Selbstdisziplin im Sport und im Fitnesstraining?

Selbstdisziplin im Sport und im Fitnesstraining?

Links Marco Gottschall (Mercedes Benz Niederlassung) und rechts Stephan Pfitzenmeier
Der Begriff "Selbstdisziplin" wird im Sport und im Fitnesstraining dazu verwendet, um eine bewusste Selbstregulierung zur Erreichung hoher sportlicher Ziele zu beschreiben. Nicht selten soll damit zusätzlich ausgedrückt werden, dass diese hohen Ziele auch möglichst schnell zu verwirklichen sind.



Selbstdisziplin ist also dann notwendig, wenn der innere Antrieb nicht ausreicht, um die Höhe seiner Ziele in der angestrebten Zeit zu verwirklichen. Dazu bedarf es jedoch Anstrengungen, die dem individuellen Entgegenstreben von einzuhaltenden Zielvorgaben entgegenwirken. Auf Deutsch gesagt: Man muss sich über seinen Eigenantrieb hinaus anstrengen, um etwas zu erreichen, was man sich, aus welchen Gründen auch immer, vorgenommen hat.

Vorrangig betrifft dies im Sport: Gewichtsabnahme im Allgemeinen, Einhaltung eines regelmäßigen Trainingsplanes zum Muskelaufbau oder/ und Umsetzung einer nahezu asketischen Ernährungsweise mit dem Ziel, gleichzeitig Muskeln auf- und Fett abzubauen.



Die Gefahr besteht allerdings darin, dass wenn man sich etwas im Sinne der Selbstdisziplin aufzwingen muss, man mehr oder weniger seiner genetischen Vorprogrammierung entgegenläuft. Diese Vorprogrammierung schreibt in einem Individuum fest, welche Vorlieben und Talente es hat - was auch kaum abänderbar ist. Dies betrifft nicht nur die Fitness als solche, sondern alle Bereiche des Lebens, z.B. Präferenzen bei der Partnerwahl, oder bestimmte Vorlieben für süße Nahrungsmittel. Niemand, der beim Anblick von Schokolade schwach wird, kann sich über Nacht darauf umstellen, diese Süßigkeit nicht mehr schmackhaft zu finden.



In puncto Fitness handelt es sich bei diesen genetisch festgelegten Vorlieben vor allem um folgende Hauptfaktoren: allgemeine "Faulheit", bzw. Ruhebedürfnis, genetisch schlechte Veranlagung zum Muskelaufbau, genetische Vorliebe des Körpers zur Fetteinlagerung, Abneigung gegen Regelmäßigkeit und Abneigung gegen Hoch- und Höchstanstrengung.



Alle diese genetischen Dispositionen bestehen aus einem bestimmten, früher überlebensnotwendigen Grund. Beispielsweise bedeutete ausgewiesene Faulheit das beständige Sparen von Energie, welches die erforderlichen Reserven für Hungerzeiten einbrachte. Jedoch können diese Dispositionen nicht konsequenzlos vom Geist und Körper eines Menschen übergangen werden. Um beim Fallbeispiel der Faulheit zu bleiben: Jemand, der im ruhenden Zustand glücklich ist, wird unglücklich, wenn er sich stets und ständig zu aller möglichen Bewegung zwingt. Für ihn ist also die Frage: Wie faul kann ich sein, ohne dass mein kranker/ zu fetter Körper mich noch unglücklicher macht, als Bewegung?



Heutzutage gilt Selbstdisziplin sogar als positive Eigenschaft - sie spricht einem Menschen zu, dass er es trotz anders lautender Anlagen schafft, "Erfolg" (welcher ebenso Definitionsache ist!) zu haben, z.B. einen hohen Bildungsabschluss, obwohl das Lernen und Verstehen der Inhalte fast den Verstand und sämtliche Nerven gekostet hätte und die Talente eigentlich im handwerklichen Bereich lagen. Ergreift man in diesem Fall einen Beruf allein wegen des Ansehens und des verdienten Geldes, so führt die fortwährende Entgegenwirkung wider den eigenen genetischen Dispositionen zu immer mehr Frust und Motivationsmangel, je länger man sich verbiegt.



