Ich teste Höhenluft als Schlankmacher

Ich teste Höhenluft als Schlankmacher

(Foto: Hotel Haus Hirt, Bad Gastein, danke)
Wer auf den Mount Everest steigt, nimmt ab, das wird kaum jemanden überraschen. Ich habe aber schon länger die Vermutung, dass dies nicht nur an den Strapazen liegt, sondern auch am niedrigen Sauerstoffgehalt der Höhenluft.

Bis jetzt wurde das noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Wir haben dazu ein kleines Experiment gemacht und 20 übergewichtige Männer für eine Woche auf die Zugspitze gebracht. Sie schliefen im Schneefernerhaus, einer Forschungsstation knapp unterhalb des Gipfels. Wandern war untersagt, und mit einem Schrittzähler haben wir kontrolliert, dass sie sich nicht mehr bewegten als zu Hause. Außerdem sollten sie ihre Essgewohnheiten beibehalten - zwei Teilnehmer waren Köche, die zum Glück Eisbein und ähnliche Gerichte zubereiten konnten.

Nach einer Woche hatten die Teilnehmer im Durchschnitt 1,5 Kilogramm abgenommen, und auch ihre Blutdruck- und Blutzuckerwerte hatten sich verbessert. Wir vermuten, dass die Höhenluft den Appetit zügelt. Außerdem erhöhen sich die Atemfrequenz, der Puls und damit der Grundumsatz. Wirklich überrascht hat uns, dass die Teilnehmer auch einen Monat nach dem Versuch nicht wieder zugenommen hatten. Vielleicht waren sie einfach weiterhin motiviert.

Wir brauchen jetzt mehr Daten und wollen den Versuch wiederholen, diesmal mit einer Kontrollgruppe im Tal. Außerdem starten wir im Juni eine Versuchsreihe, in der Freiwillige dreimal pro Woche für je zwei Stunden in einer Hypoxiekammer sitzen – die Luft enthält darin weniger Sauerstoff als normal. Ich rate meinen übergewichtigen Patienten aber jetzt schon, im Gebirge Urlaub zu machen.

Der Artikel entstammt der aktuellen Ausgabe der ZEIT WISSEN Juni/Juli 2010 ist ab sofort im Handel erhältlich. Textübernahme mit freundlicher Genehmigung der ZEIT.


Autor: Florian Lippl (41) ist Ernährungsmediziner
und berät Übergewichtige in der Gastroenterologischen
Ambulanz der Universitätsklinik inMünchen.
Meistens kommen Frauen in seine Sprechstunde.
An der Studie auf der Zugspitze haben sie jedoch
nicht teilgenommen, weil ihrKalorienverbrauch vom Zyklus
abhängt.

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