Grundlagen der Energiebereitstellung beim Cooper-Test

Grundlagen der Energiebereitstellung beim Cooper-Test

(Bildquelle: Leah-Anne-Thompson---Fotolia
Der nach dem amerikanischen "Aerobic-Pionier" Dr. Kenneth Cooper benannte Cooper-Test besteht darin, die größtmögliche Distanz zu ermitteln, die eine Person in 12 Minuten zurücklegt. Er wird als einfach durchführbarer und trotzdem aussagekräftiger Ausdauertest geschätzt, da außer einer Uhr mit Sekundenzeiger lediglich eine 400m-Bahn benötigt wird. Die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) prüft damit die läuferischen Qualitäten ihrer Schiedsrichter. Während unter den Referees der Fußball-WM 1990 die Bestleistung noch 2400m war, übertrafen 2002 mehrere die 3000m-Marke.



Heute muss ein Oberligaschiedsrichter einen Wert von 2700 Meter erreichen.



Für Laufanfänger und völlig Untrainierte ist dieser Test jedoch weniger empfehlenswert, da er dem Probanden eine gewisse Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit abverlangt. Wer wenig Erfahrung im Ausdauersport mitbringt, wird Schwierigkeiten haben, sich den Lauf richtig einzuteilen. Warum ist der Cooper-Test so anstrengend?


12 Minuten liegen im unteren Bereich der Langzeitausdauer (vgl. Zintl 1997), der intensive, aber nicht maximale Belastungen von 10 bis 30 Minuten Dauer umfasst. Kohlenhydrate in Form des in den Muskelzellen gespeicherten Glykogen liefern fast 100% der benötigten Energie. Davon wird etwa ein Viertel ohne Verwendung von Sauerstoff zur Gewinnung (genauer: Resynthese) von ATP verwendet, dem eigentlichen "Muskeltreibstoff" und Energieträger in allen Körperzellen. Der Grund dafür ist, dass diese sogenannte anaerobe Glykolyse (Kohlenhydratabbau ohne Sauerstoff) doppelt so viel ATP pro Sekunde herstellen kann wie die Sauerstoff verbrauchende aerobe Glykolyse. Darüber hinaus hat der aerobe Stoffwechsel innerhalb der Zelle erst nach etwa einer Minute seine volle Kapazität und Leistungsfähigkeit erreicht.



Durch die Einbeziehung der anaeroben Substratverwertung ist es dem Körper möglich, eine höhere Energieflussrate (Energiebereitstellung pro Zeiteinheit) zu bewerkstelligen und dadurch schneller zu laufen.


Warum arbeiten die Muskeln dann überhaupt mit Sauerstoff?


Der anaerobe Weg hat zwei große Nachteile. Zum einen nutzt er den insgesamt verwertbaren Energiegehalt der Kohlenhydrate nur zu 5% aus, d.h. aus einem Traubenzuckermolekül werden nur 3 statt 39 Moleküle ATP gewonnen. Diese "Verschwendung" kann sich der Körper nur kurzfristig leisten. Außerdem ensteht dabei Milchsäure in der Muskelzelle. Dieser Stoff wird ins Blut abgegeben, wo seine Konzentration im Rahmen einer Laktatmessung bestimmt werden kann. Laktat ist das Salz der Milchsäure, welches schließlich im Blut umherschwimmt. Dem Abtransport von Laktat sind Grenzen gesetzt, so dass sich Milchsäure nicht nur im Blut, sondern auch in den Zellen ansammelt.



Dies geschieht, wenn durch einen kurzzeitig hohen Energiebedarf große Energiemengen benötigt werden. Laktat wird also schneller gebildet als abtransportiert und es kommt zu einer Anhäufung (Akkumulation). Hohe Laktatwerte verhindern ab einer bestimmten Schwelle wichtige chemische Reaktionen und die Muskelzellen stellen ihre Arbeit ein, wodurch ein Weiterlaufen erschwert und schließlich unmöglich wird. Dies ist auch besonders deutlich beim 400m-Lauf erkennbar und zwar dann, wenn Läufer auf den letzten 20 bis 50 Metern "einbrechen". Auch bei den 200m-Schwimmstrecken lässt sich dies beobachten.



Das angefallene Laktat wird in Muskeln und Leber wieder zu Glykogen aufgebaut, ein Teil wird im aeroben Stoffwechsel der Muskeln zu Kohlendioxid und Wasser "veratmet", wobei die restlichen 95% der verwertbaren Energie genutzt werden.


