Barbell-Tom
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Vorwort
So ziemlich jeder Sportler kommt mal an den Punkt, an dem er auf der Stelle tritt und die gewünschten Erfolge deutlich nachlassen. Im Bodybuilding sieht man dieses Phänomen sehr häufig und wer kennt sie nicht,
die Leute, die regelmäßig Tag ein und Tag aus im Gym ihren Plan abarbeiten und nach Monaten, oder sogar Jahren keine nennenswerte Entwicklung vorweisen können.
Natürlich könnte es dafür jede Menge verschiedene Ursachen geben wie zum Beispiel zu wenig, oder die falsche Nahrung. Oder man gehört zu den Leuten, die zwischen oder sogar während ihren Arbeitssätzen mit ihrem Smartphone auf Facebook surfen. In diesem Fall wird die Trainingsintensität nicht ausreichend für Muskelwachstum sein, oder habt ihr schon einmal schwer gebeugt und dabei eure Facebook Pinnwand gecheckt?
Ich glaube nicht.
Heute möchte ich die oben genannten Ursachen außen vor lassen und mich rein mit der Thematik „Trainingsreize“ an sich befassen.
Ich werde auf die bekannten Fragen „Wie viele Wiederholungen sind optimal?“, „Wie oft in der Woche sollte man einen Muskel belasten?“, „Muskelversagen ja oder nein?“ etc. Antworten liefern und euch aufzeigen,
worauf es beim Ziel Muskeln aufzubauen wirklich ankommt. Aber eines nach dem anderen.
Wir leben heute in einer Zeit der absoluten Vernetzung. Durch das Internet ist es möglich schnelle Antworten auf fast alle Fragen zu bekommen, was natürlich von Vorteil sein kann,
aber auch enorme Nachteile mit sich bringt.
Es gibt unzählige Foren, die sich mit dem Thema Bodybuilding und Fitness befassen und wahrscheinlich nochmal soviele Meinungen wie man am besten Muskeln aufbaut.
Im Endeffekt möchte man sich Hilfe holen, bekommt jede Menge teilweise auch widersprüchlichen Input und ist nachher kein bisschen schlauer als zuvor.
Doch jetzt überlegt euch doch mal, wie haben es die Top Athleten der 50er,60er, 70er Jahre geschafft, Körper wie aus Stein gemeißelt aufzubauen?
Aus meiner heutigen Erfahrung würde ich fast sagen, sie hatten es leichter, sie hatten einen Vorteil,... sie hatten kein Internet!
Diese Athleten gingen ins Gym und trainierten hart an ihren Körpern. Sie änderten nicht alle 2 Wochen ihren Trainingsplan, mit dem Glauben einen „effektiveren“ gefunden zu haben.
Damals lernte man noch aus den eigenen Fehlern und passte sein Training genau daran an, was zur Folge hatte, dass irgendwann jeder dieser Athleten den für ihn passenden Trainingsplan verfolgte.
Diese Art von Athleten gibt es auch heute noch und es sind genau die, die Erfolge feiern, während die anderen jedes noch so tolle Trainingssystem durchprobiert haben und die Welt und ihre Gene für deren Misserfolg verantwortlich machen.
Alles was man zum Aufbau eines großartigen Körpers braucht, sind Basics, etwas Hintergrundwissen über Muskelaufbau und das wohl wichtigste, ein Gefühl für den eigenen Körper.
Letzteres kann ich euch nicht lehren, aber die wichtigsten Fakten zum Thema Muskelaufbau,... los gehts.
1.) Die perfekte Wiederholungszahl:
Auf der Suche nach der perfekten Wiederholungszahl stößt man auf viele verschiedene Meinungen. Der eine sagt, du musst hart Trainieren im Bereich von 4-6 Wdh um Muskelberge aufzubauen.
Ein anderer schwört auf 8-10 Wdh und wieder ein anderer meint sogar, dass man im Bereich von 10-15 Wdh am besten Muskeln aufbaut.
Wer von ihnen hat recht, bzw. welche der genannten Wiederholungesbereiche ist tatsächlich der „beste“?
Die Antwort ist: Alle haben recht und jede der genannten Wiederholungsbereiche funktioniert!
Ich möchte dir so einfach wie möglich verdeutlichen weshalb das so ist und wie man das beste aus allen Meinungen zusammenführen kann.
Wie die Wissenschaft heute weiß, ist die mechanische Last (welche am besten mit einem großen Widerstand ergo hohem Gewicht erzeugt wird) die auf unsere Muskeln wirkt äußerst wichtig für eine Anpassung im Muskelgewebe und dem damit verbundenen Muskelaufbau. Viele behaupten sogar, die mechanische Last wäre der wichtigste Faktor um Muskeln aufzubauen.
