Der Einstieg - aller Anfang ist schwer

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Der Einstieg

Vorwort

Nachdem ich mich in der Vergangenheit mehr dem Allgemeinen Verständnis fürs Training gewidmet habe ist dieser Thread vor allem für Anfänger, Neuanfänger und Wiedereinsteiger gedacht.

Die grundsätzliche Frage richtet sich nach dem idealen Einstieg. Dieser besteht aus meiner Sicht aus 2 Kriterien. Zum einen muss dabei die Grundlage für ein langfristig produktives Training geschaffen werden. Auf der anderen Seite gilt es die Vorteile des Anfängerstadiums in Bezug auf das Muskelwachstum so gut wie möglich ausgeschöpft werden. Der weitere Inhalt dieses Threads ist im Wesentlichen auf diese 2 Faktoren zugeschnitten.

Erlernen der Grundlagen

Wie bei jeder Sportart die man zum ersten Mal macht gilt es zunächst die Bewegung zu erlernen. Wenn man eine kleine gedankliche Zeitreise macht und sich vor Augen führt wie man damals zum ersten Mal aufs Fahrrad gestiegen ist dann wird man sich daran erinnern, dass man zuerst lernen musste das Gleichgewicht zu halten bevor man mehr als ein paar wackelige Meter fahren konnte. Wenn man zum ersten Mal ins Fitnessstudio geht verhält es sich nicht anders - vorausgesetzt man trainiert mit freien Gewichen. Wenn man zum ersten Mal eine Hantel angreift und beispielsweise Bankdrücken oder Kniebeugen ausführt dann wird man höchstwahrscheinlich die ganze Zeit sehr wackelig sein sprich man hat keine bis wenig Übungskoordination. Vom Ideal ist dies natürlich weit weg. Da man im BB aber nicht darum herumkommt schrittweise mehr Gewicht zu bewegen ist die Übungskoordination der Grundstein dafür langfristig vorwärts zu kommen. Das beinhaltet einerseits die effektive Belastung der Muskulatur und andererseits die Vermeidung von Verletzungen.

Wie erlernt man diese am besten?

Auch dafür lassen sich gute Analogien zum Leben abseits des Trainings finden und zwar in der Schule bzw. dem Studium. Wenn man für eine Prüfung lernen muss dann wird man feststellen, dass die Aufnahmefähigkeit begrenzt ist. Es ist besser öfter zu lernen als viel auf einmal und damit den Wissensstand schrittweise zu erhöhen. Es werden auch schon viele die Erfahrung gemacht haben, dass es leichter ist für eine Prüfung zu lernen als für 2 oder mehr.

Für das Training bedeutet dies, dass es wesentlich einfacher ist sich am Anfang auf das Erlernen weniger Übungen zu beschränken weil man sich weniger auf einmal merken muss. Daraus entsteht gleichzeitig der Vorteil, dass man diese oft üben kann. Je öfter man die Bewegungsabläufe der einzelnen Übungen übt desto schneller beherrscht man diese und desto produktiver wird das Training.

Wie viel muss man konkret lernen?

Bevor man sich damit beschäftigt gilt es zu verstehen, dass dem Körper stets Grenzen gesetzt sind. Für jede Anstrengung der man sich aussetzt benötigt man auch Erholung. Krafttraining ist in hohem Maße anstrengend und man benötigt davon definitiv mehr Erholung als Synchronschwimmen (sollte ich mich irren so entschuldige ich mich dafür). Deshalb empfiehlt es sich das Training stets am Minimalismusprinzip zu orientieren. Das bedeutet nichts anderes als dass man nur so viel macht wie notwendig ist um Muskelwachstum zu stimulieren. Jede Übung, jeder Satz und jede Wiederholung die man im Training macht seine Berechtigung haben muss und um es vorwegzunehmen – damit meine ich nicht einen Muskel möglichst stark aufzupumpen. Alles was man zusätzlich in seinen Trainingsplan aufnimmt muss daher einen konkreten zusätzlichen Nutzen haben oder es stellt einen Effektivitätsverlust dar.

