Ich habe noch eine interessante Studie gefunden. Sie ist einerseits sehr gut, da es sich um eine prospektive, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, überkreuzte Studie mit zwei Perioden handelt. In diesen zwei durch Washout-Phasen getrennten Perioden erhielten die Probanden entweder 1000 mg Testosteron Undecanoate i.m. oder Placebo, wonach ich Verhalten (durch den Probanden selbst und den Partner) beobachtet wurde. Andererseits handelt es sich hier nur um eine Einmalgabe, so dass die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf wochenlangen Steroidmissbrauch, wie er im BB üblich ist, übertragen werden kann. Zudem lag die maximale Plamakonzentration an Testosteron nur beim doppelten der physiologischen Konzentration. Im Bodybuilding werden häufig wesentlich höhere Plasmaspiegel erreicht.
Aber nun zu den Ergebnissen: Die erhöhten Testosteronspiegel wurden mit messbaren, aber kleinen Verhaltensänderungen in Zusammenhang gebracht. Es war ein signifikanter Anstieg von Wutgefühlen verglichen mit Baseline festzustellen, begleitet von einer Abnahme an Müdigkeit und Trägheit. Die Testosteronbehandlung führte aber zu KEINER Erhöhung von aggressivem Verhalten und es gab auch keine Änderung von nichtaggressiven oder sexuellem Verhalten.
O'Conner, D.B., Archner J., Wu F. Effects of Testosterone on Mood, Aggression, and Sexual Behavior in Young Men: A Double-Blind, Placebo-Controlled, Cross-Over Study. J. Clin. Endocrinol. Metab. 89: 2837-2845, doi:10.1210/jc.2003-031354
Ich interpretiere dies wie folgt: Die Gabe von 1000mg TU führte zu einem Anstieg an Wutgefühlen, die sich jedoch nicht in aggressivem Verhalten niederschlug. Offenbar waren die Probanden in der Lage, diesen kleinen Anstieg an Wutgefühlen gut zu kontrollieren. Womit wir wieder beim Buchzitat (s.o.) wären.
Was Aggressionen und Kuren angeht, so führen meiner Meinung nach die massiv erhöhten Testosteronspiegel zu einem wesentlichen stärkeren Anstieg an Wutgefühlen, die dann schwieriger zu kontrollieren sind. Zudem könnte meiner Meinung nach einer Selektionsbias spielen, so dass bereits "vorbelastete" Persönlichkeiten (Minderwertigkeitskomplexe, geringe Bildung, geringer sozialer Status, erhöhte Risikobereitschaft, pro-agressive Erziehung, etc.) zu Stoff greifen.