Im Flaggschiff des Rudersports

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Der Traum eines jeden Sportlers ist die Teilnahme an Olympischen Spielen. Dieser Traum könnte für den 23-jährigen Ruderer Sebastian Schmidt aus Dortmund schon in diesem Jahr in Peking in Erfüllung gehen. Der gebürtige Rheinhesse, der für den Mainzer Ruder Verein (MRV) aktiv ist, studiert in Bochum Human Medizin. Wie er sein Studium und sein für den Leistungssport unerlässliche Fitness Programm in Einklang bringt, erfahren Sie im Fitness .com Interview, wo die Olympia Hoffnung Schmidt auch verrät, weshalb Ruderer selbst im Winter keine Handschuhe tragen...



Fitness.com: Herr Schmidt, eine Zeitung titelte ein Porträt über Sie jüngst mit: „Ernster Anwärter auf Olympia-Ticket“. Hätten Sie sich vor vier Jahren, als Sie ihre Sportart während der Spiele in Athen im Fernsehen sahen, erträumt, dass sie in Peking vielleicht selber dabei sein würden?







Sebastian Schmidt: Gute Frage... aber ich denke mal schon. Aber davon träumen und jetzt die Chance zu haben ist schon ein Unterschied.









Fitness.com: Wie sehen Sie ihre Chancen auf eine Teilnahme, wovon hängt ihre Nominierung noch ab? Wo haben Sie die größeren Chancen? Im Zweier, Vierer, Achter?









Schmidt: Eine Einschätzung meiner Chancen fällt mir relativ schwer.

Die bisher absolvierten Tests, die Langstrecke im Zweier, welche ich mit meinem Partner Jochen Urban (Krefeld) gewonnen habe und ein guter Ergometertest haben die Chancen sicherlich nicht geschmälert. Ausschlaggebend werden aber die noch folgenden Überprüfungen sein. Das sind zunächst eine weitere Langstrecke im Zweier und ein Ergotest, aber sicherlich am wichtigsten ist die Deutsche Kleinbootmeisterschaft im April. Nach diesen Tests wird dann vorläufig die Mannschaft für die World Cup Regatten nominiert, wichtig wird aber auch die Trainereinschätzung, sowie die Passfähigkeit als auch die Teamfähigkeit sein. Um dabei sein zu können, egal in welcher Bootsklasse, muss ich auf allen Test gut abschneiden und auf das Quäntchen Glück hoffen.









Fitness.com: Sie sind selbst in Ihrer Heimatstadt nur Sportinteressierten bekannt, bundesweit kennen Sie nur Ruder-Fans. Können Sie sich erklären, warum ihre Sportart ein Schattendasein fristet? Wären Sie vielleicht lieber Fußballer geworden oder ist es Ihnen nicht wichtig berühmt zu sein?









Schmidt: Nein, Fußballer wäre ich nicht gerne geworden. Berühmt sein ist zwar bestimmt nicht schlecht, aber ich bin doch lieber eher unbekannt und mache dafür aber einen super Sport. Dem Rudern fehlt das große Publikum, somit auch die großen Sponsoren und die Presse und wodurch keiner aufs Rudern aufmerksam wird. Schön der Teufelskreis, nicht wahr?









Fitness.com: Ruderer können von ihrem Sport nicht leben, Sie beispielsweise sind im „Hauptberuf“ Student. Ihr Sport kostet Sie aber doch wahrscheinlich sehr viel Zeit. Wie oft trainieren sie wöchentlich, wie lange? Wie viele Tage im Jahr sind sie unterwegs für den Sport, auf Wettkämpfen, in Trainingslagern?









Schmidt: In dieser Saison war ich schon zwei Wochen auf Zypern im Rennradlager, zwei Wochen in St.Moritz zum Skilanglaufen und jetzt das zweite Mal für zwei Wochen in Italien zum Rudern. Das klingt eigentlich ganz gut, nur bekommt man von den Reisezielen eigentlich nichts mit. Das wöchentliche Training beläuft sich schon mal auf 25 Stunden. Danach ist dann nicht mehr viel angesagt, meist nur essen und schlafen. Allerdings muss ich zudem für Klausuren lernen und Familie und Freundin besuchen. Da wäre ein längerer Tag ganz hilfreich.