Die gute Nachricht ist, dass das niemand diesem Prinzip gerechter wird als der körperliche Zustand eines Anfängers. Dieser verfügt über relativ geringe Kraft und Muskelmasse (das ist natürlich höchst individuell) und ist auch an keine Form von Krafttraining gewöhnt. Das Resultat davon ist, dass selbst geringe Belastungen Muskelwachstum stimulieren was sich auf sämtliche Bereiche des Trainings direkt oder indirekt positiv auswirkt.

Das Minimalismusprinzip für den Anfänger besagt daher dass:

• Der gesamte Körper mit wenigen Übungen bereits effektiv belastet werden kann,
• Weder hohe Intensität (Gewicht) noch hohes Volumen (Sätze x WHs) notwendig ist,
• Dafür nicht nur keine Notwendigkeit besteht sondern dies den Fortschritt beeinträchtigt da es
• dem Körper mehr abverlangt aber keinen zusätzlichen Nutzen bringt und demnach
• nur den Regenerationsbedarf erhöht

(Für den Fortgeschrittenen gilt dies natürlich auch aber je weiter man ist desto höher müssen Intensität oder Volumen sein)

Konkret lässt sich die (nahezu) gesamte Muskelmasse des Körpers mit 4 Übungen trainieren. Wie manche vielleicht schon vermutet haben handelt es sich hier um die Klassiker Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken und Klimmzüge. Dabei ist natürlich noch anzumerken, dass die Beanspruchung einzelner Muskelgruppen bei diesen höchst unterschiedlich ist von vielen (individuellen) Faktoren abhängt. Dennoch kommt man als Anfänger mit diesen sehr weit.

Die Antwort in einem Satz lautet also: Man muss am Beginn 4 Übungen lernen

Nach welchem System soll man trainieren?

Wie manche sicher schon vermutet haben ist das Trainingssystem auf das ich hinaus will ein Ganzkörpertraining. Dies ist der Klassiker unter den Klassikern der Trainingssysteme weil es für jeden eine gute Wahl darstellt und für den Anfänger das Ideal verkörpert. Die Begründung dafür sollte sich aus den bisherigen Inhalten ergeben aber sicherheitshalber hier nochmal eine kompakte Erklärung:

Der Anfänger besitzt eine schlechte Übungskoordination und ist nicht unbegrenzt aufnahmefähig. Durch wenige Übungen die aber oft geübt werden verbessert sich diese rapide. Zusätzlich folgt das Ganzkörpertraining dem Minimalismusprinzip weil es am öftesten den ganzen Körper trainiert und daher Intensität und Volumen gar nicht hoch sein dürfen – zumindest nicht wenn man 3x pro Woche trainieren will – da die benötigte Regenerationszeit 48 Stunden übersteigt.

Wie geht man dabei vor?

Die ersten Trainingseinheiten dienen ausschließlich dem Erlernen der Koordination der einzelnen Übungen. Sollte sich dabei schon Muskelwachstum einstellen umso besser aber es ist nicht das Ziel. Prinzipiell gilt natürlich je schwerer ein Gewicht ist desto schwieriger ist auch die Koordination. Da diese beim Anfänger am geringsten ausgeprägt ist empfehle ich mit der leeren Hantelstange zu beginnen und statt Klimmzügen Rack Chins zu machen und das über mindestens 2 Wochen bzw. 6 TEs.

Was leider ein wesentlicher Grund dafür ist, dass in den Studios geschätzte 95% der Leute sich über viele Monate oder gar Jahre nicht verbessern ist, dass fälschlicherweise angenommen wird viel Gewicht auf der Hantel wäre gleichbedeutend mit hoher Belastung. Entscheidend ist aber einzig und allein, dass das Gewicht, das durch die Muskulatur bewegt wird, steigt. Zusätzlich ist auch wie schon eingangs erwähnt die Vermeidung von Verletzungen ein zentraler Erfolgsfaktor. Da dies meist schon im Anfängerstadium beginnt warne ich eindringlich davor mit zu viel Gewicht zu beginnen. Im Zweifelsfall immer weniger nehmen auch wenn mir natürlich bewusst ist, dass das für jemanden mit 50kg Körpergewicht näher liegt als jemand der das doppelte wiegt.

