Konditionierung auf bestimmte Körperbilder
Lieber Kurt,
du hast und zwar für weite Teile der Modelszene sicherlich zu Recht – die gesundheitlichen Nachteile beschrieben, die mit der Erreichung und Aufrechterhaltung von Körperbildern verbunden sind, die in unserer Gesellschaft als ästhetisches und erotisches Ideal und vorbildhaft gelten.
Es gibt außer Diät und Gewichtsreduktion viele andere Mechanismen zur Modelung des Körperbildes die heute in Mode sind oder es einmal waren wie z.B. Schürkorsetts und hohe Absätze, die keineswegs gesund sind, die Menschen aber zu allen Zeiten in Kauf genommen haben,- durchaus eingedenk der möglichen oder sogar unvermeidlichen gesundheitlichen –Folgen - , um dem Schönheitsideal ihrer jeweiligen Epoche zu entsprechen.
Hier darf ich vielleicht die Unterscheidung einführen zwischen Gesundheits- und Schönheitsideal. Ich kenne viele dicke Frauen, die ich schon Wünsche nach auszehrenden Krankheiten habe aussprechen hören, nur um dem Schönheitsideal zu entsprechen. Über die Bewertung solcher Einstellungen brauchen wir nicht zu diskutieren. Ich gebe dir recht. Ich führe das hier nur als Indikator für den Leidensdruck an, der aus einer wahrgenommenen Abweichung des eigenen Körperbildes von einem gesetzten Ideal resultieren kann und um in diesem Zusammenhang etwas über das Verhältnis von Schönheits- und Gesundheitsideal zu sagen. (Du argumentierst in dieser Dichotomie.)
Daß es wie dein Beitrag u.a zeigt, möglicherweise nicht wünschenswert ist, einem solchen Ideal nachzustreben, ist etwas völlig anderes als die Tatsache, dass die Orientierung an solchen Körperbildern für viele Leute maßgeblich ist (auch was die angestrebte Gestalt des eignen Körpers angeht), um i.S. ihrer Zeit als attraktiv zu gelten.
Daß eine solche Orientierung an von dir unter gesundheitlichen Aspekten zu Recht bemängelten Körperbildern in unserer Gesellschaft verbreitet ist, kann man angesichts der Tatsache, dass ganze Industriezweige davon leben (von ganzen Medienbereichen bis zu Produktionsbereichen wie z.B Schlankheitsprodukten ;-) wohl kaum sinnvoll leugnen
(Ich finde den Hunger in der dritten Welt auch nichts wünschenswert, trotzdem würde ich nicht leugnen, dass es ihn dort gibt.)
Wenn wir uns nun fragen, wie Vorlieben für bestimmte Körperbilder und Abneigungn gegen andere zustande kommen, so müssen wir zugeben, dass solche Geschmacksentwicklungen weitgehend auf Konditonierungsvorgängen beruhen, die sich unserer rationalen Kontrolle entziehen.
Wir lernen schon sehr früh – in einem Alter, in dem uns eine Bewertung nach rationalen Kriterien von der intellektuellen Entwicklung her gar nicht möglich ist – was schön und was hässlich ist.
Nach diesen Kriterien beurteilen wir unsere Umgebung und auch uns selbst.
Die Bilder, die unsere Vorstellungswelt bestimmen, sind jene, mit denen uns Medien täglich „beschicken“ und die von unserer Umgebung in Äußerungen und Handlungen bestätigt werden.
Soche Prägungen sind durch Erfahrungen im Laufe des Lebens nur bedingt modifizierbar.
Es ist vielleicht von einem traditionellen humanistischen Selbstverständnis des Menschen her ein wenig peinlich, an sich selbst ein abrufbares Reiz-Reaktionsschema zu identifizieren, aber ich denke, jeder von uns, der ehrlich zu sich selbst und zu anderen ist, wird zugeben, dass er die Auswirkungen solcher Konditionierungsvorgänge an sich selbst feststellen kann. Wir reagieren mehr oder minder automatisch auf bestimmte Körperbilder – innerhalb eines gewissen Spektrums jeder von uns auf andere präferiert – und mißt sich selbst an diesen Kriterien.
Worauf ich jetzt hinaus möchte, sind folgende Punkte:
Erstens, ich halte es für verlogen –und das war der Sinn meiner Mail an Petra – so zu tun, als ob es irgend einem von uns völlig egal wäre, wie seine Mitmenschen aussehen und sofern er sich selbst bewertet, welchen Eindruck er auf Mitmenschen macht bzw. mit welchem Reflex auch auf sein Körperbild er rechnen kann.
