Neurosen und Persönlichkeitsstörungen
Neurosen sind, in Abgrenzung zu Psychosen wie der Schizophrenie und der endogenen Depression, keine psychischen "Krankheiten". Sie sind "Varianten des seelischen Seins", die aus Anpassungsvorgängen des Individuums an seine Umwelt hervorgegangen sind. Eine Neurose ist sozusagen eine "Fehlanpassung", durch die auftretende Probleme nicht gelöst werden, sondern an "einer anderen Stelle wieder zum Vorschein treten". Diese Art der Anpassung kann in der früheren Entwicklung des Individuums (z.B. als Kind) durchaus seinen Sinn gehabt, ja zum Überleben notwendig gewesen sein, in einer späteren Phase (z.B. als Erwachsener) ist sie jedoch störend und führt zu einem subjektiven Leiden. In einer Problemsituation werden die früher erlernten Verhaltensweisen reaktiviert und führen zu einer "Problemlösung", die dem Leben des Betroffenen nicht mehr angemessen ist. Ein vereinfachtes Beispiel wäre z.B.: wenn ein Mensch nicht als Kind eine ausreichende Loslösung von der Mutterfigur lernen konnte, so wird er vielleicht auch in späteren Beziehungen das Bedürfnis nach einer übergroßen Nähe spüren, unselbständig sein und unter Trennungsängsten leiden.
Jeder von uns trägt neurotische Züge in sich; ein Behandlungsbedarf besteht jedoch nur dann, wenn es zu einer merklichen Einschränkung der Lebensqualität kommt. Eine Psychotherapie muß immer freiwillig erfolgen, d.h., sie hat keinen Sinn, wenn der Betroffene nur auf Grund von Druck seiner Umwelt (z.B. Familie) beim Therapeuten erscheint, ohne ein eigenes Bedürfnis für eine Therapie zu verspüren. Man schätzt, daß in Deutschland ca. 12-26% der Bevölkerung an einer Neurose leiden, wobei funktionelle Beschwerden und psychosomatische Erkrankungen (d.h. körperliche Beschwerden und Erkrankungen, die auf Grund einer psychischen Ursache entstehen) beinahe die Hälfte ausmachen.
Während eine Neurose nur bestimmte Anteile der Persönlichkeit des Betroffenen umfaßt, so das dieser im großen und ganzen ein "normales" Leben führen kann, erstreckt sich eine Persönlichkeitsstörung auf so weite Bereiche des gefühlsmäßigen Erlebens und der Beziehungsstrukturen, daß sie den Betroffenen in seiner Gesamtheit deutlich beeinträchtigt. Andere Begriffe mit ähnlicher Bedeutung sind z.B. "Charakterneurose" und "Kernneurose".
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