Energiebereitstellung im Sport

cbeinecke

New member
Bin im Moment etwas verwirrt. Ich dachte beim Grundlagenausdauertraining (GA1) verbrennt man hautpsächlich Fett (FFS) und etwas Glykogen (ohne das wird glaube ich kein Fett verbrannt). Und selbst beim Marathon sind es mehrheitlich FFS und dann eben etwas mehr Glykogen. Kurt hatte da eine Tabelle für die verschiedenen Wettkämpfe (Distanzen).

Jetzt lese ich in meinem schlauen Buch (ich nehme mal an oder hoffe, dass ich es einfach falsch verstanden habe), dass zunächst das Glykogen verbrannt wird und dann das Fett. Also nacheinander.

Ich gehe davon aus, dass die Geschwindgkeit beim Marathonlauf halbwegs gleichmäßig ist.

Welche Feststellung stimmt also ?

Noch eine Zusatzfrage. Wenn der erste Absatz stimmt, wäre es doch sinnvoll, wenn man den Marathon genau so schnell läuft, dass genau am Ende die Glykogenspeicher alle sind ? Schließlich schaffen es die Topläufer ja auch den zweiten HM schneller zu laufen als den ersten.

Gruß

Carsten
 
Sali Carsten

Du denkst richtig. Das Buch ist nicht sehr schlau und interpretiert alte Tabellen falsch.

Bei Volllast kannst du ca. 30 min mit Glycogen Leistung erbringen, dann kommen zwangsläufig die FFS.

Es gibt aber kein hintereinander, sondern nur ein nebeneinander beim Verbrennen von FFS und Glycogen. Je höher die Intensität, desto mehr Glycogen.

Beim Marathon ist es sicherlich gut, wenn am Ende kein Glycogen mehr in den Muskeln und noch ein wenig in der Leber ist. Aber an diese Grenze muss du dich herantasten, sonst geht der Lauf früher als geplant zu Ende oder dauert um so länger. Also viel Grundlagenausdauer trainieren und die FFS-Verbrennung verbessern.

