Fitness-Blog "Das Experiment"

War paar Tage arbeiten - diesmal fast ausschließlich jüngere Mitstreiter dabeigewesen. Das hieß: Viel Sport, aber auch viel saufen :lachen: und die ganzen Weihnachtssüßigkeiten auffressen.

Da an dem Ort, wo wir waren, Ausgangssperre ab 21 Uhr galt, konnten wir nur in der Unterkunft trainieren. Hatte Therabänder und ne Klimmzugstange mit. Einfach alles wild durcheinander á la:

50 Kniebeuge
50 Schulterdrücken
50 Situps
50 Seitheben mit Bierflaschen
50 Frontkicks
50 Trizepsstrecken
50 Side Kicks
50 Bizepscurls

Langsam macht mir der Lockdown mental zu schaffen. Zu Hause geht´s noch, aber wenn ich tagelang weg bin fühle ich mich eingesperrt wie ein Karnickel. Der Lagerkoller setzt bei allen fast sofort am ersten Tag ein - man labert nur noch Dünnes und muss höllisch aufpassen, nicht die Disziplin zu verlieren. Der eine liegt nur noch apathisch vor dem Fernseher, der nächste korkt sich 12 Uhr die erste Hülse auf - und ich steh vor ganz neuen Herausforderungen als Führungsperson, obwohl meine Motivation auch am Arsch ist.

Vielleicht als Beispiel für alle Interessierten mal ein Tagesablauf meiner Einsatzgruppe für einen Tag, an dem wirklich kein einziger Auftrag ist:

08 Uhr Frühstück - entweder mache ich Rührei, oder einer holt Mettbrötchen
10 Uhr CFR-Ausbildung (ist sowas wie erste Hilfe in Anschlagsszenarien) - Equipment hat mir ein befreundeter Soldat vom KSK besorgt
12 Uhr Mittagessen - entweder kochen wir selbst, oder holen uns was an der nahegelegenen Frischfisch-Theke
14 Uhr Sport - ich biete Thaiboxen an, für das wir uns unter einer städtischen Brücke verstecken müssen, da macht aber nicht jeder mit, manche gehen einfach nur laufen oder machen Klimmzüge
16 Uhr Kaffee (und Kuchen für die, die sich´s leisten können), dazu Bildungsfernsehen
17 Uhr langer Spaziergang oder Einkauf oder Fahrzeug- und Ausrüstungspflege
19 Uhr Abendessen, meist Vollkornbrot mit magerem Aufschnitt
20 Uhr gemütliches Beisammensein mit Filmen, Knabbereien und Bier
24 Uhr Zapfenstreich

Wenn man auf diese Weise 5 Lockdown-Tage füllen muss, ist das gar nicht so leicht, diszipliniert zu bleiben. Wir motivieren uns gegenseitig zu gutem Essen und Sport, aber die langen Abende führen meist trotzdem zu einem ordentlichen Kalorienplus. Bis Nachmittag geht es meist auch noch mit der allgemeinen Willenskraft, aber abends wird es oft sehr schwer.
 
A

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Re: Fitness-Blog "Das Experiment"
War ja ein schlafmangelbedingt sehr emotionaler Post gestern :D aber ist eben auch Teil der Wahrheit, dass man nicht immer hochmotiviert ist. Nach einem guten Nachtschlaf ging es aber locker-lustig vorwärts heute:

9.1.

Kurzhantel-Schräbankdrücken
12 x 23,5 kg
15 x 22,5 kg

Hexbar Deadlifts
10 x 141,5 kg

Shrugs
15 x 91,5 kg
31 x 73 kg

gestrecktes Kreuzheben
12 x 103 kg

Beinbeuger, sitzend
28 x 25 kg

Rudern sitzend am Kabelzug
15 x Block 22 + 2 kg
25 x Block 13

Beinheben
5 x

Knieheben
14 x

Trizepsstrecken am Seil
23 x Block 5

Ich hänge also ein paar Pumpsätze an die schweren Arbeitssätze. Erstens für ein besseres Gefühl, zweitens für ein paar verbrauchte Extrakalorien. Meine Form gefällt mir derzeit nicht.
 
11.1.

Madame muss neuerdings 5 Uhr aufstehen. Da ich ihr Auto morgens enteise, stehe ich mit auf. Vor 8 Uhr konnte ich also schon Folgendes erledigen:

1 h Radergo bei 130 Puls

16 x 87,5 kg Kniebeuge

Dann noch ein Video von einem Athleten gesehen, den ich bisher sehr überheblich und oberflächlich fand: Lazar Angelov. Wie ein Schicksalsschlag einen geborenen Gewinner aber verändern kann, erfährt der Interessierte hier: Lazar Angelov über Verletzungen und Depression als Bodybuilder
 
12.1.

