Marken-Grabbing
a) Problemkreis
"Eine weitere internetspezifische Besonderheit betrifft die angemeldeten Marken. Es handelt sich dabei in fast allen Fällen um Allgemeinbegriffe aus dem Internet. Die Begriffe „Webspace“, „Site Promotion“, „Electronic Commerce“ und „MP3“ waren schon lange vor ihrer Markeneintragung häufig benutzte Begriffe.
Im Internet ist es inzwischen weit verbreitet, ein betreffendes Wort oder Zeichen als Marke schützen zu lassen. Das Online-Formular „Markenanmeldung“ des DPMA wird täglich knapp zweihundert Mal aufgerufen, das macht 72.000 Zugriffe in einem Jahr. In den Jahren 1998 bis 2000 sind die Neuanmeldungen in den für die Online-Branche relevanten Klassen stark angestiegen. So hat sich die Anmeldung von Markennamen inländischer Herkunft allein von 1998 auf 1999 um 13,1% erhöht. Das DPMA spricht in diesem Zusammenhang von „Rekord- Zahlen“. Den Zuwachs im Online-Bereich führt es vor allem auf die verstärkte Nutzung und Bedeutung des Internet zurück.
Der Präsident des DPMA, Landfernmann, äußerte sich im März 2001 dazu wie folgt:
„Das DPMA beobachtet nicht ohne Sorge, dass oftmals Marken nur zu dem Zweck angemeldet werden, andere, die eine identische oder ähnliche Kennzeichnung benutzen, unter Druck zu setzen (...). (...) in derartigen Fälle könne beim DPMA ein Antrag auf Löschung der Marke wegen sogenannter Bösgläubigkeit gestellt werden. Die Zahl der Löschungsanträge wegen Bösgläubigkeit nimmt stetig zu (...). Im vergangenen Jahr wurde in 30% der Fälle die Marke wegen Bösgläubigkeit gelöscht. Weitere 30% der Verfahren endeten durch Vergleich vor dem DPMA und weitere 10% der Anträge wurden (...) zurückgezogen. Nur 30% der Löschungsanträge (...) wurden (...) zurückgewiesen.“
Inzwischen hat sich für diese Problematik ein neuer Begriff entwickelt: Marken- Grabbing. Darunter ist die Strategie zu verstehen, Allgemeinbegriffe oder häufig verwendete Worte aus dem Bereich des Internet als Marke eintragen zu lassen, um dann denjenigen, der die eingetragene Marke - oft in Unkenntnis - verwendet, abzumahnen. Die Bezeichnung Marken-Grabbing ist angelehnt an den schon bekannten Begriff des Domain-Grabbings. Unter Domain-Grabbing wird die Vorgehensweise verstanden, sich einen Domain-Namen registrieren zu lassen, der einen bekannten Namen beinhaltet, um dann dem Namensinhaber gegen einen hohen Preis den Verkauf anzubieten.
b) Reaktion der Politik
Auch die Politik ist inzwischen auf dieses Problem aufmerksam geworden. So spricht sich der Medienbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, für eine Novellierung des Markenrechts im Bereich des Internet aus. Tauss weist darauf hin, dass seit einiger Zeit die Rechtsunsicherheit, die im Online-Bereich existiert, immer häufiger Gegenstand von Auseinandersetzungen und Gerichtsverfahren ist, deren sachliche Notwendigkeit sich auch Juristen kaum noch erschließt und die vor allem kleinen und mittleren Unternehmen schadet.
Gerade im Fall „Webspace“ und ähnlich gelagerten Fällen, so Tauss, diene sowohl die Eintragung der Marke als auch das Mittel der Rechtsverfolgung durch anwaltliche Abmahnung weniger der Verteidigung berechtigter Interessen des Markeninhabers, als vielmehr der Generierung von Gebührenansprüchen der beteiligten Rechtsanwälte.
Beabsichtigt ist, dass schon bei der Eintragung Konflikte erkannt und beseitigt werden. Auch sollen Marken-Grabber nicht nur mit der Löschung der Marke, sondern zudem mit erheblichen Geldstrafen rechnen müssen.