Kein Adonis, keine Komplexe... (meine Gedanken)

frank_cycle

New member
Hallo Kurt!

Du hast gerade an anderer Stelle geschrieben: "das entscheidende kriterium einer körperdysmorphen störung ist der leidensdruck, und der besteht ja offensichtlich bei dir."

<font color=blue>Ich frage mich, ob Leidensdruck an sich so verkehrt ist.</font color=blue>

Solange man mit seinem Zustand nicht unzufrieden ist, besteht auch wenig Grund, ihn zu ändern. Wird er nicht erst dann zum Problem, wenn er sich auf unrealistische Zielvorstellungen fixiert?

Ich habe in diesem Sommer noch gut über zwei Zentner auf die Waage gebracht, trotz regelmäßigem Sport. Unfit habe ich mich dabei nicht gefühlt - trotz BMI von knapp 30 - aber zufrieden war ich mit meiner Figur auch nicht. Dann hat es bei mir "klick" gemacht und ich habe den Entschluß gefaßt, meinem Übergewicht ein für alle mal "Lebewohl" zu sagen und dieses Mal jeden Schritt zu gehen, bis ich am Ziel angekommen bin.

Was dieses Ziel unrealistisch? Mit einer ausgewogenen, fettarmen Ernährung und bis zu 9 Wochen Sport pro Woche habe ich es nach ungefähr 4 Monaten erreicht: Bin 17kg leichter und erfreue mich eines Gewichts von 85kg [BMI: 24,7].

Bin ich zufrieden?

Auf der einen Seite schon. Es ist großartig, sich ein nicht ganz kleines Ziel zu stecken und es in relativ kurzer Zeit erreicht zu haben. Es ist großartig, wie ich mich jetzt fühle - wie leicht das Laufen auf einmal ist - wie leistungsfähig ich bin. Wie gut ich mich fühle. Wie anders ich von anderen wahrgenommen werde.

Auf der anderen Seite: Noch nicht ganz. Wenn ich mich im Spiegel anschaue - und dafür fühle ich mich noch nicht zu alt, obwohl auch schon gut in den 30ern :lol:- gibt es Dinge, die mir noch nicht gefallen. Am Bauch und an den Hüften ist es mir noch zu rund. Etwas mehr Muskeln hier und da könnten auch sein.

Ich werde weiter an mir arbeiten, um meine Möglichkeiten besser auszuschöpfen - ohne mir unrealistische Ziele zu setzen. Deshalb hatte ich vor längerer Zeit mal nach dem berüchtigten Waschbrettbauch gefragt - nicht weil ich ihn unbedingt haben muß, sondern weil ich mich gefragt habe, ob er ein realistisches Ziel ist. (Aber ich denke, den sollte ich mir - genetische Disposition hin oder her - als jemand, der zu einer unrühmlichen Zeit mal bis 114kg gewogen hat, einfach abschminken - das Gewebe hat da schon etwas gelitten.)

Jedenfalls denke ich, daß man durchaus einen gewissen Leidensdruck haben kann, an einem unbefriedigenden Körperzustand zu arbeiten, ohne deshalb gleich eine körperdysmorphe Störung oder einen Adoniskomplex zu haben.

Was meinst Du, Kurt?

Frank
 
Re: bravo ! die menge jubelt :) meine meinung!! oT
 
Leidensdruck ist was anderes??!!

Hi Frank
Habe die Bedeutung des Leidensdrucks anders verstanden:
Jemand hat eine körperdysmorphe Störung, die ihn in erheblichem Masse zu einem krassen Verhalten zwingt. Der Betreffende handelt also nicht freiwillig und aus eigener Motivation, sondern eben zwanghaft - er muss einfach! Ingesamt besteht also ein Leidensdruck im doppelten Sinne:
Einmal wegen der körperdysmophen Störung und einmal wegen diesem inneren Zwang!

Bei dir liegt der Fall wohl anders: Du bis zwar teilweise unzufrieden mit deinem äusseren, aber leidest du wirklich darunter (seelischer Schmerz) ?
Zum anderen nimmst du es sportlich und willst "an dir arbeiten" - du empfindest also eine Art Motivation zum Training und keinen Druck, unbedingt trainieren zu müssen.

Siehst du den kleinen, aber feinen Unterschied?!

Grüsse
Rik
 
Re: Leidensdruck ist was anderes??!!

Hallo Rik,

ja, das könnte sein:

Leidensdruck habe ich als etwas verstanden, was mich so sehr stört (mich unzufrieden macht), daß ich die Eigenmotivation aufbringe, es zu ändern. Gezwungen oder getrieben fühle ich mich nicht. Aber entschlossen, ein Ziel zu verfolgen. Der Unterschied zu einer Zwangserkrankung ist evident.

Frank
 
Re: Leidensdruck ist was anderes??!!

