Patent für Ärzte?

Treets

New member
Mich würde mal interessieren ob das stimmt, dass ein Arzt auf eine OP-Methode - auch wenn sie von ihm entwickelt ist - ein Patent darauf haben kann. In dem Fall handelt es sich um eine Metalleinbringung zwischen den Wirbelkörpern nach Bandscheibenvorfällen.

a) weiß ich nicht was steifes metall zwischen den wirbelkörpern soll. meines wissen wird die bandscheibe eher abgetragen bzw. "verkocht" und

b) kann ich mir nicht vorstellen, dass ein arzt auf diese behandlung das patent hat, das hieße ja niemand anderes darf diese behandlung durchführen auch wenn sie nützt oder?

ich glaube da erzählt mir jemand wieder mal ganz großen stuss

lg treets
 
Natürlich geht das

Hi!

Im Prinzip muss ein Patent drei Bedingungen erfüllen: die Erfindung muss neu sein, sie muss auf einer erfinderischen Leistung beruhen und sie muss prinzipiell gewerblich nutzbar sein.

Zu a): ob das Patent sinnvoll ist oder nicht, ist irrelevant. Es reicht zu behaupten, dass es z.B. einer Verbesserung zum aktuellen Stand-der-Technik ist. Niemand (ausser vielleicht dem Mitbewerber) prüft, ob die Aussagen stimmen (ob sie evidence-based sind). Die Prüfung der o.g. Kriterien erfolgt anhand der bestehenden Literatur, nicht anhand der Wirklichkeit. Auf der anderen Seite sollte ein Patent Beispiele enthalten (in diesem Fall der positiven Wirksamkeit), tut es das nicht, ist es meistens nicht viel wert.

Zu b): Dir ist bekannt, dass wir in einer Markwirtschaft leben? Kein Medikament wird kostenlos verteilt. Kein Arzt behandelt seine Patienten für lau. Wenn der betroffene Arzt viel Zeit und Geld in das Verfahren investiert hat, warum soll er dafür nicht belohnt werden? Das Patent wird veröffentlicht, das ist doch besser, als wenn das Verfahren Geheimwissen des Arztes bleibt. Ausserdem: woher weisst Du, wie der Arzt das Patent nutzen will? Vielleicht will er ja dafür gar kein Geld, sondern nur verhindern, dass es von bösen, bösen Pharmafirmen ausgeschlachtet wird?

Im übrigen bietet das Patentrecht genügend Lücken. Geforscht werden darf weiterhin und selbst durch eine geringfügige Änderung kann das Patent umgangen werden. Ich weiss jetzt nicht, was ist, wenn jemand anderes nachweislich keine gewerbliche Interessen hat und dieses Verfahren anwendet, sprich wenn der behandelnde Arzt dies umsonst macht.

Gruß,
Oliver

PS: Hast Du die Patentnummer, dann könnte man mal reingucken.
 
Re: Aber mal anders gefragt....

Hi Oliver,

angenommen, jemand erfindet eine Behandlungsmethode gegen Krebs oder Aids und lässt sich die patentieren.

Heißt das dann, dass alle anderen Ärzte die Methode nur anwenden dürfen, wenn sie dafür Lizenzgebühren bezahlen? Was ist, wenn jemand im Sterben liegt und nur diese Methode ihm noch helfen kann, sein Arzt aber nicht bereit ist, die Gebühren zu zahlen?

Finde ich ja schon abartig.

Gruß Ilona

http://www.ilona-s.de/pics/ilona_1.jpg
 
Re: Natürlich geht das

nein, hab natürlich keine patentnummer. aber wenn die behandlung wirklich so erfolgreich und einmalig wäre, wärs doch bekannt oder?

und was wäre mit den ganzen errungenschaften z.b. in bezug auf transplantationen oder künstl. hüftgelenk. haben diejenigen einfach alle versäumt ein patent darauf anzumelden?

gruß treets
 
Re: Natürlich geht das

Hi!

Na, dann frag doch den, der Dir das erzählt hat nach der Nummer. Weiss der die nicht, beschimpfe ihn als Schwätzer! ;-)

Ein Patent hat nichts damit zu tun, ob ein Verfahren angewendet wird (im Englisch-Sprachigen heisst es so schön: "practice the art"). Es gibt Patente, die werden nie realisiert und Verfahren, die werden nie patentiert.