Ich denke, dass die Akzeptanz durch unsere Umwelt für jeden Menschen ein wichtiges „Wohlfühlkriterium“ ist, von der Wertigkeit her vergleichbar dem der reinen physischen Fitness. Das möchte ich keineswegs auf Mann-Frau-Begegnungen im engeren Sinne einschränken, aber natürlich auch darauf beziehen.
Zweitens:
Ich halte es für unangemessen und unangebracht, - was auch des öfteren angeklungen ist – einen Gegensatz zwischen Schönheit und Fitness aufzubauen. Im Sinn von: Attraktivität ist nur auf Kosten von Fitness möglich (sozusagen, je näher am Schönheitsideal umso weniger fit).
Mag sich diese Phänomen auch bei vielen Körpervorbildern finden, notwendig ist diese Verknüpfung nicht. Vielmehr ist eine gesunde Ernährung und Bewegung sicherlich für Otto NormalverbraucherIn ein Schritt auf ein vernünftige Annährung an ein gesellschaftlich akzeptiertes Körperbild.
Aus meiner Sicht muß das Bemühen um Fitness daher auch nicht zwanghaft von dem Zugeständnis abgekoppelt werden, dass man damit auch das Ziel verfolgt, sein körperliches Erscheinungsbild zu verbessern, um ernst genommen zu werden.
Drittens: ich habe es bereits mehrfach gesagt und wiederhole es wieder – sollte sicherlich ein Plädoyer für ein Bemühen um ein attraktives Erscheinungsbild nicht gleichgesetzt werden mit der Reduktion einer Person auf ihr Erscheinungsbild. Ich möchte damit nur sagen, dass ich Attraktivität für ein komplexes Phänomen halte, das aus verschiedenen Faktoren zusammengesetzt ist. Einer davon ist das Aussehen.
Irgend welche Ausschlussbeziehungen zwischen Attraktivität und sonstigen denkbaren guten Eigenschaften einer Person, sei es Gesundheit, sei es ein guter Charakter, sei es ein scharfer Verstand herzustellen, scheint mir wenig sinnvoll.
Es sind keineswegs alle gutaussehenden Menschen – wie es der Neid der Umgebung mitunter möchte – dumm, böse oder krank.
Fazit: Genau wie jeder von uns mit Sicherheit feststellen konnte, dass ihn bestimmte Körperbilder als solche und noch ohne jedes Ansehen der Person „dahinter“ mehr ansprechen als andere, hat wahrscheinlich jeder im Laufe seines Lebens die Erfahrung gemacht, dass solche Dinge bei näherer Bekanntschaft mit einer Person völlig in den Hintergrund getreten und gleichgültig geworden sind. Die Wahrnehmung einer Person kann sich natürlich völlig ändern. Der/die Betreffende tritt uns emotional näher und wird sozusagen aus dem “Standardbewertungsraster“ herausgenommen.. – Ebenso wie man umgekehrt nach näherer Bekanntschaft mit einer ursprünglich als sehr gutaussehend empfundenen Person, freiwillig dankend abgewinkt hat.
Ebenso haben sicherlich einige von uns die immer unangenehme Erfahrung machen müssen, dass man in diesem Punkt so etwas wie einen “Anschlag“ erreichen kann, an dem man sagen muß: Bei aller Herzensliebe, da kann ich einfach nicht dranfassen.
Attraktivität ist wie gesagt ein Mischphänomen.
Für das Thema Diätenwahn ziehe ich daraus die Schlussfolgerung: Ich interpretiere das Phänomen als Symptom des verständlichen und sicherlich von uns allen geteilten Wunsches für seine Umwelt attraktiv zu sein. Der Auswuchs kommt zustande durch die darin liegende Überbewertung einer Komponente, dessen was Attraktivität immer bedeuten mag – und das würde bei jedem von uns in der inhaltlichen Definition wahrscheinlich sehr verschieden aussehen , ich habe mich daher auch auf eine „formale Beschreibung beschränkt. – nämlich des Aussehens.
Das hier vernünftige Einschränkungen, die sich um eine Herstellung angemessener Relationen bemühen, am Platze sind, ist für mich ebenso klar wie, dass Platitüden der Art „Aufs Aussehen kommt es doch nicht an“ nicht am Platze sind und niemanden weiterbringen.
