Flex Wheelers späte "Einsicht"

Bierwanst

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Flex Wheeler und der Teufelskreis der Steroide

18 Jahre lang pumpte Flex Wheeler anabole Steroide in einen Körper, der schließlich so muskulös wurde, dass Wheeler selbst sich als Comicfigur bezeichnete – ein Kerl mit grotesk rundem Bizeps, winziger Taille und berstenden Beinen.

Eine Physis nicht von dieser Welt – um sie zu erreichen, schluckte er Pillen und gab sich Injektionen. Selten dachte er zweimal darüber nach, Steroide zu nehmen, denn er war Bodybuilder und, nun, das macht man dann eben. Zumindest, wenn man auf die Titelseiten der Magazine will.

Heute, mit 38, ist Wheeler kein Bodybuilding-Champion mehr. Aber er nimmt immer noch Steroide. Jetzt allerdings, wo er sich von einer Nierentransplantation vom September erholt, lassen die katabolen Steroide, die er einnimmt, seine Muskeln schrumpfen.

„Es ist wirklich traurig und voll Ironie“, sagte Wheeler, der mit seiner Frau und den beiden Kindern in East San Jose lebt, „ich bin an einem Punkt meines Lebens angelangt, an dem ich keine Steroide mehr nehmen will, es aber tun muss, nur um zu überleben.“

Wheeler sagte, seine Nierenkrankheit wäre angeboren. Aber er glaubt auch, dass der lange Missbrauch von Steroiden ihren Ausbruch beschleunigt hat. Er denkt auch, dass die wesensverändernden Effekte von Steroiden – Stimmungsschwankungen mit aggressiven Ausbrüchen – noch weitaus größer waren als jeder körperliche Tribut.

Und er gesteht den Schaden ein, den seinem Körper mit anderen Medikamenten zugefügt hat, einschließlich Überdosen von Diuretika, die ihn fast umgebracht hätten.

„Jeder spricht über Steroide, weil sie gerade in den Schlagzeilen sind, aber tatsächlich gibt es viele gefährliche Dinge, die die Athleten einnehmen.“ meinte er.

Wheeler hofft, dass seine Geschichte all den Athleten eine Lehre ist, die sich durch die Pharmakologie bessere Leistung erhoffen, zu einem Zeitpunkt, an dem eine Untersuchung der Balco Laboratories in Burlingame dazu geführt hat, dass Dutzende von Top-Athleten unter den Verdacht der Verwendung leistungssteigernder Medikamente gerieten. Solche Medikamente einzunehmen, so Wheeler, ist gleichbedeutend mit einer Partie Russisch Roulette.

Aber bei Fragen danach, was er nahm und wie viel, weicht Wheeler bewusst aus.

„Ich werde nicht darüber sprechen, weil ich um die Macht dessen weiß, was ich sage“, meinte er, „ich weiß, dass die Jungs es trotzdem versuchen werden. Ich habe viele Jugendliche zu Steroiden verleitet, weil sie genau so sein wollten wie Flex. Ich will das nicht mehr verantworten müssen.“

Auf dem Gipfel

In seiner kürzlich erschienenen Autobiographie „Flex Ability“ schreibt Wheeler offen von einem armen Kind aus Fresno mit wenig Selbstvertrauen, das schikaniert wurde, einen Selbstmordversuch unternahm, mit 15 eine Tochter bekam und auf ein schweres Leben zusteuerte. Bodybuilding mag Kenny „Flex“ Wheeler nicht gerettet haben, aber der Sport beschrieb ihm den Weg.

Er wurde, mit den Worten des neuen kalifornischen Gouverneurs, Arnold Schwarzenegger, „einer der besten Bodybuilder aller Zeiten“. Als Wheeler auf seinem Höhepunkt war, war nur ein Wettbewerber – der herrschende König Ronnie Coleman – besser.

Aber Wheeler hätte seinen übermenschlichen Körper nicht ohne die Hilfe von Steroiden entwickelt. Er begann mit 18.

In seinem Buch schreibt er über die Verwandlung, die ihn fühlen ließ, als hätte ein Magier seinen Zauberstab geschwungen um ihm den Körper seiner Träume zu geben. Er hätte in den Spiegel gestarrt und befürchtet, dass die Muskeln des Spiegelbildes jemand anderem gehören würden.