Fitness.com: Finden Sie, dass Sie von Vereinen, Verbänden, von Sponsoren, vom Staat genug Unterstützung erfahren, vor allem finanziell? Schließlich sollen Sie im Sommer Medaillen holen, auf die die ganze Nation stolz wäre.









Schmidt: Während der Olympiavorbereitung erfahren wir Sportler sicherlich ausreichende Unterstützung, sowohl finanziell als auch beispielsweise mit Ausnahmeregelungen an der Universität. In den vorolympischen Jahren sieht dies dann aber wieder nicht ganz so rosig aus.









Fitness.com: Wenn man heute mit Sportlern redet, muss man zwangsläufig auch das Thema Doping ansprechen. Ist Doping im Rudersport ein Problem oder wird nur dort gedopt, wo es auch das große Geld zu verdienen gibt?









Schmidt: Sicherlich ist Doping eher lukrativ, wenn es damit auch das große Geld zu machen ist. In Deutschland ist dies nicht der Fall, es gibt hier auch keine Dopingvergehen. Allerdings wurde die russische Delegation erst kürzlich wegen sieben Dopingfällen für zwei Jahre komplett für alle internationalen Regatten des Weltverbandes gesperrt. NADA und WADA versuchen mit engen Kontrollen jegliches Doping im Rudersport zu unterbinden und wir Sportler haben viele Auflagen bezüglich Abwesenheitsmeldungen bekommen.









Fitness.com: Sie durften im vergangenen Jahr erstmalig beim Flaggschiff des deutschen Rudersports, dem Deutschlandachter, mitfahren, was wohl neben Medaillen bei internationalen Wettkämpfen das Größte für einen Ruder Sportler ist. Was war das für ein Gefühl, beim Hansecup im Nord-Ostsee-Kanal in diesem traditionsreichen Gefährt zu sitzen?









Schmidt: Das war ein super Gefühl. Diese Regatta in Rendsburg schlägt alle mir bekannten Rekorde, allein die Zuschauer Zahlen sind mit 150.000 für eine Ruderregatta unglaublich. Dann das Feeling in einem der fünf internationalen Top Achter zu sitzen und diesen 12 Kilometer langen Rudermarathon, der vom Tempo und der Aggressivität wie ein normales 2000m Rennen angegangen wird, zu gewinnen: einfach unbeschreiblich!









Fitness.com: Gibt es für Sie überhaupt noch sportliche Vorbilder?









Schmidt: Hm... der australische Ruderer Drew Ginn, mehrfacher Weltmeister und Olympiasieger, von dem würde ich mir gerne eine Scheibe abschneiden.









Fitness.com: Was gibt Ihnen der Sport, was würde Ihnen fehlen, wenn Sie plötzlich gezwungen wären, mit dem Sport aufzuhören?









Schmidt: Wenn ich plötzlich aufhören müsste zu Rudern, dann würde mir die Ausgeglichenheit fehlen, die ich durch ihn erlange.









Fitness.com: Wie lange wollen Sie noch Leistungssport betreiben? Was sind ihre Ziele in diesem Jahr, was auf längere Sicht?









Schmidt: Ich rudere, so lang mir der Sport Spaß macht. Sollte der Leistungssport mit dem Studium nicht mehr vereinbar sein, werde ich wohl auch kürzer treten müssen. Ansonsten setze ich alles daran, dieses Jahr nach Peking zu fahren, bis 2012 an den Weltmeisterschaften teilzunehmen und in London mit am Start zu sein.









Fitness.com: Was machen Sie am 16. und 17. August dieses Jahres?









Schmidt: Ich hoffe doch mal in einem Olympischen Ruderfinale eine Medaille errudern!









Fitness.com: Zum Abschluss: Müssen Sie sich eigentlich an kalten Tagen nicht manchmal extrem überwinden ins Boot zu steigen oder bleiben Ruderer im Winter nur in der Halle?









Schmidt: In der Halle bleiben? Am besten wir ziehen noch Handschuhe an! Nein, wir sind immer draußen, außer bei Gewitter, aber ansonsten gibt es nur unangemessene Kleidung aber kein schlechtes Wetter!













Danke für das Interview und viel Erfolg im Kampf um die Fahrkarte zu Olympia!

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