem Nichts: Der Doppel-Olympiasieger im Skispringen, Simon Ammann aus der Schweiz. Wie schafft man es, in einem von Unbeständigkeit und Unwägbarkeiten geprägten Sport über Jahre an der Weltspitze zu bleiben? Auf fettiges Essen zu verzichten ist schon mal ein Anfang…



In wohl keiner anderen Sportart ist es so schwierig, sich über längere Zeit an der Weltspitze zu halten, wohl keine andere Sportart ist so sehr geprägt durch Unwägbarkeiten wie das Skispringen. Das einzig Beständige, möchte man fast behaupten, ist das Unbeständige. Martin Schmitt, der 32-jährige Skispringer aus Deutschland, kann davon ein Lied singen: Topstar mit Millionen-schweren Werbeverträgen, internationales Mittelmaß und dann wieder auf Tuchfühlung zur Weltspitze: Schmitt hat schon viel erlebt in seiner Karriere, die sinnbildhaft für diesen Sport stehen könnte. Wo sonst, außer vielleicht im Fußball, sieht man Stars, die so weit oben waren, innerhalb kurzer Zeit so tief fallen? Matti Nykänen, finnischer Volksheld, Alkoholprobleme, Comeback als Popstar, versuchter Totschlag, Knast, Herzinfarkt, erneut Gewalttat, mit 46 wohl wieder Knast und ziemlich am Ende. Sven Hannawald aus Deutschland: als einziger Springer alle Wettbewerbe der Vierschanzentournee gewonnen, angebliche Magersucht, Burn-Out-Syndrom, frühes Karriereende.



Beim Skispringen hängt vieles von äußeren Faktoren ab. Passen die Windverhältnisse nicht, zögert man beim Absprung nur eine tausendstel Sekunde zu lange, wird aus einem Titelfavoriten ein Mitläufer. Jedes Gramm zu viel auf den Rippen ändert die genau austarierten Abläufe mit fatalen Folgen. Allein deshalb schon stehen die Springer unter enormen Druck, müssen ihre Trainings- und Ernährungspläne streng einhalten. Und dass bei eher femininen Werten wie 1,72 Meter Körpergröße und 55 Kilogramm Gewicht Gerüchte von Magersucht auf fruchtbaren Boden fallen, muss nicht verwundern.



1,72 Meter groß, 55 Kilogramm schwer, das sind die Werte von Simon Ammann. Der Schweizer schafft es seit Jahren, sich in dieser diffizilen Disziplin an der Weltspitze zu halten. Zuschauer und Konkurrenz machte der 1981 geborene Profi erstmals 1997 bei der Vierschanzentournee in Oberstdorf auf sich aufmerksam. Mit gerade mal 16 Lenzen belegte er dort den 15. Platz.



Sein Meisterstück gelang ihm – nach einigen ordentlichen Platzierungen im Gesamtweltcup – im Alter von 20 bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City. Dort holte sich Ammann Gold, sowohl von der Normal- als auch von Großschanze.



Nach diesem Triumph wurde Ammann quasi über Nacht weltberühmt. In den USA erhielt er eine Einladung zu David Lettermans Talkshow, auch in Deutschlands bekanntester TV-Show „Wetten, dass…?“ bekam er einen Auftritt. Der Schweizer Sportler des Jahres 2002 bekam aber außerdem einen für einen erwachsenen Mann eher unvorteilhaften Spitznamen: Aufgrund seines bübchenhaften Äußeren – privat trägt er auch noch eine entsprechende Brille - nennt man Simon Ammann auch „Flying Harry Potter“.



In einem Interview mit „Welt Online“ verriet Ammann einmal, wie er es schafft, sein Wettkampfgewicht zu halten – und machte indirekt seinen Konkurrenten Vorwürfe. Im Gegensatz zu anderen Skispringern, so Ammann, würde er es unterlassen, abends lange auszugehen. Und auch Pommes Frites oder Chips fänden sich nicht in seinem Ernährungsplan. Er setze auf regelmäßige Mahlzeiten aus Nudeln und Kartoffeln, alles immer aus frischen Zutaten gekocht. Den einen oder anderen Schokoladenriegel gönne er sich durchaus – aber eben alles in Maßen. Sonst hält man sich in dieser Sportart auf Dauer nicht an der Weltspitze. Da müsste man schon zaubern können wie Harry Potter.

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