Meiner Meinung nach ist das aber nur halb richtig, aber dazu kommen wir gleich. Es stimmt, dass die mechanische Spannung einen hohen Stellenwert bestitz, wenn es um Thema Kraft und Muskelaufbau geht.
Wenn man sich aber Powerlifter im Vergleich zu Bodybuildern ansieht, so wirken diese gegen den Bodybuilder meist ziemlich „unterentwickelt“, obwohl sie in der Regel um einiges stärker sind ... was das 1 RM betrifft.
Man kann daraus also schließen, dass nicht nur die mechanische Last eine Hauptrolle für Muskelwachstum spielt, sondern ein weiterer Faktor, ... nämlich ZEIT!
Einfacher gesagt: Um bestmöglich Muskeln aufzubauen, musst du soviel Gewicht wie möglich (unter korrekter Technik) so oft, bzw. lange wie möglich bewegen.
Und genau so ist die heute allg. gültige Annahme entstanden, dass der Wdh Bereich zwischen 8-12 Wdh der beste für Muskelwachstum sei, da dies einen optimalen Kompromiss darstellt.
Jetzt gibt es natürlich diese Leute, die das mit den 8-12 Wdh ja schon zig mal gelesen haben, seit Jahren danach trainieren und troztdem irgendwann an einen Punkt kommen, wo es nicht mehr weitergeht.
Der Grund hierfür ist ganz einfach der, dass sich unser Körper an diesen Wdh Bereich gewöhnt hat und darauf nur noch marginal mit Anpassungen reagiert.
1.1) Schocke deine Muskeln ist hier die Devise!
Stell dir deinen Körper als Feind vor, der ständig gegen dich arbeitet. Ihr seid im Krieg, jedoch spielst du mit ihm, denn du willst ihn nicht zerstören, sondern nur kleine Schäden verursachen.
Du attackierst ihn mit neuen, höheren Gewichten, anderen Wiederholungszahlen, oder einer Übung die er noch nicht kennt und überrascht ihn. Dein Körper reagiert mit Stress und leitet alle nötigen Gegenmaßnahmen ein.
Er schüttet Hormone aus, pumpt Blut in die belasteten Muskeln, und schwitzt. Alarmstufe Rot.
Nach dem Training hinterlasst ihr ein „Schlachtfeld“ und habt euren Körper erfolgreich geschwächt (Schwächt euren Körper und tötet ihn nicht – er muss die Chance haben sich zu fangen und zu erholen).
In den nächsten Stunden und Tagen, ist dieser mit Reperaturarbeiten beschäftigt und handelt sogar ziemlich schlau, denn er regeneriert nicht nur zum Ausgangsniveau, sondern geht darüber hinaus und wird stärker,
um einen künftigen Angriff besser gewappnet zu sein.
Was ich damit verdeutlichen möchte ist, dass eurer Körper schlauer ist als ihr vielleicht denkt. Wenn ihr ständig dasselbe Training absolviert, setzt ihr keine Reize und eure Muskeln lachen sich ins Fäustchen.
Deshalb macht es durchaus Sinn, die Wdh Zahlen regelmäßig zu variieren und auch mal Übungen mit 4-6 Wdh durchzuführen.
Da unser Körper zwar die Fähigkeit besitzt sich anzupassen, dies jedoch auch nicht in all zu kurzer Zeit geschieht, empfiehlt es sich alle 6-8 Wochen seinen Trainingsplan auf ein anderes Wdh Schema zu ändern.
2.) Wie oft sollte man eine Muskelgruppe pro Woche belasten?
Auch diese Frage sorgt seit Jahren immer wieder für Diskussionen, wobei sie eigentlich jeder sehr leicht für sich beantworten könnte. Natürlich kommt es hierbei darauf an, wie intensiv und voluminös trainiert wird.
Hier machen dann die meisten Leute den Fehler und orientieren sich an diversen Musterplänen aus dem Internet oder diversen Zeitschriften,
wo von Top Athleten und Profi Bodybuildern 5 Übungen mit je 4-6 Sätzen für den Bizeps empfohlen werden. Womöglich steht in der Überschrift dann auch noch soetwas wie
„Mit diesem unglaublich abgefahrenen, mega Hardcore Armworkout, sprengst du deine Ärmel in nur 4 Wochen!“
Leute vergesst den Quatsch ...