Pump-Zirkel aus

50 Kettlebell-swings 20 kg
25 Klimmzüge
50 Liegestütze
30 einbeiniges Kreuzheben mit 20 kg Kettlebell
50 Schulterdrücken 15 kg
50 Shrugs Theraband
50 Facepulls
50 Kniebeuge
30 seitliche Kicks
30 Frontkicks
50 Trizepsstrecken Theraband
50 Bizepscurls 10 kg

10 min Seilspringen
 
Wie gewohnt heute 5 Uhr aufgestanden, aber hab miserabel geschlafen und fürchterliches Zeug geträumt. Kam mir vor wie ein alter Mann: müde, Rückenschmerzen, keine Lust zu irgendwas. Ab 7 Uhr war ich dann allein zu Hause und dachte so: du bist am Arsch, iss ne Tafel Schokolade und geh wieder ins Bett. Aber eine andere Stimme sagte auch: Wenn du das jetzt zulässt, endest du wie der Typ, der gestern zum Wasser ablesen da war: fett, faul, anspruchslos und selbstmitleidig.

Also aß ich nur eine halbe Tafel Schokolade :)o) und bin leicht bekleidet Richtung Garten raus, damit mir auch schön kalt wird. Danach den gleichen Kraftzirkel wie am 12.1., nur schneller. Dann einen fetten Salat gegessen, kleiner Mittagsschlaf und jetzt geht´s nochmal auf den Hometrainer. Damit der Schweinehund den Stinkefinger auch richtig gut sehen kann.

Trotzdem ist diese Trainingsmüdigkeit neu für mich - das hatte ich bis letztes Jahr nie. Keine Ahnung, ob es am Alter liegt, oder weil ich andere Prioritäten im Leben habe, oder weil es im Winter ständig dunkel ist, oder weil Corona mir relativ viel Freude im Leben wegnimmt - es ist jedenfalls so und ich versuche, damit klarzukommen.

Morgen geht es dann erstmal wieder für 5 Tage in den Einsatz - werden wieder ein gutes, motiviertes Team sein. Lustigerweise bin ich aber der Einzige, der noch vor der Wende geboren wurde :lachen: #alt Wir haben einen Zweikampf-Trainer dabei und einen ausgebildeten Sani. Es gibt also viel zu lernen!
 
Bin jetzt aus dem Einsatz wieder da - wie war die Zeit?

15.1.

Nachmittags 10 km gelaufen, danach Pokerrunde und ne Flasche Wodka gekillt, gegen 22 Uhr nochmal 10 km in der eisigen Dunkelheit Bayreuths gelaufen.

16.1.

Vormittags erneut 10 km gelaufen, nachmittags schönes 100er-Training:

100 Kniebeuge
100 Liegestütze
50 Klimmzüge
100 Situps
100 Facepulls
100 Shrugs mit Band
100 Bizepscurls mit Band
100 Trizepsstrecken mit Band
100 Kettlebell Swings 10 kg

17.1.

3 h Spaziergang in der eisigen bayrischen Kälte

18.1.

Einziger Pausentag, da viele Termine in Berlin und dementsprechend wenig Zeit, etwas zu machen. Abends wäre zwar Zeit gewesen, aber ich muss ehrlich zugeben, dass ich ein Tief hatte. Normalerweise tue ich alles für das Wohlergehen meiner Leute, aber ich war sogar zu faul, etwas zu essen zu holen - und das habe ich auch so kommuniziert. Wenn ich auf Reisen richtig am Arsch bin, dann falle ich wenigstens auf relativ annehmbare Ernährungsmuster zurück: also gab es für mich von Domino´s 14 Chicken Finger und nen Salat. 22 Uhr bin ich aber wie ein Stein ins Bett gefallen.

19.1.

4 Uhr raus und als Entschuldigung für den gestrigen Abend ein fürstliches Frühstück für meine Jungs vorbereitet. Nach Dienstende 50 Klimmzüge und 50 Dips, mehr war nicht drin. Vielleicht gleich noch ein kurzer Mittagsschlaf und noch etwas Cardio, mal sehen.
 
20.1.

1,5 h Radergo - doch diesmal habe ich echt schwere Beine davongetragen. Massagepistole hilft zwar immens, aber die Schwergängigkeit ist nicht wirklich weggegangen.

21.1.

Heute mache ich nix - obwohl ich Zeit hätte. Bin aber nicht richtig erholt. Die Waden krampfen und ständig zuckt so ein Nerv in meiner Schulter. Ist wohl Zeit für nen Tag Pause. Morgen mache ich dafür wahrscheinlich nen längeren Lauf.
 
22.1.

Kraftkreis + 2 h Radergo, dabei gelesen.

23.1.

