Krebs aus deutschen Landen
Acrylamid in der Nahrung
Die Meldung sorgte für Wirbel: Der krebserregende Stoff Acrylamid wurde von schwedischen Wissenschaftlern in Kartoffelprodukten gefunden. "Warten" hieß in Deutschland die Devise - doch allmählich gelangen die "ersten Erkenntnisse" auf immer sicherere wissenschaftliche Grundlage.
Betroffen seien Kartoffelchips, Pommes, aber auch viele andere frittierte oder hocherhitzte Produkte. "Ursprünglich hatte die Universität Stockholm herausgefunden, dass auch Menschen, die beruflich nie mit Acrylamid in Berührung gekommen sind, ungewöhnlich hohe Mengen davon im Blut hatten - und es stellte sich einfach die Frage, woher das wohl kommt!", so Dr. Leif Busk vom Schwedischen Amt für Lebensmittel. Acrylamid wird in Verpackungsmaterialien eingesetzt. Von dort kann es auch in die Nahrung wandern.
Doch weil es gleichzeitig als erbgutverändernd und krebserregend gilt, müssen die Hersteller garantieren, dass maximal zehn Mikrogramm in ein Kilogramm Lebensmittel wandern kann. Selbst für äußerliche Anwendung wollten die zuständigen deutschen Behörden kein Risiko eingehen. Auch Kosmetika dürfen hier nur wenige Mikrogramm Acrylamid enthalten.
Bisher konnte man Acrylamid nur in wässrigen Stoffen nachweisen. Die Schweden entwickelten ein Messverfahren, das auch mit festen Stoffen funktioniert. Es ist nicht die einzige existierende Methode - aber die einzige, die mit vertretbarem Aufwand optimale Ergebnisse liefert. Sie ist nach den gleichen Kriterien entwickelt worden, wie jedes amtliche Meßverfahren. Die Ergebnisse wurden ständig mit den bislang bekannten Methoden überprüft. Seit langem war geplant, alle Details Anfang Juni in einer Fachzeitschrift veröffentlichen.
Doch die Messwerte der ersten hundert Proben waren so extrem hoch, daß die Schweden vorzeitig Alarm schlugen, Dr. Busk: "Wenn man die Mengen vergleicht, die in Tierversuchen Krebs auslösen und die wir in manchen Nahrungsmitteln aufnehmen, dann ist der Unterschied sehr klein. Ich nenne das lieber Warnsignal als Risiko - aber dies Warnsignal ist sehr viel größer als bei irgend einem anderen Stoff, mit dem wir es in den letzten dreißig Jahren zu tun hatten."
Die zuständige deutsche Behörde lud kurzfristig zu einer Expertenanhörung - und die empfahl erst einmal, weitere Informationen abzuwarten. Doch inzwischen wurden in England bei Pommes sogar schon zehnfach höhere Acrylamidwerte gefunden als in Schweden - jetzt wird der Leiter des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz. Dr. Dieter Arnold: "Man muss davon ausgehen, dass tatsächlich Acrylamid in den fraglichen Lebensmitteln ist, man muß glauben, daß das, was die Schweden gefunden haben tatsächlich ein Problem ist! "
Seit den siebziger Jahren nimmt der Konsum frittierter Produkte kontinuierlich zu - müsste man nicht eigentlich auch in der Bevölkerung einen statistischen Zusammenhang mit tatsächlichen Krebsfällen erkennen ? Doch auch dazu ist mittlerweile eine schwedische Studie aufgetaucht - mit fast schon absurder Vorgeschichte, wie sich Dr. Leif Busk erinnert: "Sie wurde gemacht, um einen Zusammenhang zwischen frittiertem Fleisch und Krebs zu zeigen. Das Essverhalten gesunder und krebskranker Menschen wurde verglichen, aber die Studie ergab keinen solchen Zusammenhang. Aber einen zwischen frittierten Kartoffeln und Krebs! Doch damals wusste man nichts von Acrylamid und deshalb hat man es abgetan und weggelegt, als eine Art Zufall."
Mittlerweile weiß man aber nun, dass Kartoffelchips oder Pommes zwischen 300 und 2300 Mikrogramm Acylamid pro Kilogramm enthalten. Obwohl Knäckebrot nicht aus Kartoffeln besteht, enthält es Stärke, wird heiß und lange gebacken und ist ähnlich belastet wie auch Frühstücks-Cerealien. Damit werden die Richtwerte mehr als 100-fach überschritten. "Wir können Brot, Chips und Pommes nicht verbieten", meint Dr. Dieter Arnold. "Wir müssen zunächst einmal gucken, dass wir die Prozesse in den Griff bekommen, so dass dieser Stoff nicht mehr oder in sehr viel geringerem Ausmaß entsteht."
Möglich wäre dies durch eine geschickte Veränderung der Produktionsprozesse und der Rezeptur. Doch bis dahin muss man erst einmal erforschen, wie der Stoff eigentlich genau entsteht - sicher ist im Moment nur, dass eine Senkung der Temperatur in jedem Fall hilft.
"Wenn man das Problem überhaupt nicht in den Griff kriegt, dann wird man nicht Fritten oder Chips verbieten", so Dr. Arnold, "aber dann müssen die Risikomanager, die Politiker und die Entscheidungsträger sich wirklich überlegen, ob man nicht Warnhinweise anbringen soll, oder die Bevölkerung aufklären soll, was sie für ein Risiko eingeht."
Warum aber warnt man nicht schon jetzt? "Was wir nicht machen können, ist, vor einzelnen Marken zu warnen. Denn wenn wir jetzt durch die Schweden eine einzige Analyse einer bestimmten Marke haben, das rechtfertigt nicht, dass man dann anfängt, vor einzelnen Marken zu warnen."
