BGH - XII ZR 193/95 - 04.12.96
b) Die von dem Betreiber eines Fitneß-Studios in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen benutzte Klausel:
"Der Vertrag verlängert sich stillschweigend jeweils um weitere sechs
Monate, wenn er nicht form- und fristgerecht gekündigt wird"
benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen und ist deshalb nicht nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.«
Aus den Gründen :
a) Der Gesetzgeber hat in § 11 Nr. 12 b AGBG angeordnet, daß eine Klausel unwirksam ist, die bei einem Vertragsverhältnis über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um mehr als ein Jahr vorsieht. Es ist zutreffend, daß diese Regelung nicht für Gebrauchsüberlassungsverträge gilt. Das bedeutet aber nicht, daß nach dem Willen des Gesetzgebers für sie strengere Regeln gelten sollen. In dem Referentenentwurf zum AGBG (Der Betrieb, Beilage 18/1974) war in § 8 Nr. 12 b, der dem heutigen § 11 Nr. 12 b AGBG entspricht, vorgesehen, daß die Regelung auch für die entgeltliche Gebrauchsüberlassung beweglicher Sachen gelten solle. In der Begründung des Referentenentwurfes heißt es, lediglich Mietverträge über Räume sollten von der einschränkenden Regelung nicht betroffen sein (S. 18). In der Begründung zu dem Regierungsentwurf (BT-Drucks. 7/3919 S. 37) heißt es dann, die Regelung bezwecke, vorformulierte Bestimmungen über die automatische Verlängerung von Verträgen "auf ein erträgliches Maß zurückzuführen", nicht betroffen seien Gebrauchsüberlassungsverträge. Der Gesetzgeber hat somit bewußt alle Mietverträge aus der Regelung ausgenommen.
b) Die in § 11 Nr. 12 b AGBG zum Ausdruck gekommene Regelungsabsicht des Gesetzgebers ist auch zu berücksichtigen bei der nach § 9 Abs. 1 AGBG vorzunehmenden Abwägung, wann eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vorliegt (vgl. BGHZ 100 a.a.O. S. 378). Das schließt zwar nicht aus, daß eine Klausel, die nach ihrem Regelungsgehalt in den Anwendungsbereich der Klauselverbote fällt, mit den in Betracht kommenden Einzelverboten aber nicht kollidiert, den noch aus besonderen, von der Verbotsnorm nicht erfaßten Gründen nach der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam sein kann (BGHZ a.a.O., Ulmer/Brandner/Hensen aaO. § 9 Rdn. 67 m.N.). Unzulässig ist es aber, aufgrund allgemeiner Überlegungen, die sich nicht aus den Besonderheiten gerade des zu beurteilenden Vertrages ergeben, über die Generalklausel die gesetzgeberische Regelungsabsicht geradezu "auf den Kopf zu stellen" (so BGHZ a.a.O. S. 379).
Die von dem Berufungsgericht angeführte Einschränkung der
Dispositionsfreiheit des Kunden wäre nur dann ein fallspezifischer, im Rahmen des § 9 Abs. 1 AGBG zu berücksichtigender Umstand, wenn der Gesetzgeber diesen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hatte (BGHZ aaO. S. 378). Davon kann man aber nicht ausgehen, das Gegenteil ergibt sich aus der amtlichen Begründung. Es heißt dort, § 9 Nr. 12 (heute: § 11 Nr. 12) gehe davon aus, daß langfristige Verträge die Dispositionsfreiheit der Parteien in besonderem Maße einschränken, "ohne daß eine solche langfristige Bindung stets durch die Natur des Vertrages vorgegeben ist" (aaO.).
Die Einschränkung seiner Dispositionsfreiheit, die der Kunde aufgrund der Verlängerungsklausel hinnehmen muß, ist deshalb für sich allein kein hinreichender Grund, die Klausel nach der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG für unwirksam anzusehen.
c) Der Kunde ist nicht verpflichtet, das Angebot des Fitneß-Centers zu nutzen. Er ist lediglich verpflichtet, den Monatsbeitrag zu bezahlen. Der Monatsbeitrag liegt unstreitig zwischen 50 und 100 DM, so daß der Kunde durch eine Verlängerung des Vertrages um sechs Monate mit 300 bis 600 DM belastet wird. ....
Wenn sie den Vertrag als lästig empfinden, kann ihnen zumindest
zugemutet werden, in dem schriftlichen Vertrag nachzusehen, welche
Kündigungsmöglichkeiten sie haben. Unterläßt ein Kunde dies, obwohl ihm der Vertrag lästig ist, dann hat er es sich selbst zuzuschreiben, wenn er aufgrund der Verlängerungsklausel für weitere sechs Monate an den Vertrag gebunden ist. § 9 Abs. 1 AGBG will nicht sicherstellen, daß jede Nachlässigkeit eines Kunden folgenlos bleibt.
e) In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs sind unter den
Verträgen, die den Regelungen des § 11 Nr. 12 AGBG (damals: § 9 Nr. 12)
unterliegen sollen, Verträge über die Teilnahme an Bodybuilding- und
Gymnastikkursen ausdrücklich aufgeführt. Der Gesetzgeber hat somit ausdrücklich gewollt, daß Verlängerungsklauseln in Formularverträgen über die Teilnahme an solchen Kursen generell nur dann unwirksam sein sollen, wenn die vorgesehene Verlängerung ein Jahr übersteigt. Es ist nicht einzusehen, daß bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitneß-Centers - ohne zusätzlichen Gymnastikunterricht gegen zusätzliches Entgelt - ein strengerer Maßstab angelegt werden muß und eine stillschweigende Vertragsverlängerung nicht hingenommen werden kann.
source:http://home.t-online.de/home/rose.rechtsanwalt/algemein.htm