Zunächst bei nem Umzug geholfen, da müssen die starken Jungs ja immer ran. Dann gab´s noch Mettbrötchen und Bier und bin danach gleich zum Training:

Kurzhantel-Schräbankdrücken
12 x 24,5 kg
14 x 22,5 kg

Hexbar Deadlifts
10 x 143 kg

Shrugs
15 x 93 kg
31 x 73 kg

gestrecktes Kreuzheben
12 x 103 kg

Beinbeuger, sitzend
26 x Block 5 + 0,5 kg

Rudern sitzend am Kabelzug
15 x Block 23 + 0,5 kg
23 x Block 13

Beinheben
7 x

Knieheben
14 x

Trizepsstrecken am Seil
26 x Block 5

SZ-Curls
40 x 12,5
 
25.1.

10 km Laufen in 55 min bei etwa 135er Puls. Hat im Sonnenschein wirklich viel Spaß gemacht - nebenbei auch Podcast von Joe Rogan gehört).

Musste paar Kalorien loswerden, da ich gestern bei nem aggressiv-gastfreundlichen Mensch eingeladen war. Sind erst 3 h geocachen gewesen (dachte erst, das wär nur was für die Krabben, aber dann war ich doch gut mit dabei), dann war ihm so kalt, dass er wahllos Pizza, Kuchen, Donuts, Nüsse, Schokolade und Knabberzeug hingestellt und aufgefressen hat. Und es gibt so Leute, die schaffen es, einen psychisch so in die Ecke zu drücken, dass man nicht aufsteht, bevor man nicht aufgegessen hat. Grob über den Daumen war allein mein Abendbrot knapp 2600 kcal schwer (so viel auch zum Thema unter 85 kg), seins hatte locker über 4000.
 
100 Kettlebell-swings 20 kg
50 Klimmzüge
50 Liegestütze
30 einbeiniges Kreuzheben mit 20 kg Kettlebell
80 Schulterdrücken 15 kg
80 Shrugs Theraband
50 Facepulls
100 Kniebeuge
50 seitliche Kicks
50 Frontkicks
20 AbWheel Rollouts
80 Trizepsstrecken Theraband
50 Situps
50 Bizepscurls 10 kg

in 53 min

Danach 45 min Laufen, insgesamt knapp 1100 kcal.

Dann noch ne positive Meldung: Ich habe ja seit Mai 2020 das Buch "Beyond Brawn" von Stuart McRobert übersetzt. Damit bin ich gestern Nacht fertiggeworden - 8 Monate harte Arbeit. Nun werde ich es noch einmal korrekturlesen (dauert etwa 1 Monat, muss einiges umformulieren und Grammatik verbessern), danach geht es zu einer professionellen Lektorin. Ich hoffe also, dass es in 2 - 3 Monaten erscheinen kann.
 
Ja, hat es - psychische. Der Lockdown macht mir neben ein paar anderen Dingen derzeit sehr zu schaffen. Cardio, insbesondere Laufen macht mich glücklich. Nach einem Lauf hab ich richtig gute Laune - das schafft derzeit wirklich gar nichts anderes.

27.1.

2 h mit dem Vierbeiner, knappe 15 km
 
Ja, hat es - psychische. Der Lockdown macht mir neben ein paar anderen Dingen derzeit sehr zu schaffen. Cardio, insbesondere Laufen macht mich glücklich. Nach einem Lauf hab ich richtig gute Laune - das schafft derzeit wirklich gar nichts anderes.

27.1.

2 h mit dem Vierbeiner, knappe 15 km


Für die Verhältnismässigkeit deiner Aussagen:
Viele können sich bestimmte Dinge nicht leisten.

20210128_092104.jpg

Ob Frost, ob Regen,
diese Person "wohnt" wirklich am Kasten neben
der Kreuzung im Zentrum von ehemals West-Berlin.

Und diese kann auch nicht weg,
sonst würde wie schon sehr oft geschehen und mir berichtet,
die Stadtreinigung zuschlagen und alles entsorgen.

Und viele Super-Reiche in D. werden während der Corona-Zeit
immer reicher. Absurd so etwas.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiß, was du meinst. Und es ist legitim, dass du es erwähnst. Aber ich hab mein ganzes Leben lang gehört: Jammer nicht rum, anderen geht es viel schlechter. Das stimmt auch, keine Frage. Aber diese Einstellung hat einen Haken: Man überspielt und übersieht, wenn es einem selbst wirklich mal schlecht geht. Und dann ergreift man keine geeigneten Gegenmaßnahmen und wird wirklich krank. Dann verlieren auch wir beide: der Obdachlose pennt weiterhin auf dem Fußweg und ich starre depressiv nur noch die Wand an, obwohl ich mich um ne Familie kümmern sollte.

