Deutschlands schnellstes Monchhichi

Deutschlands schnellstes Monchhichi

Natürlich war es wieder dabei, das kleine pelzige Äffchen mit dem Plastik-Gesicht, als Marion Wagner bei der Deutschen Hallenmeisterschaft in Sindelfingen Ende Februar auf der 60-Meter-Sprintstrecke Dritte wurde. Auch wenn ihr Monchhichi schon ganz abgegriffen und wenig über sein Fitness Zustand bekannt ist – „einen echten Glücksbringer tauscht man nicht so einfach aus. Das ist wie mit einem Lieblings-Fußballverein.“ Deshalb ist Marion Wagner auch immer noch Fan von Bayern München, obwohl sie damit bei ihren Vereinskolleginnen vom USC Mainz manchmal einen schweren Stand hat. Die sind nämlich fast alle für Mainz05. Marion Wagner ist eben eine „treue Seele“ – in allen Bereichen. Mit ihrem Trainer Harry Letzelter arbeitet sie schon, seit er ihr Talent mit 14 Jahren entdeckt hat. „Er ist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben“, sagt die 30jährige heute. Dank der erfolgreichen Trainingsarbeit mit ihm zählt Marion Wagner seit Jahren zu den schnellsten Frauen Deutschlands: 2005 und 2006 wurde sie auf der 60Meter-Strecke in der Halle Deutsche Meisterin. Ihr größter Erfolg aber liegt schon sieben Jahre zurück. Mit der 4x100 Meter-Staffel holte sie als Schlussläuferin 2001 bei der WM in Edmonton in Kanada überraschend Silber. Nur die Amerikanerinnen um Marion Jones waren schneller – und, wie sich später herausstellen sollte, gedopt. Als Kelly White offiziell des Dopings überführt wurde, bekamen Marion Wagner und ihr Team im Nachhinein noch den Weltmeistertitel.




Eine „treue Seele“ ist Marion Wagner aber auch, wenn es um ihre Familie und ihre Freunde geht. Sie wohnt nur ein paar Straßen entfernt von ihrem Elternhaus im rheinhessischen Essenheim, weil ihr der Kontakt zu ihren Eltern, ihrer Oma und ihren Geschwistern sehr wichtig ist. Hier bringt sie nicht nur regelmäßig ihre schmutzige Wäsche vorbei, Zuhause, das weiß sie, „hat immer jemand ein offenes Ohr für meine Sorgen, oder ich kann einfach mal bei einem Kaffee mit jemandem quatschen.“ Auch wenn sie wieder einmal unterwegs ist auf einem Wettkampf, dann telefoniert sie täglich mit ihrer Mutter, „weil ich das einfach brauche, wir sind uns eben unheimlich nah.“ Mit ihren beiden besten Freundinnen redet Marion Wagner fast nie über Sport. „Die interessiert das nicht sonderlich, vielleicht sind wir deshalb immer noch so gut befreundet. Die beiden waren einfach immer da, selbst wenn ich mich mal lange Zeit nicht melden konnte. Das sind eben die Freundschaften, die man braucht.“






Im Sommer wird sich Marion Wagner vielleicht wieder mal lange Zeit nicht melden können bei ihren Freundinnen. Da will die Rheinhessin nämlich ein paar Wochen in China verbringen, genauer: in Peking bei den Olympischen Spielen. In Athen und Sydney war sie dabei. Die Olympianorm von 11,25 Sekunden – ein harter Brocken, das wissen auch Marion Wagner und ihr Trainer Harry Letzelter. Aber ihre konstant guten Trainingsleistungen machen die beiden optimistisch, dass Peking auf jeden Fall drin ist. Ihre Fitness Form stimmt.





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Ihrem Trainer Harry Letzelter hat Marion Wagner auch sonst viel zu verdanken. Nicht nur, dass er sie nach einem schweren Bandscheibenvorfall wieder zurückgebracht hat (siehe Interview), auch in ihrem Privatleben hat Harry Letzelter schon einige Weichen gestellt. So hat er seinen Schützling vor etlichen Jahren davon überzeugt, das Fachabitur zu machen und sie zu einer Banklehre überredet. Ihr Trainer wisse eben, wie sich Sport und Beruf gut verbinden lassen, meint Marion Wagner und grinst. Heute ist sie froh eine solide Ausbildung für das „Leben nach dem Leistungssport“ zu haben. Wobei sich Marion Wagner ein Leben ohne Sport nicht vorstellen kann. Sie möchte einmal als Trainerin arbeiten, vielleicht ja beim USC Mainz, ihrem Verein. Auf jeden Fall will sie ihre Begeisterung für den Sport weitergeben, wenn sie einmal aufgehört hat mit dem Leistungssport. Doch bis dahin warten ja noch große Herausforderungen auf sie, die Olympischen Spiele und die Leichtathletik-WM in Berlin im kommenden Jahr. So eine WM im eigenen Land, die will sie auf jeden Fall auch noch mitnehmen. Und dass das so klappt, wie sie es sich vorstellt, dafür hat sie ja nicht nur ihren unbändigen Optimismus, sondern auch noch ihren Glücksbringer, das Monchhichi.

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