Progression

Nach dieser Zeit beginnt der Beginn der eigentlichen Trainingsphase. Das Ziel ist nun der Muskelaufbau. Der Körper baut Muskulatur auf wenn die Belastungen denen er ausgesetzt ist steigen. Das bedeutet man beginnt schrittweise das Gewicht zu erhöhen. Da es von solcher Wichtigkeit ist möchte ich hier noch einmal anmerken, dass dies nie auf Kosten der Ausführung geschehen darf.
Aus praktischen Gründen empfehle ich dabei jeweils um 2,5kg bzw. um eine WH bei Rack Chins zu erhöhen. Sicherlich wäre es in einigen Fällen möglich gerade am Beginn auch um 5kg zu steigern aber dafür eine Empfehlung zu geben ohne den Trainierenden je beobachtet zu haben halte ich für unverantwortlich. Daher mein Rat: Nehmt 2,5kg und steigert dafür wirklich jede Woche. Mir ist auch klar, dass es vielleicht am Anfang peinlich ist wenn man Kniebeugen mit 22,5kg statt 20kg macht aber man kann ja leicht ausrechnen wo man steht wenn man über 30-40 Wochen 2,5kg mehr genommen hat.

Erweiterungen

Wenn man bereits einige Monate auf dem Buckel hat, dann wird man auch die ersten Erkenntnisse gewonnen haben. Eine davon wird höchstwahrscheinlich jene sein, dass trotz steigendem Gewicht die Belastung für manche Muskelgruppen zurückgeht. In diesem Fall gilt es entsprechende Erweiterungen vorzunehmen die aber nach wie vor dem Minimalismusprinzip entsprechen. Die Klassiker unter diesen Übungen sind Schulterdrücken, Rudern und Wadenheben. Der Einbau dieser Übungen erfolgt genauso wie der Start d.h. mit sehr wenig Gewicht.

Wie geht es mittelfristig weiter?

Natürlich hat auch das Ganzkörpertraining seine Grenzen. Dies geschieht spätestens dann wenn sich der Körper zu stark an das Training gewöhnt hat. Jetzt ist man gewissermaßen an einem Scheideweg angelangt. Behält man das System bei und nimmt dabei Veränderungen vor oder soll man ein anderes System verwenden. Möglich ist natürlich beides. Anmerken möchte ich hier lediglich, dass es natürlich weiterhin ein Zahlenspiel bleibt und häufige Steigerungsmöglichkeiten besser als seltenere sind.
Als logische Fortführung des Anfängertrainings bieten sich aus meiner Sicht die Verwendung von alternierenden GK-Programmen oder ein 2er Split an. Was hier auf jeden Fall noch anzumerken ist, dass ich hier nicht von 4 Wochen sondern einem Jahr später spreche.

Hier noch eine konkrete Übersicht

Woche 1+2:
3x10 KB 20kg
3x5 Rack Chins
3x10 BD 20kg
3x10 KH 20kg

Woche 3
3x10 KB 22,5kg
3x6 Rack Chins
3x10 BD 22,5kg
3x10 KH 22,5kg

Woche 4
3x10 KB 25kg
3x7 Rack Chins
3x10 BD 25kg
3x10 KH 25kg

Woche 5





Woche 11

3x15 Rack Chins



Woche 12

3x5 Klimmzüge



Woche 27
Erweiterung des Plans

Woche 53
Modifizierung des Plans

Abschließend möchte ich anmerken, dass diese Konzeption auf Basis der möglichen Pauschalisierungen beruht. Individuelle Gegebenheiten können dabei keine Berücksichtigung finden weil es die für die breite Masse gedacht ist und individuelle Gestaltung auch persönliches Coaching voraussetzen würde. Ich hoffe trotzdem der Thread erfüllt seinen Zweck und kann möglichst vielen Trainierenden den Einstieg erleichtern.

Edit: Leider sah ich mich gezwungen den Thread zu schließen da er wieder einmal im Begriff war Offtopic auszuarten. Sorry an alle die am Thema interessiert waren und zu diesem gepostet haben oder das in Zukunft tun wollten. Für jene die Fragen, Anregungen oder Kritik zum Thema haben stehe ich natürlich gerne per PM zur Verfügung.
 
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