Sehr schönes Thema.
So ungefähr die gleichen Gedanken hatte und habe ich auch immer wieder.
Also.
Zum einen ist Mike Mentzer auch nur ein Mensch gewesen. Also auch er konnte irren.
So schön und gut sich auch all seine Theorien anhören, ob man ihnen zu 100 % folgt, soll einmal dahingestellt sein. Ich glaube auch, daß er das vielleicht gar nicht wollte. Schließlich war er selber jemand, der sich zu der Zeit, als er mit seinen Prinzipien an die Öffentlichkeit ging, sehr unbeliebt gemacht hat. So denke ich, daß er es auch lieber sehe, wenn jemand durch seine Bücher mehr über sein Training nachdenkt, als nur alles nachzumachen, was irgendwelche Profi-Bodybuilder propagieren.
Gehen wir mal auf Deine drei Punkte ein.
Aerobes Training
In
Heavy Duty Journal beschreibt er seine Wettkampf-Vorbereitung.
Unter anderem steht auf Seite 94
"2. In der Vergangenheit hungerte ich bei Diäten mit 800 Kalorien täglich, trieb jedoch sehr wenig aerobe Sportarten, um in Form zu kommen. Bei meiner Vorbereitung auf diesen Wettkampf stellte ich fest, daß es besser ist, die Kalorienzufuhr höher zu halten und mehr Kalorien durch verstärkte Aktivität zu verbrennen. Das ist besser für Körper und Psyche."
So steht in seinem Tagebuch der Wettkampf-Vorbereitung, daß er am 2. September 1979 9 km joggte, am darauffolgenden Tag 4,8 Km.
Er war also nicht gegen aerobes Training.
Und selbst wenn. Wenn es Dir gut tut, warum solltest Du dann keines machen?
Dehnen
Stimmt. In dem Video sagt er, daß zusätzliches Dehnen unnötig sei, wenn man die Übungen im vollen Bewegungsradius ausführt, da dort bereits gedehnt wird.
Ok, es wird dort zwar auch gedehnt. Aber trotzdem dehne ich zusätzlich. Und zwar weil ich mich beim Training auf die Übung und den Muskel konzentriere. Nicht darauf, möglichst gut zu dehnen. Außerdem könnte es auch gefährlich werden. Schließlich hat man es ja mit Gewichten zu tun. Da höre ich lieber in meinen Körper, ob ich noch eine WH schaffe. Da habe ich also quasi keine Zeit, mich auf´s Dehnen zu konzentrieren. Außerdem, damit es etwas bringt müßtest Du die gedehnte Position ja um die 20 sek. halten. Da widerspricht Mentzer sich also quasi selber. Schließlich predigte er ja, jegliches "Momentum" im Training zu vermeiden. Also beim Bankdrücken in der unteren Position (welche ja in diesem Falle die Dehn-Position wäre) lange zu verharren.
Aufwärmen
Zitat aus
Heavy Duty , Seite 73:
"Es ist wichtig, vor Trainingsbeginn die Muskeln aufzuwärmen, die trainiert werden sollen. Allerdings ist es nicht nötig, daß sie mehr als das erforderliche Minimum an Übungen zur Dehnung der Muskeln, an Aerobic oder an irgendwelchen weiteren Übungen absolvieren als notwendig ist, um die Lockerung und gute Durchblutung jener Muskeln und Gelenke zu gewährleisten, die sie speziell an diesem Tag trainieren wollen."
Im weiteren Text rät er dann zu ein bis zwei leichten Aufwärmsätzen mit steigendem Gewicht der ersten Übung des Trainings.
Abschließend steht noch auf Seite 75:
"Verwandeln Sie Ihre Aufwärmphase nicht in ein Training; machen Sie nur das unbedingt Nötige."
Meine Meinung zu diesem Thema ist folgende. Es ist mit Sicherheit ein Unterschied, ob jemand wie Mentzer; oder vergleichbare Athleten mit Muskelmasse in solch einem Umfang; ein, zwei Sätze Bankdrücken zum Aufwärmen machen, oder jemand wie wir.
