Fitnesstraining: Basiswissen Grundlagenausdauer - Teil 2

Fitnesstraining: Basiswissen Grundlagenausdauer - Teil 2

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Im ersten Teil des Artikels ging es um eine angemessene Geschwindigkeit beim Jogging. Doch nicht nur die Intensität, auch die Ausdauer hat Auswirkungen auf den Fitness-Level!



Ausdauer wird durch Ausdauer trainiert, nicht durch Schnelligkeit



Zusammen mit dem Hinweis, dass ein durch langsames Tempo ausgebauter Fettstoffwechsel enorm wichtig für seine Fitness-Ziele ist, ergibt sich:



Faustregel 3: Langes, langsames Trainieren ist der kurzen, schnellen Belastung vorzuziehen. Ausdauer ist das Fundament für Geschwindigkeit. Anfänger und Wiedereinsteiger sollten 3 von 4 Läufen langsam angehen.



Definition von „langsam“



Was genau heißt jetzt nun „langsam“ zu laufen? Die Beantwortung dieser Frage hängt von der eingesetzten Technik ab!



Ohne Technik:

Laufen Sie in einer Geschwindigkeit, in der Sie sich locker unterhalten können. Sie sollten 2 kurze Sätze aussprechen können, ohne zu schnaufen. Mitunter kann das bedeuten, dass man vom Laufen ins schnelle Gehen wechseln muss!



Pulsuhr:



Verfügen Sie über eine Pulsuhr, so sollten Sie sich konstant im Bereich von 120 - 145 Herzschlägen pro Minute aufhalten. Je älter Sie sind, umso mehr sollten Sie sich dem unteren Wert annähern. Diese Richtlinie ist nur grob taxiert, da sich die eigentlichen Herzschlagfrequenzen auf den Maximalpuls beziehen. Es ist aber für Anfänger und Wiedereinsteiger medizinisch nicht ratsam, bzw. nicht möglich seinen exakten Maximalpuls zu bestimmen. Zu Anfang eines längeren Laufes kann der akuelle Pulswert ruhig 10 Schläge unter, gegen Ende 5-10 Schläge über dem angestrebten Durchschnittswert liegen.



GPS-Tracker



(bzw. vorher ausgemessene Strecken + normale Stoppuhr):

Die Geschwindigkeit des Laufes wird hier in Minuten pro Kilometer gemessen. Sie sollten sich zwischen 7 min/km (damit man es noch als Joggen bezeichnen kann) und 6 min/km bewegen. Je jünger und leistungsfähiger Sie sind, umso eher können Sie sich Richtung 6 min/km orientieren. Die Gefahr ist jedoch groß, dass man unbedingt gewisse "runde Zahlen" knacken möchte - also z.B. statt 6:04 min/km in den Bereich von 5:59 min/km kommen will - während die Geschwindigkeit nämlich linear steigt, steigen Windwiderstand, Leistungsaufwand und orthopädische Belastung exponentiell!



Mein Praxis-Tipp:



Legen Sie sich eine (ruhig preiswerte) Pulsuhr zu. Der Herzschlag ist zwar nicht absolut aussagekräftig, was Ihren Leistungslevel betrifft, bremst aber Übermotivation am besten aus. Den Pulswert kann man dann noch mit dem subjektiven Laufgefühl kombinieren - so werden ähnliche Einheiten im Nachhinein sehr gut vergleichbar!



Praxis-Beispiel:



Ich habe eine sehr schöne 11-km-Runde, die ich das ganze Jahr über benutzen kann, da sie flach und windgeschützt ist. Angenommen, ich bereite mich auf einen Frühlings-Halbmarathon vor und benutze diese Strecke für moderate Tempo-Dauerläufe, um einerseits den Fettstoffwechsel, gegen Ende aber auch zunehmend den Kohlenhydratstoffwechsel zu trainieren. Im Januar habe ich zufällig an einem sonnigen Tag frei und laufe die 11 km mit dem Vorsatz, 4 Schritte pro Atemzug zu machen. Ich erreiche eine Zeit von ungefähr 1:08 h bei einem durchschnittlichen Puls von 143 Schlägen/min. Der Halbmarathon ist noch 3 Monate hin, ich trainiere fleißig weiter und starte im März einen Vergleich und gleichen Bedingungen: sonnig, 11 km, 4 Schritte pro Atemzug.



