hier ein kleiner artikel zur intelligenz von arnold, der schmutzkampagnen mit humor nimmt.
Arnolds Comeback
Seit Mitte der Siebziger Jahre wusste Arnold, dass ein Geschäftsmann namens Edward J. Pressmann die Filmrechte von Conan, der Barbar gekauft hatte und er war entschlossen, die Rolle von Robert E. Howards Comic-Supermann zu spielen. Ihm war bekannt, dass Pressman plante, ihn als Conan zu casten, wartete jedoch den richtigen Zeitpunkt ab. In Erwartung eines Anrufes des Filmproduzenten Dino de Laurentiis war er nicht untätig, nahm Schauspielstunden und versuchte, an seinem Österreichischen Akzent zu arbeiten. De Laurentiis hatte Arnold vorher schon einmal getroffen – ein Treffen, das der ungewöhnlich kleine Produzent bestimmt nicht vergessen hatte. Arnold war eingeladen, um mit ihm die Möglichkeit zu erörtern, ihn als Flash Gordon in dem gleichnamigen Film zu casten, als de Laurentiis unangenehme Bekanntschaft mit Arnolds Holzhammer-Taktik machte. Als er in den Raum kam, schaute er de Laurentiis, der hinter seinem Tisch saß, kurz an und wunderte sich laut: „Gott, warum braucht so ein kleiner Mann wie Sie so einen riesigen Schreibtisch?“ Ein übersprudelnder de Laurentiis versuchte zu erklären, dass er den Schreibtisch dazu benötigte, seine Papierunterlagen unterzubringen und dann, nach exakt 100 Sekunden, das Treffen beendete. Arnold, der die Rolle des Flash Gordon ausschlug, hatte nichtsdestotrotz einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
De Laurentiis hatte ursprünglich einen Schauspieler mit einem großen Namen für die Rolle des Conan gewollt und als Arnolds Name ins Spiel gebracht wurde, weigerte sich de Laurentiis, der Arnold „einen Nazi“ nannte, ihn in Betracht zu ziehen. John Milius erklärte de Laurentiis allerdings, dass Arnold der bestgebaute Mann der Welt sei und wenn er ihn für die Rolle nicht bekommen würde, eine Nachbildung von Arnold hergestellt werden müsste. Folglich ließ sich de Laurentiis, grollend zwar, erweichen und besetzte ihn als Conan.
Überglücklich glaubte Arnold, die Rolle des Conan würde sein persönlicher Rocky Balboa werden und ihm zu internationalem Starruhm verhelfen. Er kündigte an: „Mein Instinkt hat mich nie getäuscht und er sagt mir, dass dies ein wirklich großer Film werden wird, ein neues Phänomen. Egal was es mich kostet. Es ist mir egal, ob ich ein Jahr meines Lebens opfern und wie ein Tier schuften muss. Ich weiß, dass dieser Film für mich ganz phantastisch sein wird.“ Die Filmaufnahmen sollten gegen Ende Oktober 1980 in Spanien beginnen. Arnold begann so hart zu trainieren wie nie zuvor.
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Im August 1980 besuchte Arnold, der in der Bodybuilding-Szene nun hauptsächlich als CBS-Kommentator aktiv war, zusammen mit Jim Lorimer, einem Ausrichter von Bodybuilding-Shows, die Miss-Olympia-Wahl im Philadelphia Sheraton Hotel. Rick Wayne, der vor Ort war, um für ein Weider-Magazin über die Show zu berichten, interviewte Arnold anschließend.
Eher zufällig stellte Rick Arnold, der nun schon seit fünf Jahren vom Bodybuilding zurückgetreten war, die Frage, ob er es jemals in Betracht ziehen würde, ein Comeback zu wagen. „Nein“, sagte Arnold sehr bestimmt. „Keine Summe der Welt könnte mich dazu bewegen, den Rücktritt zu widerrufen.“ Der einzige Grund für sein Training sei, sagte er zu Rick, dass er sich auf seine Rolle als Bodybuilder Mickey Hargitay in der bevorstehenden Jayne-Mansfield-Story vorbereite. Ganz beiläufig erwähnte er, dass er beabsichtigt, anlässlich des Mr.Olympia-Wettbewerbes 1980 in Australien zu sein, aber nur weil die CBS ihn als Kommentator des Ereignisses vorsieht. Als Rick das Interview beendete, hatte er keinen Grund, an Arnolds Worten zu zweifeln.
