Körperkontakt erwünscht

Körperkontakt erwünscht

Foto: foodwatch
Für die einen ist es ein brutaler Un-Sport, für die anderen die perfekte Symbiose aus taktischem und körperlichem Spiel - Handball ist ein Ballsport mit Ecken und Kanten. Nach dem Wintermärchen 2007 mauserte sich der traditionelle Hallensport nach König Fußball zur zweitbeliebtesten deutschen Sportart. Gleichzeitig gehört Handball unumstritten zu den verletzungsreichsten Sport-Hobbys – das Training ist deshalb vor allem darauf ausgelegt, die Körperstabilität in allen Facetten zu fördern und gleichzeitig die individuelle Dynamik der Spieler auszubauen.



Im schnellen Auf und Ab des Spiels sind Verschnaufpausen spärlich gesät. Eine gute Grundausdauer ist deshalb die Basis für jeden Handballspieler – zumal es keine Aufgabenteilung in Offensive und Defensive wie beim Fußball gibt. Oft müssen die Spieler in Sekundenschnelle von Abwehr auf Angriff umschalten - oder umgekehrt. Dann sind in der Regel die ersten schnellen Schritte entscheidend, um entweder dem Gegner davon- oder hinterherzujagen. Antritt- und Sprintstärke auf Kurzstrecken sind neben der Grundausdauer daher ein wichtiger athletischer Faktor.



„Schnelle Beine“ ist ein beliebter Ausdruck, um kurz in Worte zu fassen, auf was es in der Defensivabteilung ankommt. Primäres Ziel des Abwehrspielers ist es, wie eine mobile Mauer immer zwischen dem Angreifer und dem eigenen Tor zu bleiben. Wird die Angriffshandlung des Gegenspielers konkreter, kann der Abwehrspieler entweder versuchen den Wurf zu blocken oder den Angreifer vor dem Wurf körperlich zu attackieren und mit den Armen wegzuschieben. Bliebe der Defensivspieler bei letzterer Abwehraktion mit den Füßen platt stehen, würde er schnell „hintendran hängen“ und den Angreifer eventuell von hinten umreißen – ein heftiges Foulspiel im Handball. Wichtig ist deshalb eine koordinierte Arm- und Beinarbeit: Leichtfüßig versucht der Abwehrspieler immer, dem Angreifer einen Schritt voraus zu sein, um in alle Richtungen flexibel agieren zu können und ihn gar nicht erst zum Wurf kommen zu lassen.



Genauso wie schnelle und dynamische Beinarbeit in der Abwehr gefragt ist, stellt sie auch im Angriff den Schlüssel zum Erfolg dar. Mit einer schnellen Körpertäuschung kann der Angreifer seinen Gegner eiskalt auf dem falschen Fuß erwischen. Dazu braucht dieser Angreifer aber ausreichend Explosivität und Schnellkraft, um mit dem Tempowechsel in der Körpertäuschung den entscheidenden kleinen Vorsprung vor seinem Abwehrspieler zu bekommen und eine Lücke im Abwehrverband zu finden.



Große Spieler haben die Option, die Deckung mit einem Sprungwurf aus der Distanz auszuhebeln. Um in der Luft die Zeit zu haben, den Torhüter auszugucken und den Abwehrblock überhaupt zu überwinden, braucht der Angreifer dafür eine überdurchschnittliche Sprungkraft. Generell entstehen viele ernsthafte Verletzungen im Handball dadurch, dass Spieler in der Sprungphase attackiert werden und so die Balance in der Luft verlieren. Obwohl diese Fouls rigoros geahndet werden, wird im Handballtraining regelmäßig Vorsorge geleistet, indem der ganzkörperliche Kraftaufbau und insbesondere die Förderung der Rumpfstabilität im Fokus stehen.



Eine starke Schultermuskulatur ist schließlich der Erfolgsgarant für einen zielgenauen und festen Wurf. Verschiedene Wurf- und Passvarianten lernen schon Kinder im Handballtraining. Üblicher als der Muskulaturaufbau im Kraftraum, ist in vielen Vereinen das Krafttraining mit Medizinbällen zur gleichzeitigen Schulung der Koordination. Generell steht im Training seltener die isolierte Förderung einzelner Kraft- und Ausdauerdimensionen im Fokus, als vielmehr multiple Übungen, die auf die äußerst komplexen Situationen im Spiel vorbereiten: Auf engem Raum muss ein Spieler im Ernstfall seine Bewegung mit der Laufrichtung seiner Mit- und Gegenspieler abstimmen, unerwartete Spielsituationen schnell bewerten und effektiv beantworten, trotzdem ein übergeordnetes Spielsystem umsetzen – und bei all dem Durcheinander auf dem Feld den Ball am besten am Torhüter vorbei im Netz versenken.

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