Zorn eines Radfahrers

Ingrid

New member
Dies ist jetzt überhaupt nicht konstruktiv, aber ich muß hier mal meinen Frust und Ärger als Radfahrer loswerden.

Vorletzte Woche bin ich auf der Straße in eine Scherbe gefahren, Schlauch/Mantel im Arsch, Ausflug versaut. Pech.
Letzte Woche Dienstag hat mich ein Kurierfahrer aufs Korn genommen (ich fuhr auf der Straße, er stand auf dem Bürgersteig und fuhr dann einfach rückwärts). Konnte durch heftiges Bremsen einen Unfall vermeiden. Habe keine Entschuldigung erwartet, allerdings auch nicht, noch beschimpft zu werden.

Letzten Sonntag bin ich mit dem Rennrad in ein in Fahrtrichtung laufendes Wasserablaufgitter geraten. Rad völlig kaputt, Rippen-/Oberschenkelprellung, leichte Abschürfungen. Irgendwo stand ein Schild (haben wir dann später festgestellt), das vor dem Gitter warnt. Ich habe es nicht gesehen, mein Mann nicht, die 4 Radler hinter uns nicht. Also scheint es seinen Warnzweck unvollkommen zu erfüllen. Mein Mann hat mich überzeugt, das nicht einfach auf sich beruhen zu lassen, sondern via Anzeige bei der Polizei auf eine Änderung der Gefährdung hinzuwirken. Polizei hat das Schild gesehen (das zu dem Zeitpunkt auch nicht mehr völlig zugeparkt war) und jetzt ein Verfahren gegen MICH eröffnet (mir wird zur Last gelegt, einen Verkehrsunfall durch Unachtsamkeit verursacht bzw. mitverursacht zu haben). Der für die Straße zuständige Bauhof sagt, es gebe dort immer wieder Unfälle, seit dem Aufstellen der Schilder seien es "weniger" geworden, aber man sehe keinen Handlungsbedarf, schließlich sei man durch das Schild abgesichert. Und auch keine technische Möglichkeit zur Änderung.

Ich komme mir vor, als sei ich als Radfahrer ein völlig rechtloses Wesen. Ich habe mich daran gewöhnt, dass ich für die Autofahrer und Fußgänger mitdenken muß, aber jetzt platzt mir wirklich der Kragen. Ich kann im Winter auch nicht einfach statt zu räumen ein Schild auf den Bürgersteig stellen: "Achtung, Schnee- und Eisglätte, Fußgänger vorsichtig gehen" und wenn dann einer fällt, auf das Warnschild verweisen. Wieso also kann das eine Gemeinde?

Bin stinkesauer.

Ingrid
 
Nur kurz zur Anzeige:

"Mein Recht!" - das ist meist die fatale Ausgangsbasis, wenn es darum geht, vermeintlich erlittenes Unrecht ahnden zu wollen.

Aus meiner Sicht der sogenannten "Schlaglochunfälle" und auch -haftung der Länder usw. kann ich nur konstatieren, daß nur in seltenen Fällen die paternalistische - also staatsfreundliche - Rechtsprechung da ein Fehlverhalten usw. wird festellen.

Was das Verfahren wider Dich anbelangt: Das kann allenfalls die Staatsanwaltschaft. Nicht so viele Krimis schauen, hin und wieder mal in dei StPO gucken (§152) :winke:. In Betracht käme wohl "Klagemißbrauch" (§164 StGB).

Im Straßenverkehr gilt nämlich der zivilrechtliche Grundsatz des Idealfahrers: Wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anwendet (der Maßstab ist hoch), übersieht solche Warnhinweise nicht. Insofern wirkt auch Dein Hinweis auf das "Mitdenken" für andere Verkehrsteilnehmer äußerst überflüssig, denn hierzu bist Du schon von Gesetzes wegen verpflichtet (vgl. §1 StVO).

Ich bin mit beiden Widrigkeiten konfrontiert, also mit jenen als Jogger und mit jenen als Radfahrer. Problematisch bei meiner Laufrunde im Wald ist bei Radfahrern deren hohe Geschwindigkeit als auch deren Fahrweise. Ohne Licht heizen sie durch die Dunkelheit in Parallelfahrt, und dies vor allem die Frauen, die sich auch nicht entblöden, mich ins Gebüsch abzudränge, damit sie weiter ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Labern, nachgehen können (hierüber habe ich auch schon mein Leid geklagt, vgl. Archiv :winke:). Ähnliches gilt übrigens für die weiblichen Walking-Rudel, die in Hunderschaften selbst 10 Meter breite Straßen noch zu Sperrzonen - für Radfahrer und Jogger - umfunktionieren können.