Was heisst "versäumt"? Es ist jedem Erfindern freigestellt, mit seiner Erfindung das zu machen, was er will: sie veröffentlichen, sie patentieren oder sie in der Schublade verschimmeln lassen. Und wenn ein Patent abgelaufen ist, darf sowieso jeder das Beschriebene nachmachen.

Also nochmal: ein Patent gibt mir das Recht, meine Erfindung zu schützen. Was ich dann mit diesem erteilten Schutzrecht anfange, ist wieder eine ganz andere Geschichte.

Gruß,
Oliver
 
Re: Aber mal anders gefragt....

Hallo Ilona!

Wie gesagt, ich weiss nicht, wie es rein patentrechtlich ist, wenn ein behandelnder Arzt mit diesem Verfahren kein Geld verdient. Aber sollte er es gewerblich einsetzen, verstösst er gegen das Patentrecht.

Ich denke nicht, das das wirklich ein Problem des behandelnden Arztes ist. Hat er einen Patienten wird er alles zu seiner Verfügung stehende einsetzen, um ihm zu helfen. Das Problem ist eher indirekter Natur: braucht der Arzt ein bestimmtes Medikament oder ein anderes Hilfsmittel (z.B. der metallische Wirbelkörper im Ursprungsposting), dann muss es ja von irgendjemanden hergestellt worden sein. Dieser Hersteller verdient nunmal auch sein Geld damit. _Hier_ erfolgt dann ganz eindeutig ein Verstoss gegen das Patentrecht.

Aids in Afrika ist ein "klassisches" Beispiel. Die Leute dort haben kein Geld, so dass sie die europäischen oder amerikanischen Medikamente nicht kaufen können. Selber produzieren wäre viel billiger (ist auch in den Patentschriften beschrieben), ist aber leider verboten (Patentrecht). Was machen also die betroffenen Länder: sie hebeln das Patentrecht aus. Das können sich die Pharmafirmen nicht erlauben und wandeln sich zu grossen Rettern, die auf ein Mal selbstlos billige Medikamente an die leidende Bevölkerung verteilen.

Betriebswirtschaftilche Konsequenz daraus: Patente werden nur angemeldet in der EU, USA, Kanada, Japan, Australien und Neuseeland. Alles andere ist sowieso uninteressant.

Wo Du sagst "abartig": auf den ersten Blick sicher. Ich habe noch die Worte eines Bayer-Vertreters in den Ohren, der meinte unter potentiellen 200 Millionen DM Gewinn (!) würden sie erst gar nicht anfangen nach neuen Medikamenten zu forschen. Klingt natürlich pervers, aber wenn man drüber nachdenkt, besteht die Welt nur aus sehr wenigen Heiligen. Für den (echten) Fortschritt müssen die Leute einen persönlichen Anreiz erhalten, die diesen Forschritt hervor bringen. Ich bin überzeugt davon, dass wir ohne die Marktwirtschaft heute auch gesundheitlich wesentlich schlechter gestellt wären.

Gruß,
Oliver
 
Hi Treets,


Eine Erfindung muß technischen Charakter aufweisen oder - anders ausgedrückt - einen technischen Beitrag zum Stand der Technik leisten. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn sich die Patentanmeldung oder das Patent auf mathematische Methoden, Regeln und Verfahren für gedankliche oder geschäftliche Tätigkeiten, auf die Wiedergabe von Informationen oder auf Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche bezieht

[...] nicht patentfähigen Dinge sind alle entweder abstrakter Art (z. B. Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien usw.) oder nicht technischer Natur (z. B. ästhetische Formschöpfungen oder Wiedergabe von Informationen). [...] Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden [gelten] nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen.

Aus http://www.european-patent-office.org/legal/case_law/d/I_A.htm

[Bandscheibenvorfall:]
1) Endoskopische Laserverdampfung (eigenes US-Patent)
Hierbei wird CT- oder BV- gesteuert ein Führungsdraht in das betroffene Segment von hinten eingeführt, darüber eine Hülse vorgeschoben. Jetzt kann ein flexibles Endoskop mit Laserfaser eingeführt werden. Mit einer Pumpe wird Flüssigkeit in den Spinalkanal gepumpt, so dass die Operation "unter Wasser" stattfindet. Mit Laserstrahl wird der Prolaps verdampft.