Mit freundlichem Gruß
Elke
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Lieber Kurt,
du hast und zwar für weite Teile der Modelszene sicherlich zu Recht – die gesundheitlichen Nachteile beschrieben, die mit der Erreichung und Aufrechterhaltung von Körperbildern verbunden sind, die in unserer Gesellschaft als ästhetisches und erotisches Ideal und vorbildhaft gelten.
Es gibt außer Diät und Gewichtsreduktion viele andere Mechanismen zur Modelung des Körperbildes die heute in Mode sind oder es einmal waren wie z.B. Schürkorsetts und hohe Absätze, die keineswegs gesund sind, die Menschen aber zu allen Zeiten in Kauf genommen haben,- durchaus eingedenk der möglichen oder sogar unvermeidlichen gesundheitlichen –Folgen - , um dem Schönheitsideal ihrer jeweiligen Epoche zu entsprechen.
Hier darf ich vielleicht die Unterscheidung einführen zwischen Gesundheits- und Schönheitsideal. Ich kenne viele dicke Frauen, die ich schon Wünsche nach auszehrenden Krankheiten habe aussprechen hören, nur um dem Schönheitsideal zu entsprechen. Über die Bewertung solcher Einstellungen brauchen wir nicht zu diskutieren. Ich gebe dir recht. Ich führe das hier nur als Indikator für den Leidensdruck an, der aus einer wahrgenommenen Abweichung des eigenen Körperbildes von einem gesetzten Ideal resultieren kann und um in diesem Zusammenhang etwas über das Verhältnis von Schönheits- und Gesundheitsideal zu sagen. (Du argumentierst in dieser Dichotomie.)
Daß es wie dein Beitrag u.a zeigt, möglicherweise nicht wünschenswert ist, einem solchen Ideal nachzustreben, ist etwas völlig anderes als die Tatsache, dass die Orientierung an solchen Körperbildern für viele Leute maßgeblich ist (auch was die angestrebte Gestalt des eignen Körpers angeht), um i.S. ihrer Zeit als attraktiv zu gelten.
Daß eine solche Orientierung an von dir unter gesundheitlichen Aspekten zu Recht bemängelten Körperbildern in unserer Gesellschaft verbreitet ist, kann man angesichts der Tatsache, dass ganze Industriezweige davon leben (von ganzen Medienbereichen bis zu Produktionsbereichen wie z.B Schlankheitsprodukten ;-) wohl kaum sinnvoll leugnen
(Ich finde den Hunger in der dritten Welt auch nichts wünschenswert, trotzdem würde ich nicht leugnen, dass es ihn dort gibt.)
Wenn wir uns nun fragen, wie Vorlieben für bestimmte Körperbilder und Abneigungn gegen andere zustande kommen, so müssen wir zugeben, dass solche Geschmacksentwicklungen weitgehend auf Konditonierungsvorgängen beruhen, die sich unserer rationalen Kontrolle entziehen.
Wir lernen schon sehr früh – in einem Alter, in dem uns eine Bewertung nach rationalen Kriterien von der intellektuellen Entwicklung her gar nicht möglich ist – was schön und was hässlich ist.
Nach diesen Kriterien beurteilen wir unsere Umgebung und auch uns selbst.
Die Bilder, die unsere Vorstellungswelt bestimmen, sind jene, mit denen uns Medien täglich „beschicken“ und die von unserer Umgebung in Äußerungen und Handlungen bestätigt werden.
Soche Prägungen sind durch Erfahrungen im Laufe des Lebens nur bedingt modifizierbar.
Es ist vielleicht von einem traditionellen humanistischen Selbstverständnis des Menschen her ein wenig peinlich, an sich selbst ein abrufbares Reiz-Reaktionsschema zu identifizieren, aber ich denke, jeder von uns, der ehrlich zu sich selbst und zu anderen ist, wird zugeben, dass er die Auswirkungen solcher Konditionierungsvorgänge an sich selbst feststellen kann. Wir reagieren mehr oder minder automatisch auf bestimmte Körperbilder – innerhalb eines gewissen Spektrums jeder von uns auf andere präferiert – und mißt sich selbst an diesen Kriterien.
Worauf ich jetzt hinaus möchte, sind folgende Punkte:
Erstens, ich halte es für verlogen –und das war der Sinn meiner Mail an Petra – so zu tun, als ob es irgend einem von uns völlig egal wäre, wie seine Mitmenschen aussehen und sofern er sich selbst bewertet, welchen Eindruck er auf Mitmenschen macht bzw. mit welchem Reflex auch auf sein Körperbild er rechnen kann.