Allenfalls wenn Du Rechtsschutzversichert wärest, würde ich es mal auf eine Klage ankommen lassen, sofern die Versicherung auch öffentlich-rechtliche Klagen abdeckt. Sich mt Städten usw. anzulegen lohnt sich im Wortsinne meist nicht, wenn man die Kosten aus eigener Tasche bezahlen muß.

LG,

René
 
Hätte 2 Tips für dich, damit das nicht wieder passiert :winke::
1. Zieh nach Holland :).
2. Kauf dir ein MTB.
In Holland hat der Radler immer Recht (so hatte ich im Urlaub zumindest den Eindruck). Die Reifen vom MTB passen nicht in das Gitter (wahrscheinlich).
Als ich noch mit nem Rennrad unterwegs war, hat es mich auch ständig hingehauen. Mit dem Reifen in den Strassenbahnschienen zu hängen (trotz schräger Anfahrt) ist nicht besonders lustig, wenn es hinter einem klingelt. Einmal wurde ich von einem Muellauto angefahren, hat mich nur leicht touchiert am Hinterrad, trotzdem hab ich den Lenker verrissen und schon lag ich da und der Vorderreifen hüpfte lustig über die Strasse...wurde noch höhnisch vom Fahrer ausgelacht, der dann wegfuhr...
danach hab ich das Rennrad dann verkauft und mir ein MTB zugelegt. Ist zwar viel langsamer, aber irgendwie sicherer. Allerdings verwende ich es auch nicht als Sportgerät, sondern als Transportmittel (aber da steckt "sport" ja auch drin :winke:).
Als Läufer kann ich mich René nur anschliessen: die Radfahrer sind sehr rücksichtslos und schnell :), das macht das Ganze gefährlich. Es gilt also wohl die Kette: LKW>Auto>Radfahrer>Skater>Läufer.
Vielleicht sollte ich doch auf LKW umsteigen :)...
Gruss,

Felix
 
In Antwort auf:

Insofern wirkt auch Dein Hinweis auf das "Mitdenken" für andere Verkehrsteilnehmer äußerst überflüssig, denn hierzu bist Du schon von Gesetzes wegen verpflichtet (vgl. §1 StVO).

D.h. jeder, der Vorfahrt mißachtet braucht für den enstehenden Schaden nicht haften, denn der andere hätte ja aufpassen können - soweit ist die Rechtsprechung soweit ich weiß noch nichtmal bei Radfahrern, obwohl denen ja alle 3..4km[1] die Vorfahrt genommen wird, sie damit also rechnen müssten :-(

Gruss,
Carsten

[1] an schlechten Tagen, an guten nur alle 10km
 
Eisenbahn ...

Eisenbahn>LKW>Auto>Radfahrer/Speedskater>Sakter>Sakteboardfahrer>Läufer>Walker>Spaziergänger>Spaziegänger mit Hund>Spaziergänger mit Kind>Kind>Schnecke>Ameise> ähm... keine Ahnung.

Als StarWars-Fan sollte ich vielleicht nicht vergessen, den Todesstern an aller erster Stelle zu nennen?

Gruß,

Stephan
 
D. h., daß man zuerst einmal §1 StVO lesen sollte, bevor man suggestiv wird. :winke:

Grüße,

René
 
Hallo Ingrid
Du scheinst wirklich Pech zu haben, denn was Dir so alles passiert, kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin in diesem Jahr bereits 2500 km mit dem Rennrad unterwegs, ohne eine gefährliche Situation erlebt zu haben. Vielleicht liegts am "ländlichen Raum", in dem ich unterwegs bin, aber ich muss sagen, dass sowohl die Auto-Fahrer wie auch die Fahrer von LKWs oder Bussen Rücksicht nehmen und bei unübersichtlichen Stellen schön hinter mir warten, bis sie überholen können, obwohl ich äusserst rechts fahre.
Was die Jogger betrifft, so habe ich mir ans Rad eine dieskrete Klingel montiert (auch wenn's unsportlich ist) und warne die Leute rechtzeitig, damit sie nicht erschrecken und mir ins Rad laufen. Ich hoffe, dass ich auch dieses Jahr "unfallfrei" überstehe und wünsche Dir weiterhin viel Spaß beim Rennradeln und vor allem mehr Glück.
Gruß Werner
 
bei uns...

...hatten sie vor einigen Wochen eine auf einem stark benutzten Radweg (der natürlich am Waldrand und daher auch gänzlich unbeleuchtet ist) befindliche Holzbrücke komplett entfernt. Kein Schild, keine Absperrung, lediglich ein Pappeschild ein paar Meter davor an einem Baum, daß der Weg jetzt mal hier her geht und nicht rechts rum, wie sonst immer.