Wheeler hat nie geglaubt, mit der Einnahme von Steroiden etwas Falsches zu tun, obwohl sie ohne Verschreibung durch einen Arztes illegal sind. Sie waren einfach eine Notwendigkeit.

Er hatte sogar bei seinem Job als Polizist in Fresno einen Spitznamen: Officer Steroids.

„Jeder wusste, dass ich Steroide nehme, und keiner hat viel darum gegeben“, schrieb er, „ich habe nicht Kokain, Crank oder Heroin genommen; ich lungerte nicht in dunklen Gassen herum und habe gedealt.“

Der Tribut

Obwohl er schätzt, dass die Steroide, die ihn auf nur eine Show vorbereitet haben, 10.000 Dollar gekostet haben, musste er nur selten bezahlen, denn er war ein Star. Aber es gab andere Kosten – obwohl Wheeler das nicht vollständig verstanden hat, bis er aufhörte, etwas zu nehmen.

„Du bist enorm aggressiv“, sagte er, „du willst jeden Tag trainieren. Unglücklicherweise gibt es keinen Schalter, den man nach Belieben umlegen kann. Wenn dir jemand in die Quere kommt, greifst du ihn an, wie du dein Training angreifst. Du hast kaum Kontrolle darüber, wirst sehr leicht irritiert und aufgebracht.“

Die Wettbewerber dieses Sports kannten, und akzeptierten normalerweise auch, die Gefahren für den Körper.

„Ein Typ hat mir erzählt, ‚Wenn ich gerade eine National Show gewinnen würde und da mitten bei einer Pose sterben würde, das wäre der glücklichste Tag meines Lebens’“, berichtet Wheeler, „und er hat das ernst gemeint. Das war Wahnsinn. Aber ich war ein Heuchler, denn ich war bereit, auf ein paar Jahre meines Lebens zu verzichten. Es hätte mir nichts ausgemacht, und das ist traurig.“

Im Spiel gefangen

Mehrere Male fand er sich mit fürchterlichen Schmerzen im Krankenhaus wieder, nachdem er zu viel Diuretika genommen hatte, die dem Körper Wasser entziehen und die Muskeln der Bodybuilder beim Wettkampf definierter aussehen lassen.

Die Ärzte warnten ihn, er würde sein Leben aufs Spiel setzen. 1997, als seine Probleme mit den Diuretika nicht aufhören wollten, wollte er aufhören, Medikamente zu nehmen. Doch er tat es nicht.

„Ich saß zwischen den Stühlen“, sagte Wheeler, „wenn man aufhört, Medikamente zu nehmen, ist es mit den Wettkämpfen vorbei, man macht kein Geld mehr, alles ist aus. Ich war Gefangener dieses Spiels.“

Aber die Uhr lief weiter. 2000 diagnostizierte man bei ihm eine Nierenkrankheit mit dem Namen Fokal-Segmentale Glomerulosklerose, oder FSGS – eine bei männlichen Afroamerikanern häufiger vorkommende Krankheit.

Er entschied sich, clean und als ein drogenfreier Athlet weiter zu machen.

Hilfe von Conte

Wheeler sagte, ihm wäre von einem Freund geholfen worden – Victor Conte jr., dem Ernährungswissenschaftler aus Burlingame, der aktuell ein Ziel der Untersuchung der Grand Jury. Conte wurde auch von der Anti-Doping-Behörde der USA als Macher des neuen Designersteroid THG angeklagt. Aber Wheeler sagte, Conte hätte ihm geholfen, ohne Steroide weiter an Wettkämpfen teilzunehmen, indem er ihn mit Mineralien-Supplements versorgt hätte.

Dennoch, Wheeler wurde zum „Incredible Shrinking Bodybuilder“. Beim Mr. Olympia – der wohl bekanntesten Bodybuildingshow – wurde Wheeler 1998 und '99 zweiter, 200 dritter. Aber 2002 wurde er, nach steroidfreiem Training, siebter. Er wog 96 kg von ehemals 109.

