Unortodoxe Frage an alle Ex-Raucher

krihama

New member
Hallo zusammen

Ich habe eine etwas seltsame Frage an all diejenigen, die UNFREIWILLIG, mit dem Rauchen aufhören mussten (oder an all diejenigen, die mir einen Tipp geben könnten). Ich muss dazu etwas ausholen:

Mein Vater (72 Jahre) erlitt letztes Jahr einen Herzinfarkt, dessen Behandlung er leider etwas verzögert hat (der Infarkt war ca. 24 Stunden vor Dillation und Stent-Verpflanzung oder wie das heisst). Natürlich rieten ihm dann alle Ärzte, dass es ja wohl Zeit sei, mit dem Rauchen aufzuhören.
In der Tat hat mein Vater während über 50 (!) Jahren geraucht.
Er hat das voll so gemacht, hat gehorcht und raucht seither nicht mehr. Nur, der Preis, den er nun zahlt, ist irgendwie doch verhältnismässig hoch, finde ich zumindest.

Sicher ein halbes Jahr war er wie ausgewechselt. Sicherlich hat ihm das ganze Erlebnis und die x Medikamente zusätzlich zugesetzt, aber wir (die Familie) haben zudem den "Verdacht", dass es daran liegt, dass er nicht mehr raucht:
- er ist sehr schnell müde,
- kann sich nicht mehr so gut konzentrieren,
- ist nicht mehr so lustig wie früher
- vergisst mehr als früher
- kommt einfach nicht mehr "in die Gänge" etc.

Nicht, dass wir ihm nun empfehlen würden, wieder mit dem Rauchen anzufangen (wäre ja wohl wirklich etwas bescheuert), frage ich mich nun trotzdem, ob das so wahnsinnig gut ist, einfach von einem Tag auf den anderen mit dem Rauchen aufzuhören, nachdem man über die Hälfte seines Lebens damit gelebt hat. Und auch das Verhalten der Ärzte finde ich etwas bedenklich. Als ob man das einfach so kann, ohne depressiv zu werden.

Gibt es irgendjemand, der auch mit dem Rauchen aufhören MUSSTE, obwohl er es nicht gewollt hat, und dann das irgendwie kompensieren konnte? Ich kann ihn nicht gut mit Nikotin-Pflaster vollkleben, zumal er ja eben das gefässverengende Nikotin meiden muss.

Ich stosse hier sicherlich auf taube oder verständnislose Ohren, da ich einmal davon ausgehe, dass ich von Nichtrauchern umgeben bin, aber, vielleicht hat ja doch jemand einen Tipp.

Jetzt jährt sich dann bald dieses schreckliche Ereignis und er ist noch immer auf der vollen Medikamentation und die Vorteile, die durch das Nichtrauchen versprochen werden, sehe ich bei meinem Vater auf alle Fälle nicht. /phpapps/ubbthreads/images/icons/frown.gif
 
A

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Re: Unortodoxe Frage an alle Ex-Raucher
Hallo Khihama,

kann es sein, dass deine Familie sich wünscht, der Zustand Deines Vaters wäre darauf zurückzuführen, dass er nicht mehr raucht? Damit gäbe es nämlich eine sehr einfache Lösung, seine Verfassung zu verbessern. Die Alternative, seinen Zustand auf den Infarkt zurückzuführen, ist naheliegender. Zu merken, dass man nicht mehr in der Lage ist gewohnten Tätigkeiten nachzugehen, ist gerade für ehemals aktive Menschen eine Belastung. Wenn die geistige und körperliche Belastbarkeit sinkt, sinkt auch das Vermögen die Zeit sinnvoll zu nutzen. Dies führt zu einer Unzufriedenheit. Der Schwung deines Vaters im ersten halben Jahr nach dem Infarkt ist mit der Hoffnung erklärbar, es möge ihm bald wieder besser gehen. Setzt die Ernüchterung ein, weil sich die Verfassung nicht wunschgemäß bessert, verschlechtert sich im Allgemeinen die Gemütslage. Diese Entwicklung kannst du oftmals bei Menschen feststellen, die einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten. Dabei ist es egal, ob sie mit dem Rauchen aufhören mußten oder nicht.

Was deinem Vater eher helfen könnte als eure Gedanken ums Rauchen, wäre eine sinnvolle Beschäftigung, die ihn fordert, aber nicht überfordert. Könnte er sich z.b. für einen kurzen Zeitraum um ein Haustier kümmern? Mit dem Hund einmal um den Block laufen zu müssen, weil der Hund muss, lenkt ihn von seinem eigenen Befinden ab und er tut für sich etwas Gutes ohne es zu merken. Oder könnte im Sommer die Blumen im Garten gießen? Natürlich sollte er keine schweren Gießkannen schleppen, aber einen Schlauch halten wird er sehr wohl können.