Zurück zur Westküste: Hier erlitt Frank Zane, der amtierende Mr. Olympia, einen herben Rückschlag. Acht Wochen vor dem Wettbewerb, bei dem er seinen vierten Mr.Olympia-Titel gewinnen wollte, traf ihn ein schrecklicher Unfall, der ihn fast das Leben kostete. Nach einer Zeit im Krankenhaus, kurz vor einem Wettbewerbs-Verzicht stehend, wendete sich Frank an Arnold und fragte ihn um Rat. Der Unfall, sagte er, hatte ihn geschwächt, sein Training unterbrochen und ihn von seinem Ziel abgebracht. Sollte er am Mr.Olympia 1980 teilnehmen oder die ganze Sache vergessen? Arnold, den Frank normalerweise als seinen Freund und Trainer betrachtete, dachte einen Moment nach und sagte, es sei seine feste Überzeugung, dass Frank nach Australien gehen und seinen Mr.Olympia-Titel verteidigen solle. Wie eine plötzliche Eingebung fragte Frank, der sich von niemandem hinter das Licht führen lässt und seit mehr als zwölf Jahre Arnolds Freund war, ihn zufällig, ob er plane teilzunehmen. Nein, sagte Arnold. Er hatte vor nach Australien zu gehen, um für CBS den Olympia zu kommentieren – das war alles.
Frank Zane war nicht der einzige Mann, der sein Herzblut für den Gewinn des Mr.Olympia 1980 gab. Mike Mentzer, ein in Philadelphia geborener Bodybuilder von italienischer und deutscher Herkunft und vier Jahre jünger als Arnold, war davon überzeugt, dass 1980 sein Jahr werden würde. 1976 hatte er den IFBB Mr.America und 1978 den IFBB Mr.Universum gewonnen, woraufhin Joe Weider ihn nach Kalifornien einlud. Dort wurde er bald Gegenstand mehrerer Artikel in den Weider-Magazinen, in denen er als neue große Hoffnung des Bodybuildings aufgebaut wurde. 1979 verpasste er ganz knapp, Frank Zane im Mr.O-Wettbewerb zu schlagen. Jetzt war Mentzer sicher, dass der Mr.O-Titel dieses Jahr ihm gehören würde.
Mentzer, der in Washington DC Medizin studiert hatte, bevor er 1976 nach Kalifornien ging, hatte ein neues Trainingssystem entwickelt, das die erforderliche Trainingszeit dramatisch verkürzte. Mentzer glaubte, dass kürzere und intensivere Trainingseinheiten, gefolgt von größeren Ruhephasen, zu guter Letzt mehr Muskelwachstum bringen würden als traditionelle Trainingsmethoden. Nach Mentzers System sollte ein Bodybuilder an vier Tagen in der Woche während 90-Minuten-Einheiten sehr hart an allen Körperteilen arbeiten. Mentzer glaubte, dass sich der Körper zuerst von der Anstrengung erholt , der Muskel anschließend wächst und sein hochintensives Training dem Muskel einfach mehr Zeit für den Aufbau lässt.
Mentzers Methode nahm an Akzeptanz zu und gewann unter den Bodybuildern neuen Stils, die nach Arnolds Rücktritt Prominenz erlangten, an Popularität. Arnold als jemand, der den Kontakt zu seinen Wurzeln nicht verliert, war sich bewusst über Mentzers zunehmend wichtiger werdende Rolle im Bodybuilding. Mentzer, so sickerte durch, hatte einen fatalen Fehler gemacht. Der keineswegs bedächtige Mann hatte innerhalb des inzestuös eng geknüpften Kreis von Champion-Bodybuildern eine Abneigung gegen Arnolds eigene Trainingsmethoden geäußert mit dem Anspruch, diese seien überholt und seinen eigenen weit unterlegen. Kurz gesagt, Mentzer erklärte öffentlich, dass er und nicht Arnold der Größte sei. Arnold mochte das nicht hören. Er mochte nicht hören, dass irgendein anderer Mann dachte, er und nicht Arnold sei der Beste. Das war so, seitdem er 10 Jahre alt war.