Ich denke, dass die Akzeptanz durch unsere Umwelt für jeden Menschen ein wichtiges „Wohlfühlkriterium“ ist, von der Wertigkeit her vergleichbar dem der reinen physischen Fitness. Das möchte ich keineswegs auf Mann-Frau-Begegnungen im engeren Sinne einschränken, aber natürlich auch darauf beziehen.
Zweitens:
Ich halte es für unangemessen und unangebracht, - was auch des öfteren angeklungen ist – einen Gegensatz zwischen Schönheit und Fitness aufzubauen. Im Sinn von: Attraktivität ist nur auf Kosten von Fitness möglich (sozusagen, je näher am Schönheitsideal umso weniger fit).
Mag sich diese Phänomen auch bei vielen Körpervorbildern finden, notwendig ist diese Verknüpfung nicht. Vielmehr ist eine gesunde Ernährung und Bewegung sicherlich für Otto NormalverbraucherIn ein Schritt auf ein vernünftige Annährung an ein gesellschaftlich akzeptiertes Körperbild.
Aus meiner Sicht muß das Bemühen um Fitness daher auch nicht zwanghaft von dem Zugeständnis abgekoppelt werden, dass man damit auch das Ziel verfolgt, sein körperliches Erscheinungsbild zu verbessern, um ernst genommen zu werden.
Drittens: ich habe es bereits mehrfach gesagt und wiederhole es wieder – sollte sicherlich ein Plädoyer für ein Bemühen um ein attraktives Erscheinungsbild nicht gleichgesetzt werden mit der Reduktion einer Person auf ihr Erscheinungsbild. Ich möchte damit nur sagen, dass ich Attraktivität für ein komplexes Phänomen halte, das aus verschiedenen Faktoren zusammengesetzt ist. Einer davon ist das Aussehen.
Irgend welche Ausschlussbeziehungen zwischen Attraktivität und sonstigen denkbaren guten Eigenschaften einer Person, sei es Gesundheit, sei es ein guter Charakter, sei es ein scharfer Verstand herzustellen, scheint mir wenig sinnvoll.
Es sind keineswegs alle gutaussehenden Menschen – wie es der Neid der Umgebung mitunter möchte – dumm, böse oder krank.
Fazit: Genau wie jeder von uns mit Sicherheit feststellen konnte, dass ihn bestimmte Körperbilder als solche und noch ohne jedes Ansehen der Person „dahinter“ mehr ansprechen als andere, hat wahrscheinlich jeder im Laufe seines Lebens die Erfahrung gemacht, dass solche Dinge bei näherer Bekanntschaft mit einer Person völlig in den Hintergrund getreten und gleichgültig geworden sind. Die Wahrnehmung einer Person kann sich natürlich völlig ändern. Der/die Betreffende tritt uns emotional näher und wird sozusagen aus dem “Standardbewertungsraster“ herausgenommen.. – Ebenso wie man umgekehrt nach näherer Bekanntschaft mit einer ursprünglich als sehr gutaussehend empfundenen Person, freiwillig dankend abgewinkt hat.
Ebenso haben sicherlich einige von uns die immer unangenehme Erfahrung machen müssen, dass man in diesem Punkt so etwas wie einen “Anschlag“ erreichen kann, an dem man sagen muß: Bei aller Herzensliebe, da kann ich einfach nicht dranfassen.
Attraktivität ist wie gesagt ein Mischphänomen.
Für das Thema Diätenwahn ziehe ich daraus die Schlussfolgerung: Ich interpretiere das Phänomen als Symptom des verständlichen und sicherlich von uns allen geteilten Wunsches für seine Umwelt attraktiv zu sein. Der Auswuchs kommt zustande durch die darin liegende Überbewertung einer Komponente, dessen was Attraktivität immer bedeuten mag – und das würde bei jedem von uns in der inhaltlichen Definition wahrscheinlich sehr verschieden aussehen , ich habe mich daher auch auf eine „formale Beschreibung beschränkt. – nämlich des Aussehens.
Das hier vernünftige Einschränkungen, die sich um eine Herstellung angemessener Relationen bemühen, am Platze sind, ist für mich ebenso klar wie, dass Platitüden der Art „Aufs Aussehen kommt es doch nicht an“ nicht am Platze sind und niemanden weiterbringen.
Mit freundlichem Gruß
Elke
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