Je größer der Muskel, umso größer die nötige Durchblutung. Dadurch wird natürlich auch der gesamte Körper mit durchblutet und aufgewärmt; da das Herz ja nun einmal nicht einen Muskel allein mit Blut versorgen kann.
Ich sehe also kein Problem darin, vor dem Training 10 bis 15 Minuten
leichtes aerobes Training zu machen.
Ich komme mit 10 Minuten gut klar. Dabei steigere ich die Belastung nach 5 Minuten langsam. Und zwar so, daß ich nach den 10 Minuten "warm" bin. Nicht am Schwitzen, aber doch so, daß ich mich warm fühle. Ist schwer zu beschreiben, aber der Puls liegt dann so am Ende bei 140 Schlägen, und meine Haut fühlt sich warm an. Das ist so der Punkt, wo man kurz vorm Schwitzen ist.
Dann mache ich die Gewichte fertig, und sobald ich das gemacht habe, ist mein Puls wieder ruhig. Dann dehne ich die an dem Tag anliegenden Muskeln kurz (je Muskel 20 sek. halten), und mache einen leichten Aufwärmsatz.
So mache ich bei meinem Brusttag einen leichten Satz Bankdrücken, bei meinem Rückentag einen leichten Satz Überzüge und bei meinem Beintag einen leichten Satz Kniebeugen. Bei dem Beintag mache ich aber noch vor dem Arbeitssatz Beinstrecken einen leichten Satz dieser Übung, da es mir sonst zu sehr auf die Gelenke geht, wenn ich es nicht mache.
Nimm Dir Mentzer´s Bücher als Grundgerüst, und versuche auf dieser Basis das für Dich optimale herauszufinden.
Ich zweifelte auch schon öfter an den Grundprinzipien. Erhöhte daraufhin das Volumen, etc. Dadurch wurde es jedoch nicht besse, sondern nur schlimmer.
Zum Beispiel bei meinem letzen "Trainingsloch". Ich hatte keinen Bock mehr, es kam nichts mehr, und ich war schon drauf und dran, öfter zu trainieren. Oder die Sätze zu erhöhen, oder ähnliches.
Bis mir dann, leider erst nach zwei bis drei Wochen, meine Fehler klar wurden.
Zum einen habe ich es Cardio-mäßig übertrieben. Ich habe nämlich kurz vor diesem "Loch" das Intervall-Training zum ersten mal probiert, und blieb dabei. Anstatt, wie bislang, 3 bis 4 mal die Woche Cardio-Einheiten von 30 bis 60 Minuten bei moderater Intensität zu machen, machte ich 3 Intervall-Einheiten von 30 Minuten. Wer schon einmal Cardio in Intervallen gemacht hat weiß, daß dieses den Körper ziemlich belastet. Ich hatte danach immer fast das gleiche Gefühl, wie nach einer anstrengenden Trainingseinheit. Ich vermute daher, daß es auch auf das Nervensystem ähnlich wie ein HIT-Training wirkt.
Und der zweite, wahrscheinlich größere, Fehler war der, daß ich meine geplante Trainingspause schon um zwei Wochen "verpennt" hatte. Man kann seinem Körper nicht das ganze Jahr über die Maximalleistung abverlangen. Das hatte ich bei dem vorherigen Übertraining schon gelernt. (Jaja, wer nicht hören will.....

)
Daher hatte ich halt alle drei Monate Trainingspausen eingeplant.
Tja, und die hatte ich halt nicht gemacht. In Verbindung mit den hochintensiven Intervall-Einheiten und dem HIT-Training war das einfach zu viel für meinen Körper.
Abschließend läßt sich nur sagen; Du mußt Deinen Weg finden. Achte auf Deinen Körper. Er wird Dir sagen, was gut ist, und was nicht.
Kauf Dir vielleicht auch das Buch von Dorian Yates,
Blut und Schweiß .
Er beschreibt dort auch, daß er die Grundprinzipien Mentzers für sich abgewandelt hat. Er schreckt z.B. auch nicht vor einem zweiten Satz einer Übung zurück.