Zwei Wochen vor dem Mr.Olympia 1980 wurde Arnold von einer Krankheit umgehauen und verlor zehn Pfund. Das hielt ihn nicht davon ab, dem österreichischen Journalisten Roman Schliesser ein Interview zu geben, der regelmäßig in seiner Kolumne „Adabei“ für das Wiener Blatt ‚Die Kronen Zeitung’ über Arnold berichtete. Und wenn Mentzer, Zane und alle anderen ‚Die Kronen Zeitung’ abboniert und das Glück gehabt hätten, genug deutsch zu verstehen, wären sie nicht derart von den folgenden Ereignissen in Sidney, Australien, überrascht worden. Arnold hatte Schliesser gegenüber ziemlich offen enthüllt, „Am 4.Oktober wird in Sidney der nächste Mr.Olympia gewählt. Ich bin Sportkommentator für das CBS Fernsehen. Aber ich mache es. Ich habe sechs Wochen lang trainiert. Ich trete gegen Frank Zane an, der dreimal Mr.Olympia war, aber sie werden alle in Tränen ausbrechen, wenn ich wieder gewinne.“ Schliessers Artikel wurde am 28.September veröffentlicht, nur sechs Tage bevor Arnold beim Mr.Olympia 1980 die Bombe platzen ließ.
Maria Shriver begleitete Arnold nach Australien, obwohl sie anfangs gegen die Idee eines Comebacks gewesen war. Es sei weitaus besser, schlug sie vor, wenn er eine neue Sprache lernt. Schließlich war er sechsmal Mr.Olympia gewesen. Aber er war fest entschlossen, so war sie selbstverständlich dort, um ihn zu unterstützen.
Der Wettbewerb wurde von einem der engsten Freunde Arnolds, dem IFBB-Funktionär Paul Graham ausgerichtet. So oder so war ihm also bekannt, dass Arnold teilnehmen würde. Paul hatte alles für eine Filmcrew arrangiert, die bereit stand, das Ereignis aufzunehmen. Das Ergebnis war ‚Das Comeback’, nicht zu vergleichen mit ‚Pumping iron’, aber ein weiteres Dokument des Mr.Olympia 1980.
Der Wettbewerb wurde durchgeführt im Opernhaus von Sydney und obgleich er den Kameras Grahams gegenüber bekannte nervös zu sein, betrat er das Opernhaus strotzend vor Selbstvertrauen. Als er gefragt wurde, welche Musik er für den Wettbewerb ausgesucht habe, warf er sorglos den Kopf zurück und erwiderte verächtlich: „Musik? Welche Musik? Ich kam mit Muskeln. Mach irgendeine Musik an, die dir gefällt.“ Natürlich glaubten all die anderen Bodybuilder, die seinen Körper noch nicht gesehen hatten, dass Arnold, der überraschende Teilnehmer, groß in Form wäre. Später äußerte sich Serge Nubret, der ihn schon seit Jahren kannte: „Ich bin sicher, dass Arnold, eben typisch Arnold, die Halle bereits inspiziert, sich die Musik angehört und sichergestellt hatte, dass alles in Ordnung war.“
In der Nacht zuvor bemerkte der Teilnehmer Boyer Coe, dass Arnold ein Comeback plante. Nachdem er Arnold unbekleidet gesehen hatte, nahm er Frank Zane zur Seite und mit einem Anflug an Sorge um Arnold wunderte er sich offen: „Warum tut sich Arnold so etwas an? Er hat nicht die geringste Erfolgschance.“ Nicht nur, dass er in den vergangenen fünf Jahren keinen Wettbewerb mehr bestritten hatte; das Bodybuilding hatte sich auch weiterentwickelt.. Zu Arnolds Zeiten kamen nur drei oder vier andere Bodybuilder an seinen Standard heran. Jetzt waren da viele. Darüber hinaus war das Niveau der Wettkämpfe weit höher und die Bewegungsabläufe waren weniger dem Zufall überlassen, sondern choreographisch.
Später dann in jener Nacht trat Arnold an Zane heran und fragte, ob er einen Umkleideraum mit ihm teilen möchte. Frank erwiderte: „Arnold, versuchst du, mich psychisch auszutricksen?“ „Oh nein“, antwortete Arnold. „Ich würde nie versuchen, so etwas zu tun.“ In Wahrheit, wie auch immer, stand er genau in dieser Nacht davor, den größten Psycho-Krieg seiner ganzen Karriere zu erleben.