Vielleicht hat dein Vater auch aufgegeben etwas zur Verbesserung seiner Verfassung tun zu wollen. Wenn ein älterer Mensch, der seiner Meinung nach schon alles gesehen und erlebt hat, nicht mehr kämpfen möchte, ist das von der Familie zu respektieren, auch wenn es schwer fällt.

Es erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl mit der Situation umzugehen und den richtigen Weg zu wählen. Die Ursachen ausschließlich beim Nicht-mehr-Rauchen zu suchen, halte ich jedoch für den falschen Weg.

LG
Christiane

http://www.christiane.langheim.info/drache.jpg
 
an deiner Stelle würde ich eher daran denken...

...ob nicht eher eine depression hinter den symptomen deines vaters steckt. vermutlich würde ihm ein SSRI gut tun. aber ich kann und will aus der ferne keine mutmaßungen anstellen, das soll ein psychiater entscheiden.
über deine befremdende aussage, du fändest das "verhalten" der ärzte bedenklich, jemandem mit einer schweren KHK das aufhören des rauchens nahezulegen, möchte ich nicht viele worte verlieren. du unterstellst uns ärzten eine totalitäre autorität, und das ist nonsens. nur soviel: müssen tut man nur sterben. kein mensch wird gezwungen, das rauchen aufzuhören. kein mensch muss das rauchen aufhören. aber einem verantwortungsbewussten arzt soll es doch noch gestattet sein, patienten auf ihre risikofaktoren aufmerksam zu machen, erst recht auf diejenigen, die man selbst durch eine lifestyleänderung beherrschen kann, und patienten dementsprechend zu beraten und empfehlungen abzugeben. jeder kann sich entscheiden, was er im leben und aus seinem leben macht. ob er z.b. sein herzinfarktrisiko senkt, indem er nicht mehr raucht oder ob er einen herzinfarkt in kauf nimmt und damit auch die möglichkeit des ablebens oder einer herzinsuffizienz mit entsprechender einschränkung der körperlichen leistungsfähigkeit bis hin zur invalidität bis ans lebensende..., ob er nach einem überlebten infarkt einen zweiten riskiert (der wahrscheinlich tödlich sein würde) oder ob er doch besser nicht wieder zu rauchen beginnt und eine bestehende depression mit einer entsprechenden therapie behandeln lässt... wer, glaubst du, hat langfristig die höhere lebensqualität?

mit kopfschüttelnden grüßen, kurt (dem es als internist gestattet ist, über dein posting den kopf zu schütteln)

p.s.: es heißt "dilatation" (siehe PTCA im archiv) und "stent-implantation".
 
danke für die Ergänzung

liebe christane,
es kommen natürlich mehrere möglichkeiten für den reduzierten allgemeinzustand in betracht. eine von mir bereits angesprochene und von dir so treffend erklärte reaktive depression aufgrund einer verminderten leistungsfähigkeit nach stattgehabtem myocardinfarkt, der sicherlich eine narbe im herzmuskel hinterlassen hat, weil er nicht rechtzeitig erkannt wurde und damit auch nicht rechtzeitig behandelt werden konnte, ist erfahrungsgemäß am naheliegendsten. man muss auch ein chronisches OPS sowie eine beginnende demenz in betracht ziehen. neben einer optimalen pharmakotherapie sind begleitmaßnahmen, wie du sie genannt hast, wichtig.

schönes wochenende,
kurt
 
jetzt werde ich wieder anecken, aber wen stört`s

Hi krihama,

mein Dad hatte gerade einen Infarkt und ist jetzt zur Kur.
Das Erste was ich sofort mit den Ärzten besprochen habe, war eine Reduzierung von 16 Tabletten auf 4 pro Tag und er bekommt viel Bewegung und eine Ernährungsumstellung.Dies ist unumgänglich. Raucher ist er seit Jahren nicht mehr, aber wäre er es noch, wäre ich mit einem sofortigen Aufhören nicht einverstanden gewesen. Dies kommt einem ´kalten Entzug gleich und schwächt den eh schon angeschlagenen Organismus noch mehr.
Jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich, ich z.B. würde den Teufel tun und meinem "alten Herrn" etwas verbieten. Ich rate ihm mal etwas anderes zu essen und wenn er wieder in seine alten Verhaltensmuster fällt, werde ich ihm sicher auch das sagen. Wie er sich dann entscheidet ist aber seine Sache.
Die Erste Aussage nach dem Infarkt nach dem Arztgespräch lautete,"Wenn ich alles was ich gerne esse und mache, nicht mehr darf, was soll ich dann noch leben."
Ich meine, Deinem Dad geht es ähnlich und ihr seit vielleicht auch im Umgang mit ihm anders als vorher, auch dass wäre nicht so gut für ihn. Er muß für sich selbst entscheiden was er möchte, nicht ihr, nicht die Ärzte, nur ER.
Seit einfach wie immer und bezieht ihn mit ein, betrachtet ihn nicht als kranken und gebrechlichen Menschen, dann wird auch er wieder Spaß am Leben finden.