Gruss Tria
 
Hallo Carsten!
Habe zufällig gestern einen sehr interessanten Vortrag von Herbert Steffny zum Wintertraining gehört. Dort hat er sich auch zu diesem Thema geäußert, was er als Biologe und erfolgreicher Marathonläufer auch kompetent kann.
Was die Energiebereitsstellung angeht, unterscheiden sich Tempoläufe und lange Ausdauerläufe im aeroben Bereich in der prozentualen Gewichtung von Glykogen und Fettstoffwechsel. Bei kurzen Sprintdistanzen (z.B. 400m/Bahn) bezieht der Körper die Energie fast ausschließlich aus den Glykogenspeichern, wobei für die Verbrennung von Glykogen kein Sauerstoff benötigt wird), aber das schnell zur Verfügung stehende Glykogen ist ratz-fatz verbraucht und die dabei entstehende Milchsäure, das Lactat, behindert den Fettstoffwechsel, weshalb Läufer mit schlecht trainiertem Fettstoffwechsel, die z.B. eine Marathonlauf zu schnell angehen, oder im anearoben Bereich laufen, so schnell schlapp machen bzw. auf den "Mann mit dem Hammer" treffen.
Beim aeroben Fettstoffwechsel wird der größte Teil der Energie aus den beinahe unendlichen Fettreserven gewonnen (die Lctatwerte liegen deutlich unter 4mmol/l). Der prozentuale Anteil von Glycogen ist dabei aber eher gering.
Steffny hat in seinem Vortrag darauf hingewiesen, dass es zum einen eben nicht stimmt, dass die Fettverbrennung erst ab 30 min. stattfindet - d.h. dass von Anfang an alle Formen der Energiebereitstellung parallel verlaufen, aber halt in unterschiedlicher prozentualer Gewichtung - und das gerade das langsame Laufen wichtig ist, gerade wenn man langfristig schneller werden will.
Die Glykogenspeicher "leer zu laufen" macht demnach keinen Sinn. Nach Steffny laufen gut trainierte Spitzenläufer den ganzen Lauf im aeroben Fettstoffwechsel, d.h. mit einem sehr niedrigen Lactatwert und dazu korrelierenden niedrigen Pulswert. Dass die so schnell sind, liegt an der Langzeitausdauer, die nicht durch die Belastungsintensität sondern durch die Länge der Strecken erzeilt wurde. Der Körper passe sich dahingehend an:
"Ausdauertrainierte weisen eine ca. 40 Prozent höhere Kapilarisierung (Ausbildung kleinster Blutgefäße) auf als Untrainierte, was eine erheblich verbesserte Durchblutung mit sich bringt. Im Lauf des Ausdauertrainings können die Muskelfasern ihren aeroben Enzymbestand, das Glykogendepot und die funktionellen Fettreserven in der Muskelzelle verdoppeln. Die Zahl der Mitochondrien, in denen der areobe Energiestoffwechsel abläuft, ist erhäht. Intensives anaerobes Training würde diese areoben Anpassungen wieder rückgängig machen. Das ist der Grund, warum im Marathontraining zu hohe Intensitäten (Laktatwerte von über sieben Millimol pro Liter) das areobe Leistungsvermögen verschlechtern. Marathon- und Bahntraining für kurze Distanzen wie 5000-Meter-Lauf und 10.000-Meter-Lauf gleichzeitig vertragenb sich nicht gut."
Dass die Spitzenläufer sich auf der zweiten Hälfte steigern können, liegt wohl vor allem daran, dass sie sich nicht in der ersten Hälfte ausgepowert haben und durch den optimierten Stoffwechsel noch stiegerungsfähig sind.
Ich hoffe, das war jetzt einigermaßen korrekt widergegeben und nicht zu verwirrend.
Ich habe mir übrigens das Buch "Perfektes Marathontraining" von ihm für schlappe 10 Euro gekauft und beabsichtige, nächstes Jahr ein Laufseminar zu machen.

Schau doch mal in die Website: www.herbertsteffny.de
MFG, Jackie
 
"Schlaues Buch"?

hallo carsten,
ich dachte, ich hätte dir schon zu verstehen gegeben, dass dein angeblich "schlaues" buch nicht so "schlau" ist...
gruß, kurt
 
not quite correct

liebe jackie,
natürlich erfolgt beim marathonlauf der großteil der musklären energiebereitstellung über die glucoseverbrennung und nicht über die fettsäureoxidation. wettkampftempo ist nicht fettstoffwechseltempo! (siehe die von carsten angesprochene tabelle, die ich schon einige male hier präsentiert habe)
jedenfalls freut es mich, dass steffny mittlerweile im großen und ganzen vernünftiges sagt (bis auf den unsinn, dass ein marathonlauf im fettstoffwechselbereich gelaufen wird. das macht man bei den "long jogs" als fettstoffwechseltraining). in seinem buch wird noch der "mythos fettverbrennung" (abnehmen durch training im fettstoffwechselbereich) vermittelt...
lg, kurt
 
Leberglykogen

Hallo,

das Leberglykogen wird nicht maßgeblich zur musk. Energiebereitstellung herangezogen. Entscheidend sind die Glykogenreserven im Muskel.

Dass ein Marathon im Fettstoffwechsel gelaufen wird, halte ich für ein Gerücht. Im Wettkampftempo bezieht der Läufer natürlich seine Glykogenreserven mit ein. Einerseits wird er dadurch sein Lauftempo erhöhen, andererseits kann das aus lauftatktischer Sicht wichtig sein, insbesondere dann, wenn er um eine Plazierung mitläuft. Das Carboloading sowie Verpflegungsstellen wären ohne Beanspruchung des Glykogenstoffwechsels obsolet.
Dass die Glykogenspeicher nur für 30 Minuten Vollast reichen, würde ich auch nicht uterschreiben. Ein gut trainierter Läufer hat bis zu 600 Gramm Glykogen in seinen musk. Speichern, die einem Brennwert von fast 2500 kcal entsprechen. Diese wird er nicht in 30 Minuten umsetzen können.
Gruß,
Thomas


https://de.fitness.com/company/buttons/thomas_markmann.jpg
 
Deine Worte

Das weiß ich doch. Und deshalb frage ich ja nach. Du sagst man soll nicht alles glauben, was jemand schreibt. Ausserdem habe ich darauf hingewiesen, dass ich mir nicht sicher bin ob ich es nicht vielleicht doch falsch verstanden habe.