Möglicherweise haben wirklich viele Profis mit solch wahnsinnigen Trainingsprogrammen Erfolge verzeichnet, doch man darf nicht vergessen, dass diese Athleten ausnahmslos alle auf Stoff sind,
und bereits eine dermaßen ausgeprägte Muskulatur besitzen, dass ein solches Volumen ohne vorzeitigem Einbruch der Intensität durchgezogen werden kann.
Noch dazu kommen eine verbesserte Regeneration durch den „Juice“ etc. etc.
2.1) Was gilt für den ambitionierten Natural Athleten ?
4er, 5er, oder gar 6er Splits halte ich ganz ehrlich ausgesprochen für „unnötig“. Ich setzte das Wort „unnötig“ mit Absicht unter Anführungszeichen, da ich nicht bestreiten möchte,
dass einige Athleten mit 4er Splits erfolgreich sind. Ich halte es nur für absolut möglich, dass auch diese Leute mit einem 2er oder 3er Split (richtig ausgeführt) die selben, bzw. sogar bessere Erfolge hätten.
Das Splitting des Trainings an sich, wurde eigentlich erfunden um Muskelgruppen zu regenerieren, während man eine andere bearbeiten konnte und somit effizienter wurde.
Ein weiterer Grund für das splitten der Trainingseinheiten ist das bearbeiten von „Schwachstellen“ welche man bei einem höheren Split gezielter in Angriff nehmen kann.
Doch bevor sich Schwachstellen richtig herauskristallisieren, muss man zuerst einmal etwas an Muskelmasse zulegen und dies funktioniert am besten mit schweren GÜ und eine moderaten bis hohen Frequenz.
Für optimale Ergebnisse in Sachen Muskelaufbau empfehle ich alles zw. Ganzkörperplan und 3er Splits (diese aber auch nur, wenn man sich keine ganze Woche Zeit lässt zwischen den einzelnen Muskelgruppen).
2.2) Regeneration
Im vorherigen Punkt habe ich ein wenig zu Volumen und Frequenz geschrieben. Ihr wisst jetzt, wozu ich rate und welche Arten bzw. Splittungen des Trainings ich für weniger geeignet erachte.
Hier möchte ich direkt Anknüpfen an ein ebenso beliebtes Thema; die „Regeneration“.
Heute weiß man, dass ein Muskel ungefähr 48 Stunden (+/-) für die Regeneration benötigt. Das ist auf jeden Fall gut zu wissen und sagt uns schon einmal, dass 7 Tage Regeneration absolute Zeitverschwendung sind,
da man ja den Muskel eigentlich schon viel früher wieder belasten und somit zum wachsen anregen könnte.
Hier wird leider oft ein anderer ganz wesentlicher Punkt vergessen und zwar unser ZNS (Zentrales Nervensystem)
Das ZNS ist nämlich eigentlich der wirklich limitierende Faktor und nicht unsere Muskeln wie viele glauben. Wie bereits erwähnt, regenerieren unsere Muskeln eigentlich sehr schnell,
unser ZNS jedoch benötigt schon einmal etwas länger, ganz abhängig von der Intensität mit der trainiert wird.
Muskelversagen strapaziert unser ZNS bekanntlich sehr stark, daher sollte damit sehr gewissenhaft umgegangen werden.
Ach, das ist ja schon der nächste Punkt!
3.) Muskelversagen: Ja oder Nein ?
Diese Frage beschäftigt glaube ich die Bodybuilding Gemeinschaft seit dem es eine Gemeinschaft gibt. Und wisst ihr was, ich habe im Laufe meiner Karriere und persönlichen Erfahrungen eine Antwort gefunden,
mit der ich und eigentlich alle meiner Klienten sehr gute Erfolge verzeichnen können.
Auch hier kann man keine allgemein gültige Pauschalantwort wie „Ja“ oder „Nein“ geben.
Muskelversagen hat natürlich einen Sinn, denn dieser Zustand, an dem keine weitere WDH mehr möglich ist, signalisiert unserem Körper ganz klar „Hey wir kacken ab, da brauchen wir mehr Muskeln!“
Das Problem was die meisten mit dem Muskelversagen haben ist schlichtweg jenes, dass die Leute gerne dazu neigen, es damit zu übertreiben.
Wie wir bereits wissen, belastet momentanes muskukäres Versagen (keine weitere WDH mehr möglich) unser ZNS ziemlich stark. Wir wollen jedoch nicht, dass unser ZNS um ein vielfaches länger zum regenerieren benötigt, als unser belasteter Muskel. Noch dazu kommt, dass das ZNS muskelunabhängig ist, sprich trainieren wir ständig auch im Split zu intensiv und mit zu viel Muskelversagen, trainieren wir unser ZNS in den Keller und unsere Muskeln haben keine Chance zu regenerieren/wachsen.