„Unter dem Einfluss von Medikamenten hatte ich immer Energie beim Training“, sagte Wheeler, „aber natural konnte ich zwei Stunden trainieren, vollkommen erschöpft sein und trotzdem blieben die Resultate aus. Ich dachte ‚Ich glaube das einfach nicht. Wie soll das funktionieren?’“

Im Angesicht finanzieller Probleme, die zum Konkurs geführt hätten, nahm Wheeler wieder Steroide. Er hoffte aus den großen Zahltag, an dem seine Finanzsorgen gelöst würden und er für immer aufhören könnte.

Aber er bereute, zum Juice zurückgekehrt zu sein, und hörte nach nur einer weiteren Show auf.

Nierenprobleme

Unterdessen stand es um seine Niere immer schlimmer, er brauchte ein Transplantat. Ein Segen für ihn, dass ein Spender seiner Kirche mit ihm übereinstimmte.

Nierenversagen und Tumore sind einer der potentiellen Nebenwirkungen vom Missbrauch leistungssteigernder Medikamente, sagte Dr. Linn Goldberg, eine Steroidexpertin der Oregon Health and Science University in Portland.

„Aber niemand hat jemals Steroidabusus auf dem Level dieser Männer untersucht“, fügte Goldberg hinzu, „Bodybuilder verändern ihr Hormonlevel auf Bereiche, die natürlicherweise niemals vorkommen können, also gibt es weitreichende Auswirkungen auf alle Organe des Körpers. Mehr als wahrscheinlich ist sein Fall auf die Substanzen zurückzuführen, die er einnahm.“

Risiken, Gefahren

Wheeler stimmt nur insofern zu, als dass die Steroide seine Nieren anfälliger für eine Krankheit machten, die er in seinen 40ern ohnehin bekommen hätte. Wheeler sagt, sein hoher Proteinkonsum und die Zufuhr hoher Dosen Kalium könnten eine ebenso große Rolle wie die Steroide gespielt haben. Doch er weiß auch, dass einige denken werden, er würde sich etwas vormachen, zu glauben, Steroide wären weniger unmittelbar verantwortlich.

„Viele glauben, es würde an den Medikamenten liegen“, sagte er, „aber die Menschen glauben, was sie glauben wollen.“

Dennoch, er spricht auch über die Gefahren dieser Medikamente. Die Anwender, sagte er, machten sich etwas vor, wenn sie glaubten, es gäbe kein Risiko.

„Es gibt keine Möglichkeit, auf meinem Level zu sein, ohne dass einem schlimme Dinge widerfahren“, sagte Wheeler, „es braucht nur einen einzigen Fehler. Es gibt sehr viele Medikamente, man muss es nur einmal verpfuschen, und es ist vorbei.“

Fünf weitere Operationen

Obwohl die Nierentransplantation ein Erfolg war, haben andere Komplikationen zu fünf weiteren Operationen geführt – die letzte vor zwei Wochen, um Wasser aus dem Bein zu lassen. Er sei jetzt „auf neun verschiedenen Medikamenten, die tödlicher sind als jedes Steroid, das ich je genommen habe.“

Er lehnte es ab, für diese Story fotografiert zu werden, denn die Operationen und Medikationen haben sein Erscheinungsbild vorübergehend verändert. Man erkennt ihn trotzdem noch. Irgendwie.

„Einige schauen mich an und sagen, ‚Hey, das ist Flex’s kleiner Bruder’“, kicherte er.

Wheeler sagte, er hätte seinen Frieden gefunden, selbst wenn die Tage der sechsstelligen Einkommen vorbei sind und er nach wie vor darum kämpft, finanziell wieder auf die Beine zu kommen. Er hat ein Supplement-Geschäft in Venice und ist begierig darauf, in der Öffentlichkeit zu sprechen, wenn er gesund wird.