lg Angi (die schon ein bischen anders denkt)
 
...die schon ein bischen anders denkt...

das tust du wirklich. denn ein verhandeln mit den ärzten, was die medikamente betrifft, steht nur dem betroffenen patient zu (solange er mündig und nicht dement ist). ich gebe dir recht, dass oft irrational viele medikamente verordnet werden, aber das zu beurteilen, steht dir als laie nicht zu. und was eine ernährungsumstellung betrifft - sie ist höchstens in moderatem ausmaß zweckmäßig.

schönes wochenende,
kurt (der wie jemand denkt, der seit 18 jahren mit herzinfarktpatienten zu tun hat)
 
BEGINNENDE DEMENZ???

Hy Kurt

Ich wollte keinem Arzt zu nahe treten und ich bin froh, dass man meinem Vater geholfen hat.
Was ich mit "bedenklich" gemeint habe, ist folgendes: Man tut das Thema Rauchen total lapidar ab, so im Stil, "ja, nun hören sie doch einfach auf". Ich bin selber starker Raucher und ich würde nach einem Herzinfarkt wahrscheinlich auch damit aufhören, jedoch nur zähneknirschend und wissend, dass ich in eine schwere Depression falle. Wahrscheinlich kann das ein Nichtraucher einfach nicht nachvollziehen. Sofern er aber Arzt ist, fände ich es toll, wenn dieser nette und tolle Tipps auf den Weg geben würde, aber den Patienten nicht einfach so alleine lassen soll (ich gehe davon aus, dass Du Deinen Infarkt-Patienten beim ungewollten Rauchentzug irgendwie hilfst, oder?!). Weiter ist eben auch bedenklich, dass sie ihn seit dem Infarkt, der schon fast ein Jahr her ist, mit Medis vollstopfen (z.B. Anti-Blutgerinnungsmittel, Mittel gegen Cholesterin, Beta-Blocker etc.), ohne die Werte auch nur irgendwann zu messen!!! Da geht er dann immer wieder zum Arzt und dieser vergisst sogar den Blutdruck zu messen... Also, was halte ich denn davon?

Und, WAS meinst Du mit beginnender Demenz? Hilfe!!!
 
auch daran muss man denken

man muss realistisch sein. aber am naheliegendsten ist eine raktive depression, wie ie christiane und ich dir schon erklärt haben. als internist helfe ich meinen patienten nicht beim rauchen-aufhören, das ist weder meine aufgabe, noch habe ich zeit dazu - dafür gibt es psychologen und psychotherapeuten, wenn man es selbst nicht schafft. deine unqualifizierte aussage bzgl. "mit medis vollstopfen" zeigt, wie wenig ahnung du hast. jeder postinfark-patient muss einen betablocker, ein statin und low dose ASS erhalten. in der regel kommt noch ein ACEI dazu. im übrigen soll der patient seinen blutdruck regelmäßig selbst messen, weil das relevanter als eine fremdmessung in der ordination ist.

gruß, kurt
 
Aber...

...findest Du denn nicht auch, dass man das wenigstens mal überprüfen könnte, ob die Medikamente überhaupt noch in der erstmaligen Dosis nötig sind?
Natürlich sind meine Äusserungen "unfachmännisch" und ich habe keine Ahnung, zumal ich Jurist und kein Arzt bin. Und mit "vollstopfen" meine ich die Menge (Stückzahl). Aber, Du musst mir wohl zustimmen, dass es auch unter der Schar Ärzte "Nulpen" gibt (wie bei den Juristen auch, :winke:).
Bleibt denn nun die Medikation für immer so oder kann irgendwann mal mit etwas aufgehört werden? Ist es denn nicht gefährlich, wenn man ständig Anti-Koagulierungsmedis nehmen muss?
Ich weiss, dass ich keine Ahnung habe, aber ich mache mir halt Sorgen.
 
natürlich...

...muss man eine pharmakotherapie von zeit zu zeit evaluieren. aber die medikamente, die ich genannt habe, sind lebenslang einzunehmen. allenfalls kann man über die dosierungen diskutieren. und wenn vorhoffflimmern besteht, ist eine antikoagulation bei einer eingeschränkten linksventrikelfunktion bei KHK ebenso "state of the art" wie im falle eines herzwandaneurysmas im bereich der herzspitze.
an deiner stelle würde ich dem behandelnden internisten deines vaters vertrauen schenken. ansonst sucht euch einen anderen, wenn du glaubst, er ist eine "nulpe". aber du sollst dir bewusst sein, dass ein laie die fachliche qualifikation eines arztes nicht beurteilen kann.

lg, kurt (der den ausdruck "nulpe" bislang nicht gekannt hat)
 
A

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Re: Unortodoxe Frage an alle Ex-Raucher
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