Ergebnis: Meine Anpassung hat gefruchtet: Besonders in der letzten Hälfte des Laufes lief die Energiebereitstellung besser, so dass ich insgesamt konstanter, gegen Ende etwas schneller laufen konnte. 1:04 stehen auf der Uhr - das sind pro km 20 Sekunden weniger bei subjektiv gleicher Anstrengung! Zudem lag der Durchschnittspuls bei 139 Schlägen/min - die optimierte Energiebereitstellung der Mitochondrien senkte also den Bedarf an frischem Blut (bzw. dessen Nährstoffen und der Notwendigkeit, überflüssig abgebaute Abfallstoffe abzutransportieren).



Eine Pulsuhr hilft also nicht nur bei der Vergleichbarkeit, sondern eben auch bei der Einhaltung trainingswissenschaftlicher Erkenntnisse.



Die Ausdauer kann nur durch ausreichend lange Läufe erhöht werden



Wer immer nur das tut, was er bereits kann, wird sich nicht weiterentwickeln. Das trifft insbesondere auf die Trainierenden zu, die fehlende Regelmäßigkeit und Geduld mit hoher Intensität ausgleichen wollen! Nochmal: Man kann die Ausdauer nur durch langsame (wegen Energiebereitstellung aus Fetten unter Zuhilfenahme von Sauerstoff) Belastung trainieren, die deswegen ausreichend lang sein muss!



Was genau ist nun "lang"?



Der Maßstab, dass einigen Leuten sehr schnell langweilig wird, kann beim Laufen nicht angesetzt werden. Laufen erfordert auch einige psychische Ausdauer, woraus sich auch der hohe Nutzen für den Alltag speist. Geduld und Beständigkeit werden gefördert, insbesondere weil man langsam zwar nur moderat vorankommt, mit Geduld aber immer die zu Schnellen einholen wird!



Die Länge eines effektiven Trainings hat damit zu tun, wann die Grenze für notwendige Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems überschritten ist. Allgemein kann man von ca. 20 Minuten ununterbrochener, niedriger (50 % Maximalpuls) Belastung sprechen, die Reize auslösen. Demgegenüber gibt es natürlich auch ein "zu lang" - das tritt dann ein, wenn die Verletzungswahrscheinlichkeit erhöht ist, das Immunsystem leidet oder negativer Stress auftritt. Diese Grenze richtet sich stark nach dem Trainingsstand.



Da der Körper Zeit für Anpassungen braucht, ist es ratsam, trotz hoher Motivation nur langsam die Belastung zu steigern. Man beginnt (von 0 kommend) mit höchstens 2 Trainingstagen pro Woche mit je 20-30 Minuten Belastung. Von Woche zu Woche steigert man den Umfang maximal insgesamt um 10 % - also entweder 10% mehr Laufzeit, höheres Tempo, oder man fügt nach einem Monat einen weiteren Trainingstag hinzu.



Die tatsächliche Grenze, was die Länge eines langsamen Dauerlaufs betrifft, ist also nach oben offen und wird von Stressresistenz, orthopädischer Stärke und Willenskraft beeinflusst. Es kann gut sein, dass ein unentdecktes Talent mit Mitte 40 plötzlich Ambitionen hat, die Altersklasse im Marathon gewinnen zu wollen.



Oder aber ein von Kindheit an dicker Mann nimmt dadurch ab, indem er sich nicht mehr überfordert, sondern optimal fordert und mit dem neuen Wissen viel mehr Kalorien verbraucht ... vieles ist möglich und kann erst ersichtlich werden, wenn man versucht, vernünftig, dafür gesund und langfristig zu trainieren.



In diesem Sinne wünsche ich einen erfolgreichen Trainings-Frühling!



Patrick Raabe       



 

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