Da dieser Weg auch nächtens gerne von Radfahrern zur Heimfahrt von der Kneipe ins heimische Dorf genutzt wird, grenzt es an ein Wunder, daß da nichts passiert ist.
In diesem Sinne: wer radfährt, ist selber schuld (anscheinend)

LG

http://www.fuchsschaf.de/latz.jpg
 
Hi René,

Naja, die Formulierung war schon etwas unüberlegt übertrieben ... aber für eine Teilschuld des Radfahrers könnte es reichen.

Gruss,
Carsten
 
Haftung

Eine Haftung setzt einen Anspruch und einen Schaden, der adäquat-kausal verursacht worden ist, voraus. In Betracht kommt bei Zusammenstößen im Straßenverkehr jedenfalls §823 I, ggf. auch §823 II, teils auch GoA. Für PKW wird auch unter den Voraussetzungen des §7 StVG gehaftet. Man spricht hier von der sogenannten Betriebsgefahr im Rahmen der Gefährdungshaftung. Unter Gefährdungshaftung versteht man die verschuldensunabhängige (!) Haftung, sofern sich das Risiko einer Gefahrenquelle, die an sich nicht verboten ist, adäquat-kausal verwirklicht.

Daher wird im Beispiel eines PKWs, der einem Radfahrer die Vorfahrt nimmt, meist eine 100% Haftung in Betracht kommen. Unter gewissen Umständen kann gemäß §254 das Verschulden des Radfahrers (bei Dunkelheit die fehlende Beleuchtung oä) schadensmindernd wirken.

Der Grundsatz des §254 I, also der Mitverschuldung oder auch Obliegenheit zur Schadensminimierung, findet auf alle Schadensberechnungen Anwendung. In diesem Kontext ist auch die Gurt- und Helmpflicht (bei Motorradfahrern) zu sehen. Zwar mag man sich selbst „unschuldig“ sehen, im Sinne fehlender moralischer Schuld bei einem Unfall, da man ja schlicht das fehlerhafte Verhalten des anderen wegdenken könnte, und es demnach nicht zu einem Unfall gekommen wäre, jedoch sieht das das Gesetz anders. Wer unangeschnallt in einen Autounfall verwickelt wird, trägt zur Erhöhung des Schadens bei. Umgekehrt aber trifft in der Regel denjenigen, der sich strikt an die Regeln des Straßenverkehrs (Geschwindigkeit usw.) hält, kein Verschulden mangels Rechtswidrigkeit des eigenen Verhaltens.

Das führt dann vordergründig zu den von Dir als absurd skizzierten Haftungsfällen, wenn ein Radfahrer einem PKW die Vorfahrt nimmt, und der PKW-Halter auch noch dafür blechen muß, eben gerade weil sich seine Betriebsgefahr adäquat-kausal verwirklicht hat (wohl aber gemäß §254 I nur anteilig). Ähnliches gilt aber auch bei Auffahrunfällen, da sich hier ebenfalls die Betriebsgefahren der jeweiligen PKW adäquat-kausal verwirklicht haben. Wer hier vorschnell als Auffahrender sagt „Ich bezahle alles!“ hat von Jura keine Ahnung. :winke:

Daher mahne ich noch mal die Lektüre von §1 StVO an: Am besten ist es, man baut keinen Unfall. :winke:

LG,

René

PS: Irgendwo im Strafrecht gab es auch mal ein Urteil in bezug auf die unterlassene Beleuchtung eines Fahrrades bei Dunkelheit, wobei es zu einem Zusammenstoß mit Todesfolge mit dem Dritten kam. Der Radfahrer, der unbeleuchtet fuhr, war – meine ich - wenigstens wegen fahrlässiger Tötung (§222 StGB) dran. Ich bin aber zu faul, um da noch mal die Einzelheiten nachzusehen.
 
Re: Haftung

In Antwort auf:

Das führt dann vordergründig zu den von Dir als absurd skizzierten Haftungsfällen, wenn ein Radfahrer einem PKW die Vorfahrt nimmt

Da hast du mir das Wort im Mund umgedreht, es war natürlich genau andersrum gemeint.
Auch als Radwegbenutzer hast du - im Gegensatz zur Praxis - auf einer Vorfahrtstrasse Vorrang. Spezielle auf 'linken' Radwegen ist nun aber lebensmüde sich darauf zu verlassen, zusätzlich wird der Radwegbereich auch regelmässig dazu benutzt die Autos auf der Vorfahrtsstrasse abzuwarten.
Mein Einwand bezog sich nun darauf, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis in der Rechtsprechung erste Urteile auftauchen, die genau dieses praktizierte Verhalten als vom 'Fahrradfahrer zu berücksichtigen' etabliert - und genau das liesse sich mit einer (zu) weitläufigen Auslegung von §1 (bzw. mit der von dir genannten, per §1 begründeten Sorgfalts bzw. Mitdenkenpflicht für andere Verkehrsteilnehmer) machen.