Gruß

Carsten, der noch mehr Fragen stellen wird
 
@Kurt und Thomas

Also, wenn ich den Steffny richtig verstanden habe, streitet er ja nicht ab, dass imMarathon auch mit Glykogen gelaufen wird. Er sagt sogar, dass man durch gezieltes Training die Glykogenspeicher erhöhen kann. Handelt sich halt eher um den prozentualen Anteil der fettverbrennung etc.
Was ich gut fand, war dass er nicht den fettverbrennungspuls-Mythos a la Struntz verbreitet hat, sondern grundsätzlich den absoiluten Kalorienverbrauch etc. anerkennt, nur halt sagt, dass es gerade aus orthopädischer Sicht für Übergewichtige besser sei, langsam zu trainieren, da sonst der Bewegungsapparta so stark belastet würde.
 
Ganz allgemein ...

Sali Thomas

Ich denke auch nicht, dass ein Marathon im Fettstoffwechsel gelaufen wird. Allerdings werden nach Kurts Tabelle 20% der Energie über die Betaoxidation zur Verfügung gestellt. Für Spitzenläufer dies zutreffend sein, für Zeiten über 3:00 dürfte es eher mehr sein.

Ich sehe die Sache aber unter einem anderen Gesichtspunkt. Die Energieflussrate ist bei einem schnellen M-Lauf sehr hoch. Den Lauf selber absolviert man sicher im aeroben Bereich um auf einem tiefen Laktatlevel zu bleibe. Dafür brauche ich sehr viel Sauerstoff und diesen wiederum muss ich in die Muskeln bringen und auch verwerten können.

Daher komme ich um ein solides Grundlagenausdauertraining mit langen Einheiten (min. 90-120Min) nicht herum. Die strukurellen Verbesserungen (ist im Posting von von Jackie gut beschrieben) führen dann zu der Verbesserung im Fettstoffwechsel und in der Durchblutung/Sauerstoffversorgung der Muskeln.

Beim Wettkampf hilft mir dies, da ich mit diesen Verbesserungen einen Teil der Energie aus dem Fett gewinne und gleichzeitig durch die hohe Sauerstoffversorgung auch bei der Glycogen-Verbrennung nicht in den anaeroben Bereich falle.

Vom Energieverbrauch rechne ich bei 3h mit ca. 3600kcal. Glycogen habe ich ca. 400g (nicht alles Glycogen steht zur Verfügung) plus 100 aus den Getränken, bleiben also ca. 1400kcal. die aus den FFS beschaffen muss.

Um also schnell zu sein sollte jeder M-Läufer lange, "langsame" Läufe machen. Die Resultate kommen nach Jahren und oft wird die Grundlage dafür bereits im Kindesalter gelegt.

Die Limitierung der Zeiten ist sicher das Glycogen, sonst wären wahrscheinlich Zeiten um 1:50 möglich, aber für Spitzenzeiten (die guten Gene helfen hier sicher auch) ist es die strukturelle Voraussetzung des Athleten.

Gruss Tria
 
Steffny

alles gut und schön, aber trotzdem haben aussagen über den kalorienverbrauch beim marathontraining nichts verloren. denn damit wird der mythos "fettverbrennung = fettabbau" genährt. auch steffny macht leider diesen fehler, ich kann dir die passage im buch nennen.
du kennst den zweck eines fettstoffwechseltrainings. mit "abspecken" hat das nichts zu tun.
lg, kurt
 
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