Aus http://www.sportklinik.de/sites/opinfo/html/wirbel.html

Aber auch in Europa gehts, wenn auch nur 'hintenrum':

Was ist Kyphoplastie
[...] Zunächst wird ein Ballonkatheter über eine Kanüle direkt in den gebrochenen Wirbel eingeführt. Dieser Ballon wird mit einer Röntgenkontrastflüssigkeit aufgeblasen, um den Wirbel wieder aufzurichten. Danach wird der Ballon abgelassen und entfernt. In den geschaffenen Hohlraum wird Knochenzement eingefüllt.[...] 4.000 Euro. Größter Kostenfaktor ist der Ballonkatheter, der durch ein Patent geschützt ist.

http://www.kyphoplastie.de/e1/e11/index_ger.html

Gruss,
Carsten
 
Re: Aber mal anders gefragt....

Hi Oliver,

danke für die ausführliche Antwort. Ich habe es verstanden. Vor meinem Auge baute sich nur folgendes Horrorszenario auf: Ich liege totkrank im Bett, davor der Arzt bedauernd lächelnd und mir erklärend, dass es zwar eine Methode gibt, wie ich wieder gesund werde, er sie aber leider, leider nicht anwenden kann, weil jemand anders das Patent darauf hat und für die Nutzung Kohle will und momentan wäre er gerade nicht so flüssig.

Aber das Beispiel Aids in Afrika beweist ja, dass es keine solche Phantasterei ist.... leider.

In Antwort auf:

Für den (echten) Fortschritt müssen die Leute einen persönlichen Anreiz erhalten, die diesen Forschritt hervor bringen. Ich bin überzeugt davon, dass wir ohne die Marktwirtschaft heute auch gesundheitlich wesentlich schlechter gestellt wären.

Wem sagst du das? Ich bin in einer Planwirtschaft groß geworden.

Gruß Ilona

http://www.ilona-s.de/pics/ilona_1.jpg
 
Das Problem für Ärzte, die ein Patent gemacht haben ist eher ein anderes. Wenn es wirklich was neues, innovatives, revolutionäres ist, dann wird der Arzt von seinen Kollegen so lange geschnitten, bis er tod ist. Die meisten wirklich wichtigen Entdecker in der Medizin haben ihren Ruhm nicht selber miterleben dürfen (s. mein Untertitel). Viele sind verarmt und einsam gestorben. Solche ärztlichen Ereiferer (stets alles Besserwisser) wie hier im Forum welche, die jegliches Neue erst mal zertrampeln (bevor sie es sich angucken), gibts genug.

MFG Siggi
 
"Tod": Substantiv, "tot": Adjektiv

schönen gruß vom besserwisser:winke:
(der offensichtlich wirklich vieles besser als du weiß)
 
In Antwort auf:

Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden [gelten] nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen.

Ah, damit sind medizinische Eingriffe per defitionem nicht gewerblich. Schön, das Patentrecht ist also doch nicht so schlecht, wie alle glauben.

Ich habe noch ein wenig auf den von Dir angegebenen Seiten rumgesurft, bei kosmetischen Operationen etc. scheint es eine Grauzone zu geben. Aber das ist ja wohl OK.

Gruß,
Oliver
 
Re: "Tod": Substantiv, "tot": Adjektiv

Kurt,

verstehe dich wer will. Typisch Mediziner. Wenn sie fachlich nichts zu sagen haben, wühlen sie in der Orthographie rum. Das sieht man z.B. an den vielen Umbenennungen des DM-2.

Aber auf jeden Fall bist du sofort angesprungen auf den Zaunpfahl - das spricht Bände. Lach.

MFG Siggi

PS: Wer Schreibfehler findet, darf sie gerne behalten. Keine Rücknahme-Garantie.
 
Siggi, schau mal .....

Zitat von dir, nur 2 1/2 Tage früher...

"Kurt - bist du eingentlich auch ein "native Speaker" bei den vielen orthographischen Fehlern jetzt? oder klemmen bei dir auch die Tastatur-Tasten?

MFG Siggi"

Bist du doch ein "heimlicher" Mediziner ;-)
 
@ ..Paul

habe da kein Problem - stehe zu meinen Fehlern (im Gegensatz zu Forengöttern).

MFG Siggi
 
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