Stress objektiv messen
Hallo Urmel,
Ich würde Stress nicht als "Hirngespinst" ansehen, das man sich macht und eigentlich gar nicht existiert.
Das schwierige am Stress ist, dass er vielseitige Ursachen hat und sich ganz unterschiedlich äußern kann. Es gibt daher nicht
die Stressmessung, sondern verschiedene Arten und Weisen, Stress objektiv darzustellen.
Beispiel Skelettmuskeltonus:
Im Zwischenhirn gibt es eine Instanz, die den Ruhetonus (gewissermaßen das Standgas) der Skelettmuskulatur reguliert. Damit haben wir eine Schnittstelle um zentralen Nervensystem. Entspannungsverfahren wie Progressive Muskelralaxation setzen übrigens auch da an. Durch Entspannung der Skelettmuskulatur wird ein allegemeiner Entspannungszustand angestrebt. Dieser allgemeine Entspannungszustand weist charakteristische EEG-Merkmale auf, ist also objektiv messbar.
Blutuntersuchung:
Es wird immer wieder propagiert, Stress anhand veränderter Blutwerte zu erkennen, z.B. freie Radikalmessung usw. Da muss ich einräumen, dass nicht alles Gold ist was glänzt. Da werden zum Teil auch unseriöse Messungen angeboten. Kurt, hast du in diesem Zusammenhang noch weitere Infos für uns?
Herz:
"Vegetativer Stress" lässt sich schon seit den 60ern äußerst objektiv und valide messen. Verinfacht formuliert lässt sich das Zusammenspiel von Ruhe und Belastung am Herzrhythmus ablesen. Solche Messwerte fließen in einfacher Form auch in die Own Zone von Polar ein, Stichwort Herzfrequenzvariabilität (HRV). Offenbar lässt sich an dieser Fähigkeit des Herzens, seine Frequenz flexibel zu regulieren, sehr gut auf seinen aktuellen Belastungszustand schließen. Stress wie wir ihn kennen verändert die HRV kurz,- mittel- und langfristig - der Herzschlag wird ungewöhnlich starr und gleichmäßig. Studien zeigen, dass etwa depressive Patienten geringere HRV haben als psychisch gesunde. In der Praxis konnte ich schon häufig signifikant zeigen, wie sich psychosoziale Unregelmäßigkeiten vegetativ niederschlagen und dadurch an der HRV messbar werden.
Auch gewisse Krankheiten bedeuten "Stress für das Herz". So haben KHK-Patienten reduzierte HRV. Ebenso Typ-2-Diabetiker. In der Prävention nutzen wir die HRV unter anderem, um Stress aber auch Herzerkrankungen früh zu erkennen.
Vor allem im intraindividuellen Vergleich, wenn ich also bei einer Person den Stress über viele Messungen dokumentiere, kann ich Veränderungen früh erkennen. Wenn eine solche "Stressmessung" auch immer etwas unspezifisch ist, so ist sie doch hochgradig sensitiv.
Stressfreie Grüße,
Euer Thomas
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