Gruss,
Carsten
 
Hi Werner,

In Antwort auf:

so habe ich mir ans Rad eine diskrete Klingel montiert (auch wenn's unsportlich ist)

Keine Klingel zu haben ist nicht unsportlich sondern blöde. Ich bin neulich mal ein paar Rennräder Probe gefahren, selbstverständlich-schwachsinnigerweise ohne Klingel: total nervig für alle Beteiligten.

Äusserst rechts fahren ist eine zweischneidige Sache, der Abstand, mit dem du Überholt wirst ist i.a. genauso gross, wie der, den du zum Fahrbahnrand einhältst. Da ist ein guter Meter schon sinnvoll.
Bei parkenden Autos natürlich mehr, in kritischen Situationen hat sich auch leichtes Schlangenlinienfahren bewährt.

Ansonsten sind die 'Radfahrer-gefährdenden' Bereich eher die Radwege, auf der Strasse gibt es viel weniger Probleme.

Gruss,
Carsten, trotz ca. 3000km/Jahr in der Stadt bislang von allem verschont.

P.S: na gut ... fast jedes Jahr einmal bei Glatteis hinlegen ... fällt aber unter eingeplant ;-)
 
Hallo Zeus

"Was das Verfahren wider Dich anbelangt: Das kann allenfalls die Staatsanwaltschaft. Nicht so viele Krimis schauen, hin und wieder mal in dei StPO gucken (§152) . In Betracht käme wohl "Klagemißbrauch" (§164 StGB). "

Ich habe einen Anhörungsbogen der Polizei auf dem Tisch liegen, in dem schriftliche Äußerung verlangt wird zu dem "von mir durch Unachtsamkeit verursachten Unfall" , mein Mann hat einen als Zeuge im "Ermittlungsverfahren" gegen mich. Ist das jetzt ein Verfahren oder nicht? Wohlgemerkt - ich bin die einzig Beteiligte am Unfall. Was also soll ein Ermittlungsverfahren gegen mich?

Es geht mir nicht um "mein Recht" - meine Schmerzen und mein kaputtes Fahrrad ersetzt mir niemand, da müßte ich privatrechtlich gegen die Stadt vorgehen und dafür sehe ich keine Chance.

Aber hier handelt es sich um eine Gefahrenquelle. Mein gestriges Telefonat mit dem zuständigen Bauhof hat ergeben, dass an genau dieser Stelle "immer wieder" was passiert. Aber man ist ja abgesichert mit dem Schild. Offenkundig reicht aber das Schild zur Gefahrenabwehr nicht aus, sonst würde es ja nicht immer wieder zu Unfällen kommen. Bei mir ist es glimpflich abgegangen - ich bin ziemlich durchtrainiert und habe dank guter Bemuskelung im Oberkörper viel abgefangen (habe immer noch Muskelkater in den Schultern). Ich habe schon vom ersten ähnlichen Unfall gehört, bei dem es zu Knochenbrüchen gekommen ist. Soll erst jemand sterben, damit Stadt/Bauhof sich mal Gedanken machen über eine Beseitigung der Gefahrenquelle?

Das "Mitdenken" für andere Verkehrsteilnehmer bezieht sich nicht auf diesen Fall, sondern darauf, mich gerenell nicht auf das korrekte Verhalten von Autofahrern zu verlassen und häufig auf meine Vorfahrt ("mein Recht") zugunsten meiner Gesundheit zu verzichten.

Grüße
Ingrid
 
Re: Eisenbahn ...

Die Spaziergänger mit Hund gehören allerdings schon weiter oben in die Nahrungskette... die Viecher sind ganz schön lästig wenn die einen harmlosen Jogger auf seiner Sonntagsrunde anknabbern wollen. Zitat Hundespaziergänger: "Der wü jo eh nur spün..." /phpapps/ubbthreads/images/icons/shocked.gif

Da hilft nur der Spefferspray... *fggg* :winke:

http://static.orf.at/community/user/2002-43/3380.gif
 
Re: Haftung

Hi René!
Ich denke, du spielst auf BGHSt 1, 260 an, allerdings hat da der Autofahrer den ohne Licht fahrenden Radfahrer angefahren...war schuldig bzgl. §222, aber es ging hauptsächlich um §330c, weil der Autofahrer erstmal weitergefahren ist. Zu seinem Glück war der Radfahrer eh tot, so dass eine Hilfeleistung nicht mehr möglich gewesen wäre.
LG,

Felix
 
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