Analog dazu verhält es sich mit dem Sport: Wer keine Lust auf Kalorienreduzierung hat, der wird immer unwilliger, unzufriedener und unverträglicher mit Andauern der Diät. Das Schlimme daran ist: Wenn man die eigenen Vorgaben und Ziele nicht einhalten kann, bzw. an der aufgezwungenen Selbstdisziplin scheitert, machen sich Schuld-, Scham-, und Versagensgefühle breit.



Der Sport soll aber nach Möglichkeit Spaß machen und nicht ausschließlich Ziele erfüllen! In letzterem Fall erhöht er nur den psychischen Druck auf das Individuum!



In den letzten Jahren der medial fortgeschrittenen Gesellschaft existieren immer mehr und immer öfter wiederholte Rollenvorbilder, meist von erfolgreichen, finanzstarken, abenteuersuchenden, gutgebauten und gutaussehenden Mann Anfang Dreißig und der makellos schönen, glücklich lächelnden und immer mt sich selbst im Reinen lebenden Frau Ende Zwanzig. Je öfter und länger man sich diesen "Supermenschen" optisch und akustisch aussetzt, umso mehr gehen sie ins Bild der eigenen, als normal wahrgenommenen Realität über. Somit nimt man sich selbst immer mehr als unzulänglich im Vergleich zu den Figuren der medialen Welt wahr.



Um sich diesem Idealbild anzunähern, wird als adäquates Mittel die eiserne Selbstdisziplin ins Feld geführt: nur noch Salatblätter zum Mittagessen, um wie ein "Topmodell" auszusehen und der moderne Fitnesssportler müffelt ausschließlich Hühnchenbrust mit ungesalzenem Reis.



Wer sich allerdings selbst nichts mehr gönnt, hat 2 Möglichkeiten: Entweder, der destruktive Wille bleibt stärker, aber der Mensch verbittert über seiner Selbstbeschränkung, oder der Körper sucht sich selbst seinen Weg zurück aus der Askese ("Jojo-Effekt"), was häufig jedoch wieder besagte Schuldgefühle nach sich zieht.



Wo liegt nun der Ausweg? Dieser liegt ganz klar in einer Denkweise, die wieder mehr auf gesunden Menschenverstand und Achtgeben auf die eigenen Bedürfnisse/Talente/Vorlieben setzt. Eine Einschränkung des Unterhaltungsmedien-Konsums ist dabei dringendst anzuraten!



Zuallererst steht und fällt ungesunde Selbstdisziplin mit viel zu hohen Zielen. Das Setzen realistischer Ziele in Anbetracht der eigenen möglichen Leistungen schützt vor Zielen, die unerreichbar sind und bleiben.



Als zweites sollte man sich unbedingt vom Perfektionismus verabschieden: Das Leben läuft nie fehlerlos und oft oft sind es gerade die Umwege die uns charakterlich weiterbringen, als das problemfreie Befolgen eines auferlegten Lebensplans. Fehler sind also zum Lernen und Weiterentwickeln nicht nur da, sondern notwendig! Wenn man sich selbst verzeihen und annehmen kann, wird das Abweichen selbst von erreichbaren Zielen nicht mehr von Schuldgefühlen geplagt.



Dritter Punkt: Wenn man absolut keinen Spaß an einer Sache hat, wird man sie im Nachhinein als unwiederbringliche Zeitverschwendung einschätzen, wenn der angestrebte Erfolg ausbleibt. je höher die Ziele waren, um so größer die Enttäuschung.



Zusammengefasst bedeutet das für das eigene sportliche Leben: hab Spaß, setz dir erreichbare Ziele und verzeih dir Fehler!     

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