3.1) Hier das Rezept mit dem man dies gut handlen kann
Wir wissen, dass schwere Lasten (hohe Intensität) das ZNS stärker belasten als moderate Lasten.
Und wir wissen nun auch, dass Muskelversagen enormer Stress für unseren Körper ist und ebenso eine starke Belastung für das ZNS darstellt.
Nun lesen wir überall „NoPain NoGain“ oder „Nur schwere Gewichte lassen Muskeln wachsen“ und „Bis zum Muskelversagen ist ein Muss, sonst setzt man keinen Reiz“ etc etc.
Hier entsteht dann leider das, was unweigerlich zu misserfolgen bzw. stillstand führen wird. Die Leute trainieren hart, manchmal auch auf Kosten der Technik und sie trainieren bis zum Muskelversagen und darüber hinaus. Auch junge Körper kommen hier schnell mal an ihre Grenzen.
Wieso denkt ihr, wird im Powerlifting nicht bis zum Muskelversagen trainiert? Weil es kontraproduktiv wäre und die Athleten sich niemals davon regenerieren könnten,
bei der Frequenz die Kraftsportler teilweise an den Tag legen. Noch dazu würde die Verletzungsgefahr enorm ansteigen.
Bei höheren WDH Zahlen ist es durchaus OK und sogar erwünscht bis an das Muskelversagen zu gehen, doch dies sollte mit Köpfchen und nicht mit der Brechstange durchgeführt werden, dann wächst auch der Bizeps.
Schlusswort und Beispiel für einen hypertrophie-orientierten Trainingszyklus
Ich hoffe ich konnte mit meinem Text dem einen oder anderen etwas Licht ins Dunkel bringen.
Oftmals sieht man die Dinge aus beeinflussten Perspektiven, sei es wegen übermäßigem Ehrgeiz, Vertrauen in Zeitschriften etc.
Es könnte jedoch so einfach sein, wenn man anfängt sich etwas mehr mit sich selbst und seinem Körper zu beschäftigen, sich Dinge eingesteht und versucht das Beste aus den vorhandenen Ressourcen zu holen.
Ich z.B. bin kein „Krafttyp“ , ich wollte es immer sein, aber ich bin es einfach nicht. Für mich macht ein Training unter 6 Wdh und einer dementsprechend hohen Intensität nicht viel Sinn,
da ich mich damit über kurz oder lang nur kaputt trainieren würde. Fangt an auf euren Körper zu hören, dieser sagt euch ganz genau, was & wie viel er wovon benötigt.
Zusammenfassend möchte ich euch hier noch einen Trainingszyklus präsentieren, der bei eigentlich jedem funktioniert, solange die Regeneration und Ernährung stimmt.
Zyklus 1.) Vorbereitung (6 Wochen)
GK Plan mit vorwiegend Grundübungen – Wdh Schema 10-15 Wdh
Zyklus 2.) Kraftaufbau (4-6 Wochen)
GK Plan mit vorwiegend Grundübungen – WDH Schema 4-6 Wdh (kein Muskelversagen, saubere Technik)
Zyklus 3.) Hypertrophie (6-8 Wochen)
2er oder 3er Split Grundübungen als Basis und Isoübungen für den Fokus auf div. Muskeln – WDH Schema 8-15 Wdh (Muskelversagen erwünscht, saubere Technik)
nach diesem Zyklus sollte man seinem Körper mal 1 ganze Woche Pause vom Training gönnen.
danach beginnt man wieder mit Zyklus 2 und setzt wieder etwas Fokus auf die Kraft.
Der Sinn hinter diesem System, ist die intramuskuläre Koordination in den 4-6 Wochen (Zyklus 2) zu verbessern (Kraft) und diese angelernte Fähigkeit dann im Hypertrophiebereich auszunützen.
Durch die gewonnene Kraft im Zyklus 2, wird im Zyklus 3 mehr gesamte Arbeit verrichtet, wodurch der metabolische Reiz ebenso höher ausfällt, was wiederum für neues Muskelwachstum sorgt.
Die Kraft bzw. die intramuskuläre Koordination passt sich relativ schnell an, wodurch 4-6 Wochen für diesen Zyklus vollkommen ausreichend sind und
man somit auch die hohe Belastung auf Gelenke und Sehnen im Rahmen hält.
Ich freue mich auf etwaige Fragen !
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