Es hilft dem Typ auf deinem Bild auch nicht weiter, wenn ich mich nicht mehr beschwere. Null. Im Gegenteil: Wenn es mir als "Mittelständler" gutgeht, ist viel mehr Gelegenheit, den armen Schweinen mit meinem Geld und meiner Arbeit zu helfen.

Kleine Anekdote von letzter Woche nebenbei: Wenn ich reise, penne ich ja in den unterschiedlichsten Unterkünften. Letzte Woche war das ein Wohnblock in einer ostdeutschen Kleinstadt. Wir sind so rein und es roch extrem beißend nach Pisse. Im dritten Stock schaute ich dann so das Treppengeländer runter und bemerkte, dass irgendjemand sich vor mir verstecken wollte. Ich also mit nem Sicherungsmann wieder runter und festgestellt, dass vor der Kellertür ein etwa 60-jähriger Alki sich eingenistet hatte. Sein Bein sah komisch verdreht aus, aber er war recht klar bei Sinnen. Einerseits hatte ich keinen Bock, dass der bei den Temperaturen in nem Wohnblock ein Feuer anzündet oder in die Ecke scheißt (raus kann er ja nicht, weil er sonst nicht wieder ins Warme kommt), andererseits hatte ich auch mega Mitleid mit der armen Sau. Ich ihn also angesprochen und er meinte, dass sämtliche Sozialstationen wegen Corona nur noch einen Bruchteil der Leute aufnehmen können und er ganz einfach zu spät kam. Muss man sich mal vorstellen: Mitten in Deutschland suchen Leute ab 14 Uhr ihren Schlafplatz - und wenn sie zu spät kommen, legen sie sich vor ne Kellertür in nem fremden Haus. Immer im Leichtschlaf, um auf Feinde achten zu können. Ich dann erstmal alle Sozialstationen abtelefoniert, aber 20 Uhr war nix mehr zu machen. Ich hätte ihn noch vom RTW ins Krankenhaus bringen lassen können, aber die schmeißen die Leute ohne Krankenkarte auch wieder raus. Sowas musste ich schonmal verantworten, das mach ich nicht wieder. Was blieb mir also anderes übrig - hab ihn da pennen lassen und er musste mir versprechen, nicht vor die Kellertür zu kacken. Sowas sagt man nem 60-jährigen, woraufhin der betroffen auf den Boden blickt und verspricht: "Ehrenwort, Sie können sich auf mich verlassen." - und sich danach mit seinem gebrochenen Bein wieder auf die alte Decke legt. "Hab´s hier doch warm."

Ich bin vor den Spezialeinheiten ein paar Jahre Streife gefahren - und genau das Elend war der Grund, warum ich damit nicht weitermachen konnte. Ich hab wirklich mein Bestes getan, aber Bürokratie, Drogen, Hass, Dummheit und diese unsäglich ängstlichen Jugendämter waren einfach zu stark. Es ist dermaßen unglaublich, was ein westeuropäischer Sozialstaat zulässt, dass ich vor der Situation fliehen musste, um nicht zu verzweifeln. Ich habe damals (und mache es auch heute noch, aber nicht mehr so regelmäßig) mit aller Kraft gegen Windmühlen gekämpft - und meistens verloren. Paar Mal habe ich kurzfristig gewonnen, aber der Sieg wurde mir von den Drogen und der Perspektivlosigkeit wieder weggenommen. In vielleicht 5% der Fälle konnte ich tatsächlich nachhaltig was machen. Aber für diese mickrige Ausbeute musste ich all meine Kraft, die ich hatte, hergeben. Und das war irgendwann zu viel. Man kommt nicht hinterher, selbst wenn viele andere mithelfen. Die Welt ist vieles - aber sie ist eines ganz bestimmt nicht: und zwar gerecht.

Nach all den Jahren des Kämpfens, des Mitgefühls, der Hingabe und des Durchhaltens nehme ich mir jetzt das Recht heraus und gebe zu, dass es mir im Corona-Lockdown nicht gutgeht. Meine Gegenmaßnahmen sind weder Arztbesuche, noch Medikamente oder sonstwas. Ich geh einfach nur Laufen, weil mir das guttut. Ich stehe weiterhin früh auf, gehe arbeiten, kümmer mich um alles, helfe Freunden und Fremden und trainiere weiterhin. Ich gebe nicht auf oder lass mich hängen - ich treffe einfach nur Maßnahmen, dass es mir bessergeht.
 
Es ist leider wirklich so:

Sämtliche Notquartiere in Berlin schliessen 22 Uhr,
einige noch 22.30 Uhr.
Eine einzige nimmt noch bis 4 Uhr auf.
Da warten einige wenige Plätze.

Und es gibt genügend Menschen,
die völlig unverschuldet obdachlos geworden sind.
 
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