Ja, das entscheidende Kriterium ist der Zwang, das hat Kurt auch gemeint, war wohl dann eher ein Missverständnis. Zwang ist zB, wenn man trotz Krankheit weitertrainieren muss, etc....
Dass für ein ordentliches KT (oder Leistungssport) ein gewisser Hang zum Masochismus vorhanden sein muss, steht für mich ausser Frage :)...
Gruss,

Felix

http://home.pages.at/fitnessfreak/002.jpg
 
Re: Leidensdruck ist was anderes??!!

Hi Frank
so ist es! die Grenzen sind aber fliessend. Beispiel: Ist es schon zwangshaft, wenn man den "inneren Schweinehund" überwinden muss? Meiner Meinung nach Nein. Oder ist es zwangshaft, stur bei jedem Wetter laufen zu gehen? Meiner Meinung nach Nein.
Wo das zwanghafte einsetzt ist sicherlich dort, wo der Zwang ein derartiges Übermass annimmt, dass man sich selbst nicht mehr steuern kann und dann eben zwangsgetrieben agiert.

Das liegt bei dir sicherlich nicht vor, weil du ja eben aus dir selbt heraus die Motvation nimmst, den jetztigen Zustand zu ändern.

Zum Vergleich: Jemand der praktisch Tag und Nacht arbeitet um seine wirtschaftliche Lage zu verbessern, eine Familie durchzufüttern oder die Wohnungsmiete zahlen zu können, ist kein Workaholic (wie schreibt man das richtig?? /phpapps/ubbthreads/images/icons/blush.gif).
Ein solcher arbeitet Tag und Nacht, weil er einen Zwang verspürt. Er kann einfach nicht anders.

Grüsse
Rik
 
Leidensdruck versus Motivation

hallo frank,
was du geschildert hast, ist nicht die zwanghafte unzufriedenheit einer körperdysmorphen störung, sondern eine, die dich zu einer lifestyle-änderung motiviert hat. eine zwangsstörung führt aber nie zu einer änderung des lifestyles, der betroffene ist quasi in seinem wie in einem käfig gefangen und hat auch keine motivation, diesen zustand zu ändern. in diesem war der leidensdruck gemeint. deshalb ist eine kognitive verhaltenstherapie bei allen zwangsstörungen (incl. essstörungen) so wichtig.
gratuliere zu deiner lifestyle-änderung!:winke: ich hoffe nur, du übertreibst deine erwartungen nicht (wie schon einmal gesagt...)

gruß, kurt
 
noch kleine Ergänzung

der betroffene ist quasi in seinem wie in einem käfig gefangen und hat auch keine motivation, diesen zustand zu ändern.
Volle Zustimmung und Ergänzung:
Es geht nicht nur um die Motivation, diesen Zustand zu ändern, sondern auch um die "Macht", diesen zustand ändern zu können. Solange der von Kurt beschriebene Käfig stärker ist als die eigene Befreiungskraft, hilft alles nix!

Grüsse
Rik
 
Re: Leidensdruck ist was anderes??!!

Anders als hier und da seinem inneren Schweinehund zu erklären, wo er jetzt langzulaufen hat, geht es fast nicht.

Obwohl eins meiner Mottos ist: "Es muß immer noch Spaß machen." Wenn ich mich täglich knechten müßte, wäre das zumindest am Anfang wohl der Einstieg in den Ausstieg gewesen. Mittlerweile habe ich wohl die Motivation, mich auch mal "durchzubeißen", wenn die Begeisterung etwas flauer ist.

Und ich finde es hilfreich, nicht die Nase aus dem Fenster stecken und die Entscheidung treffen zu müssen, ob ich Rad fahre. Daß ich Rad fahre, ist beschlossene Sache. Ich muß nur noch die Entscheidung treffen, was ich dafür anziehe.:lol:

OK, bei sintflutartigem Regen schiebe ich mein Trainingspensum auch schon mal ein wenig in der Woche umher...aber das ist schon ziemlich selten, daß es längere Zeit wie aus Eimern schüttet.

Aber ich stimme Dir zu: Die Grenzen sind fließend, und ich weiß nicht, ob jemand, der sie überschritten hat, das so empfindet. Ist es nicht ein typisches Merkmal von suchtartigem Verhalten, daß der Betroffene sagt: "Ja klar - wenn ich wollte, könnte ich jederzeit aufhören..."

Frank
 
Re: Leidensdruck versus Motivation

Hallo Kurt,

danke - mit diesem Lifestyle geht es mir gleich wesentlich besser, und ich nehme an, auch auf längere Sicht gesehen:

Ich habe keine Lust, mir und meinem Körper die verbreiteten "Zuvielisationskrankheiten" anzutun, und bin bereit, meinen Lebensstil entsprechend zu gestalten. Besser als der Versuch, Schadensbegrenzung zu treiben, wenn der Körper nach jahrelanger Mißhandlung schon geschädigt ist.

Ich hoffe, ich bleibe mit meinen Erwartungen "auf dem Teppich", und falls nicht, daß mich jemand wieder zurückholt. :)

Frank
 
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