Wochenende: Mit dem Fahrrad auf der Überholspur

Wochenende: Mit dem Fahrrad auf der Überholspur

Citybike Wien – ein neues Gefühl die Stadt zu entdecken


Hölzerne Bestuhlung, feuchte Wände, nasse Böden und ein muffiger Geruch von Jahrzehnte alter Nässe. Wien kann man zwar auch mit diesen originellen, aber wenig einladenden Modelle der Wiener Stadtbahnlinien entdecken, doch seit einiger Zeit gibt es eine sonnige Alternative: das Fahrrad.




Citybike Wien


„Citybike Wien“ nennt sich der neue Trend im öffentlichen Verkehrssystem. An sogenannten Bikestationen können Fahrräder schnell und einfach, ohne großen bürokratischen Aufwand, ausgeliehen werden. Rund 1000 Fahrräder an 54 Stationen stehen im gesamten innerstädtischen Ring bis runter zum Schönnbrunner-Schlosspark bereit. Seit der Einweihung der Fahrräder im Jahr 2003 haben die Wiener bereits 900.000 Kilometer geradelt, das sind knapp 22 Weltumrundungen. Die Gründe dieses Erfolgs sind leicht auszumachen: Man kommt schnell und unabhängig von A nach B ohne sich in das normale Stadtbahn-Bus-Gedrängel zu stürzen, man erfährt im wahrsten Sinne des Wortes die Stadt aus einer ganz anderen Perspektive und die Fahrräder sind günstig.




Per Touchscreen zum Fahrrad


Das Ausleihen der Citybikes ist ganz einfach. Zunächst muss der Benutzer sich anmelden. Dies geht einerseits über die Internetseite oder an den Ausleihsäulen, die an jeder Station zu finden sind. Ganz automatisch per Touchscreen kann man dort seine Benutzerdaten wie Name und Adresse eingeben und anschließend ein Fahrrad auswählen. Was jedoch nötig ist, ist eine Kreditkarte. Diese Kreditkarte wird dann für darauffolgende Entlehnungen registriert, sodass nur noch das eigene Passwort eingeben werden muss ohne das anfängliche Anmeldeprozedere zu wiederholen.




Anmeldegebühr 1 €


Die einmalige Anmeldegebühr beträgt ein Euro. Die erste Stunde ist gratis. Wer bis dahin sein Fahrrad nicht wieder an einer der Bikestationen abgegeben hat, per einrasten in dafür vorgesehene Stationen, muss für die zweite Stunde ein Euro bezahlen, für die dritte noch mal 2 Euro und für alle darauffolgenden Stunden jeweils vier Euro. Um diese Kosten zu vermeiden gibt es jedoch einen kleinen Trick. Kurz vor Ende der ersten Stunde sollte man das Fahrrad an einer Station einrasten. Nach 15 Minuten kann man es wieder benutzen und für eine weitere Gratisstunde in die Pedalen treten. Zum Vergleich: ein Einzelticket bei den Wiener Linien kostet allein schon 1,70 Euro.


Wer jedoch keine Kreditkarte besitzt oder datenschutzrechtliche Bedenken hat, kann auch über eine sogenannte „Tourist Card“ die Fahrräder ausleihen. Diese spezielle Karte für Touristen ist tageweise für zwei Euro zu erwerben und ersetzt die Kreditkarte und die einmalige Anmeldegebühr.




Funktional, aber nicht bequem


Nachdem diese etwas verwirrende da ungewohnte Anmeldung geschafft ist, kann es losgehen. Der Touchscreen zeigt die freien, durchnummerierten Fahrräder an. Man wählt eines aus, drückt auf den Knopf der Station, an der das Fahrrad eingerastet ist, zieht es dann heraus und ab geht’s. Vor der Wahl des Fahrrads sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Bremsen und die Klingel funktionieren. Denn das ist das Manko dieser Citybikes. Zwar sind die Bikestationen ungemein modern und das System gut durchdacht, jedoch scheint es, als sei gerade an den Fahrrädern gespart worden zu sein. An vielen sind die Klingeln kaputt, die Räder haben keine Gangschaltung, die Sattel sind unbequem und die Bremsen teilweise so verbogen, dass sie auch während der Fahrt ihren Zweck erfüllen. Worauf man sich jedoch verlassen kann, sind die Reifen. Sie sind aus Vollgummi, das heißt, sie können niemals platt werden. Doch hier offenbart sich der nächste Nachteil. Die Vollgummireifen sind knüppelhart und bei den für deutsche Verhältnisse schlecht in Stand gehaltenen Straßen geht die kleinste Unebenheit ins Kreuz. Hier fehlt die Luft in den Reifen, die derartiges abfedern könnte. Speziell auf Pflastersteinen, die noch recht häufig die Wiener Straßen bedecken, kann die friedliche Fahrradtour zu einem Höllenritt werden.


Aber davon sollte man sich nicht abhalten lassen. Wien hat viele gut ausgebaute Fahrradwege, die an den schönsten Ecken der Stadt vorbei führen. Beginnt man beispielweise am Schwedenplatz, und fährt entlang des Stubenrings und Opernrings Richtung Museums Quartier, kann man Sehenswürdigkeiten wie die Postsparkasse, die Staatsoper, den Volksgarten oder das Schlafzimmerfenster von Sisi in der Hofburg bewundern. Und wer sich diese genauer ansehen möchte, für den stehen meist in näherer Umgebung Fahrradstationen bereit. Wenn alle Fahrradplätze belegt seien sollten, kann man sich auf dem Touchscreen der Stationssäule informieren, wo sich die nächsten Citybike-Haltestellen befinden und wie viele freie Plätze und Fahrräder dort anzutreffen sind. Der gleiche Service wird auch im Internet angeboten.


Wer Wien also mal aus einer anderen Perspektive entdecken, ermüdende Fußmärsche vermeiden und Nachts nicht eine Stunde auf die Nachtlinien warten möchte, der hat in den Citybikes den passenden Partner gefunden. Und fit hält man sich nebenbei auch.

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