Acrylamid in der Nahrung
Die Meldung sorgte für Wirbel: Der krebserregende Stoff Acrylamid wurde von schwedischen Wissenschaftlern in Kartoffelprodukten gefunden. "Warten" hieß in Deutschland die Devise - doch allmählich gelangen die "ersten Erkenntnisse" auf immer sicherere wissenschaftliche Grundlage.
Betroffen seien Kartoffelchips, Pommes, aber auch viele andere frittierte oder hocherhitzte Produkte. "Ursprünglich hatte die Universität Stockholm herausgefunden, dass auch Menschen, die beruflich nie mit Acrylamid in Berührung gekommen sind, ungewöhnlich hohe Mengen davon im Blut hatten - und es stellte sich einfach die Frage, woher das wohl kommt!", so Dr. Leif Busk vom Schwedischen Amt für Lebensmittel. Acrylamid wird in Verpackungsmaterialien eingesetzt. Von dort kann es auch in die Nahrung wandern.
Doch weil es gleichzeitig als erbgutverändernd und krebserregend gilt, müssen die Hersteller garantieren, dass maximal zehn Mikrogramm in ein Kilogramm Lebensmittel wandern kann. Selbst für äußerliche Anwendung wollten die zuständigen deutschen Behörden kein Risiko eingehen. Auch Kosmetika dürfen hier nur wenige Mikrogramm Acrylamid enthalten.
Bisher konnte man Acrylamid nur in wässrigen Stoffen nachweisen. Die Schweden entwickelten ein Messverfahren, das auch mit festen Stoffen funktioniert. Es ist nicht die einzige existierende Methode - aber die einzige, die mit vertretbarem Aufwand optimale Ergebnisse liefert. Sie ist nach den gleichen Kriterien entwickelt worden, wie jedes amtliche Meßverfahren. Die Ergebnisse wurden ständig mit den bislang bekannten Methoden überprüft. Seit langem war geplant, alle Details Anfang Juni in einer Fachzeitschrift veröffentlichen.
Doch die Messwerte der ersten hundert Proben waren so extrem hoch, daß die Schweden vorzeitig Alarm schlugen, Dr. Busk: "Wenn man die Mengen vergleicht, die in Tierversuchen Krebs auslösen und die wir in manchen Nahrungsmitteln aufnehmen, dann ist der Unterschied sehr klein. Ich nenne das lieber Warnsignal als Risiko - aber dies Warnsignal ist sehr viel größer als bei irgend einem anderen Stoff, mit dem wir es in den letzten dreißig Jahren zu tun hatten."
Die zuständige deutsche Behörde lud kurzfristig zu einer Expertenanhörung - und die empfahl erst einmal, weitere Informationen abzuwarten. Doch inzwischen wurden in England bei Pommes sogar schon zehnfach höhere Acrylamidwerte gefunden als in Schweden - jetzt wird der Leiter des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz. Dr. Dieter Arnold: "Man muss davon ausgehen, dass tatsächlich Acrylamid in den fraglichen Lebensmitteln ist, man muß glauben, daß das, was die Schweden gefunden haben tatsächlich ein Problem ist! "
Seit den siebziger Jahren nimmt der Konsum frittierter Produkte kontinuierlich zu - müsste man nicht eigentlich auch in der Bevölkerung einen statistischen Zusammenhang mit tatsächlichen Krebsfällen erkennen ? Doch auch dazu ist mittlerweile eine schwedische Studie aufgetaucht - mit fast schon absurder Vorgeschichte, wie sich Dr. Leif Busk erinnert: "Sie wurde gemacht, um einen Zusammenhang zwischen frittiertem Fleisch und Krebs zu zeigen. Das Essverhalten gesunder und krebskranker Menschen wurde verglichen, aber die Studie ergab keinen solchen Zusammenhang. Aber einen zwischen frittierten Kartoffeln und Krebs! Doch damals wusste man nichts von Acrylamid und deshalb hat man es abgetan und weggelegt, als eine Art Zufall."
Mittlerweile weiß man aber nun, dass Kartoffelchips oder Pommes zwischen 300 und 2300 Mikrogramm Acylamid pro Kilogramm enthalten. Obwohl Knäckebrot nicht aus Kartoffeln besteht, enthält es Stärke, wird heiß und lange gebacken und ist ähnlich belastet wie auch Frühstücks-Cerealien. Damit werden die Richtwerte mehr als 100-fach überschritten. "Wir können Brot, Chips und Pommes nicht verbieten", meint Dr. Dieter Arnold. "Wir müssen zunächst einmal gucken, dass wir die Prozesse in den Griff bekommen, so dass dieser Stoff nicht mehr oder in sehr viel geringerem Ausmaß entsteht."
Möglich wäre dies durch eine geschickte Veränderung der Produktionsprozesse und der Rezeptur. Doch bis dahin muss man erst einmal erforschen, wie der Stoff eigentlich genau entsteht - sicher ist im Moment nur, dass eine Senkung der Temperatur in jedem Fall hilft.
"Wenn man das Problem überhaupt nicht in den Griff kriegt, dann wird man nicht Fritten oder Chips verbieten", so Dr. Arnold, "aber dann müssen die Risikomanager, die Politiker und die Entscheidungsträger sich wirklich überlegen, ob man nicht Warnhinweise anbringen soll, oder die Bevölkerung aufklären soll, was sie für ein Risiko eingeht."
Warum aber warnt man nicht schon jetzt? "Was wir nicht machen können, ist, vor einzelnen Marken zu warnen. Denn wenn wir jetzt durch die Schweden eine einzige Analyse einer bestimmten Marke haben, das rechtfertigt nicht, dass man dann anfängt, vor einzelnen Marken zu warnen."