Wie kann ich meinen Laktatwert beeinflussen?


Die Intensität der Belastung - z.B. das Lauftempo - bestimmt darüber, zu welchem Anteil der Muskeltreibstoff ATP auf anaerobem Wege hergestellt wird. Auch beim Spazierengehen entsteht als erster Schritt aus dem Glykogen die Vorstufe zu Laktat. Dieses wird aber sofort auf aerobem Wege abgebaut und der Laktatspiegel bleibt auf Ruheniveau. Läuft man in lockerem Joggingtempo, steigt wegen des größeren Energiebedarfs auch die Laktatproduktion an.



Da die Kapazität des aeroben Laktatabbaus aber um einiges größer ist als die Laktatentstehung im Ruhezustand, gerät das ganze System nicht sofort aus dem Gleichgewicht. Der Laktatspiegel im Blut ist zwar messbar höher als in Ruhe oder beim Spaziergang, bleibt aber während dem Jogging konstant. Man bezeichnet dies als Training oberhalb der aeroben Schwelle. Auf diesem "Steady-State"-Niveau lassen sich respekteinflößende sportliche Leistungen über einen außergewöhnlich langen Zeitraum erbringen, wie z.B. Schwimmen durch den Ärmelkanal, Laufstrecken von 240km in gut 20 Stunden wie beim Spartathlon oder 24h-Weltrekorde mit dem Rad von 850km.



Erst wenn das Lauftempo deutlich verschärft wird oder man eine längere Steigung schnell hinaufrennt, wird der Energiebedarf so groß, dass die Laktatentstehung das Abbauvermögen übertrifft. Der Laktatspiegel im Blut steigt immer höher bis die beschriebene Übersäuerung ein Weiterlaufen in diesem Tempo unmöglich macht. Je nach Laufgeschwindigkeit kann das nach 400 Metern, aber auch erst nach 10 Kilometern der Fall sein.



Die Dauerleistungsgrenze wird überschritten,



die so genannte anaerobe Schwelle. Dies kann jeder selbst bereits während der Belastung feststellen. Anzeichen sind eine deutlich tiefere und schnellere Atmung bis hin zum Nach-Luft-Schnappen und diffuse Schmerzen oder ein Brennen in den belasteten Muskeln, bevor sie irgendwann "dichtmachen". Dieses Experiment kann man sehr gut in einem mehrstöckigen Treppenhaus am eigenen Leib nachvollziehen. Den Abbau des angehäuften Laktats sollte man dadurch beschleunigen, indem man locker trabt.



Wenn die Muskeln an der aeroben Schwelle arbeiten, können sie bis zu dreimal mehr Laktat veratmen als in Ruhe. Dies fördert die Erholung ganz wesentlich und Auslaufen bzw. Abwärmen sollte nach keinem anstrengenden Training fehlen. Dehnen nach dem Laufen, das auch mit exzentrischen, also abbremsenden Muskelbelastungen verbunden ist, kann dagegen einen Muskelkater, der entgegen früheren Vermutungen nicht durch Laktat hervorgerufen wird, verstärken oder sogar erst verursachen und sollte darum vermieden werden.


Was bedeutet das für den Cooper-Test?


Will man ein möglichst gutes Ergebnis beim Cooper-Test erzielen, muss man über der anaeroben Schwelle laufen, d.h. Laktat ansammeln. Das Kunststück besteht darin, seine Dauerleistungsgrenze gerade so weit zu überschreiten, dass man die 12 Minuten möglichst im gleichen Tempo durchhält und trotzdem schnell genug läuft. Dies erfordert eine gewisse Erfahrung gerade im Bereich höherer Geschwindigkeiten und ein Gefühl für die Belastbarkeit seiner Muskeln. Wer zu flott startet, muss irgendwann abbremsen oder sogar eine Gehpause einlegen. Wer es zu langsam angeht, ärgert sich im Schluss-Spurt über die unterwegs verbummelte Zeit. Der Cooper-Test ist kein lockeres Jogging, sondern erfordert auch die Bereitschaft, sich zu quälen. Läufer, die an Tempotraining und die dabei anfallenden Laktatwerte gewöhnt sind, haben daher Vorteile gegenüber reinen Dauerläufern.



Im zweiten Teil der Artikelserie erfahren Sie, wie Sie am besten auf den Cooper-Test hin trainieren und was sie am "C-Day" beachten müssen, um wirklich alle Reserven mobilisieren zu können.

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