„Ich bin heute glücklicher, nicht mehr dieses Leben leben und diese Lüge leben zu müssen, indem ich die Medikamente nehme“, sagte er „es ist bittersüß. Aber ich bin an einem besseren Ort und glücklicher mit den kleinen Dingen, die ich im Leben habe.“
 
A

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Re: Flex Wheelers späte "Einsicht"
betr. "katabole Steroide"

nur zur aufklärung, damit nicht jemand glaubt, dass ein BB nach seiner (fragwürdigen) karriere "katabole steroide" nehmen muss, um seine muckimasse wieder abzubauen:
wheeler nimmt offensichtlich ein corticosteroid ("cortison"). nach eine organtransplantation ist eine lebenslange immunsuppressive therapie obligat (in der regel ist es ciclosporin, anfangs meist in kombination mit cortison).

zum lebens- (oder sollte ich sagen leidens-)weg von wheeler möchte ich mir jeden weitern kommentar sparen. ihr kennt ja meine einstellung dem BB gegenüber (und es gibt immer wieder welche, die es als "sport" bezeichnen...)

gruß, kurt
 
so richtig kapiert hat ers mit den

supplementen aber scheinbar trotzdem nich, oder? er verkauft jetzt halt die "kleineren" übel, statt verschreibungspflichtiger medikamente!
 
wieso "kein sport"?

„Sport ist eine besondere Ausprägungsform menschlichen Bewegungsverhaltens. ... große Vielfalt, ... gesellschaftliche Bedeutung ... Ausdruck kultureller Leistung des Menschen .. typische Tendenzen der Ideologisierung, Professionalisierung, ... Sportarten ...“ (Haag)

wegen dem reinen körperkult?
„Alle Leibesübung war ursprünglich kultisch.“ (Diem)
 
lest ihr euch meine antworten auch durch oder

lasst ihr bei bestimmten schlüsselwörtern gewisse automatismen ablaufen?
wenn ihr meine defintion gelesen hättet, wärt ihr nicht auf das sonst so passende (weil naheliegende und abgedroschene) beispiel magersucht gekommen, freunde.

die standardantworten sind nicht immer die passenden.
 
weil weder vorsätzliche Körperverletzung noch...

...eine zwangsneurose mit "sport" in einklang zu bringen ist, auch nicht mit deiner zitierten definition.
tu mir einen gefallen und lies die diskussionen im archiv über dieses thema. ich will nicht nocht einen thread darüber sinnloserweise verschwenden.
 
weil man stärker wird

und dies im alltag und bei seinen hobbys merkt...

du kannst es dir sicher schwer vorstellen, aber irgendeinem idealbild von körper ohne wirkliche funktion hinterherzurennen ist nicht die aussage in diesem forum und wird es auch nie sein!

und wenn man sich wirklich mal umschaut, wieviel kraftsport im durchschnitt ohne anabolika bei den leuten die muskeln spriessen lässt, kann man sich auch schnell die sinnlosigkeit, damit den körper in bestimmte richtungen formen zu wollen, ersparen
 
ciclosporin

wirkt ciclosporin "katabol" ...ich frag weil ich das auch als
rheuma basis medikament nehme...

gruss
troll
 
BB wird oft unbemerkt zum psych. Problem

Vor 15 Jahren (als ich noch Teenager war), fing ich in einem Hinterhofstudio an, anfangs um den Problemrücken zu stärken (Skoliose) und nach Rat des Orthopäden. Dann kommt man nach ein paar Jahren unbemerkt in gewisse (innere) Kreise, nimmt sich die Poster-Recken zum Vorbild und schon ist es passiert. Ich bin durch mehr oder weniger glückliche Zufälle gerade noch rechtzeitig aus dem Studio+Freundeskreis ausgetreten (aber leider auch erst nach den ersten "Nadeln" im jugendlichen Leichtsinn). Einige meiner ehemaligen Bekannten, die noch nicht durch ein Organproblem oder längeren Krankenhausaufenthalt kuriert worden sind, haben heute eine handfeste Muskeldysmorphie und sie kuren sich zu immer stärkeren Dosen, pissen Blut (und lachen noch darüber), entwickeln den einen oder anderen Knoten in der Brust, aber egal, der 50er Oberarm ist die Hauptsache...

Kraftsport aus den richtigen Beweggründen ist ok und gesund, aber 1. grundsätzlich ohne Chemie und 2. ohne einem gefährlichen Idealbild nachzujagen.

Gruß,
Bierwanne
 
Re: ciclosporin

eigentlich nicht. hier war die rede von cortison.
leidest du an einer cP? (bitte privat mailen, ist nicht für die öffentlichkeit)

alles gute, kurt
 
A

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Re: Flex Wheelers späte "Einsicht"
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