Die IFBB hatte gerade eine entscheidende Änderung der Regeln des Mr.Olympia-Wettbewerbes vorgenommen. Vor 1980 war der Mr.Olympia-Wettbewerb unterteilt in zwei unterschiedliche Gewichtsklassen. Als erstes haben sich die Männer, die über 200 Pfund wiegen, gemessen. Als nächstes konkurrierten die Männer unter 200 Pfund. Dann traten die Gewinner der zwei Klassen gegeneinander an. Dem Sieger dieses Wettbewerbes wurde dann der Mr.Olympia-Titel zuerkannt. Boyer Coe hatte aus verschiedenen Gründen den Vorschlag unterbreitet, die zwei Gewichtsklassen abzuschaffen mit einem finalen Wettbewerb zwischen den sechs besten Bodybuildern. Das führende Gremium der IFBB hatte Boyers Vorschlag akzeptiert und das neue Reglement wurde umgesetzt.
Obwohl der Höhepunkt des Mr.Olympia-Wettbewerbes normalerweise die Show ist, werden die Ergebnisse hauptsächlich während eines nicht öffentlichen Vorwahltreffens ermittelt. Bei der Vorwahl 1980 hatte der 11-Stunden-Wettkämpfer heftige Einwände gegen das neue IFBB-Reglement. Er bevorzugte den Wettbewerb alten Stils und bestand darauf, dass die ursprünglichen Regeln wieder in Kraft gesetzt werden. Boyer Coe erklärte ihm geduldig, dass den neuen Regel bereits zugestimmt worden war.
Arnold protestierte. Mike Mentzer brüllte ihn nieder. Woraufhin Boyer Arnold verteidigend zur Seite sprang und zu Mike sagte, dass sie sich Arnolds Standpunkt anhören sollten. Arnold, der noch nie jemand war, der einen Verteidiger brauchte, wendete sich an Boyer und schrie: „ Boyer, warum handelst du nicht wie ein Mann?“ Dann drehte er sich zu Mike und versetzte dem jungen Emporkömmling, der es gewagt hatte, sowohl seine Vorherrschaft als auch seine Trainingsmethoden in Frage zu stellen, verbal einen schweren Schlag: „ Mike, was du noch lernen musst, ist dein großes, fettes Gedärm vor dem Raushängen zu bewahren. Den Wettkampf letztes Jahr hast du aus dem Grund verloren, dass du einfach zu fett warst. Du sahst aus wie Hölle und heute siehst du nicht besser aus.“
Mike Mentzer ging auf Arnold los. Und wenn Bill Pearl und Ben Weider sie nicht getrennt hätte, wäre der berühmte Kopf von Arnold, der sich hinsetzte, von Mike in Stücke geschlagen worden, der über ihm stand und sich in blinder Wut anschickte, loszuschlagen und Arnold zu Staub zu verarbeiten. Stattdessen hatte Arnold mit ein paar gut gewählten Worten zu guter Letzt Mike zu Staub verarbeitet. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte Mike Mentzer den Wettbewerb vergessen. Wieder mal hatte Arnold seinen Gegner psychisch ausgetrickst.
Von da an hatte Arnold in dem Maße die Oberhand, wie Mike Mentzer deprimiert war. Wann immer Mentzer hinter Arnold ging, begann sein ganzer Körper zu zittern. Auf der Bühne achtete Arnold darauf, dass er Augenkontakt hatte, zwinkerte Mentzer zu, der so ärgerlich wurde, dass er vergaß seine Muskeln anzuspannen.
Frank Zane war Arnolds nächstes Ziel. Ein Jahr später beschrieb Arnold seine Taktiken in einem Interview: „Ich wusste, dass Frank Zane während des Wettbewerbs angespannt war, weil er in den letzten sechs Wochen nicht einmal gelacht hatte. So würden, wenn ich ihm gegenüber also einen Witz reiße, all die Lacher, die er angesammelt hatte, flutartig herausbrechen.
Also bereitete ich einen Witz vor und erzählte ihn ihm während der Vorwahl. Er platzte so sehr raus, dass er sich zurücklehnte und vorbeugte. Und selbstverständlich schauten die Kampfrichter die ganze Zeit und machten Notizen. Sie dachten wahrscheinlich, ‚Er betreibt das nicht ernsthaft’. Nach fünf Jahren ohne Wettbewerb war es wundervoll, wieder die psychologische Kriegsführung einzusetzten.“
In Interviews, die während des Wettbewerbs geführt und für ‚Das Comeback’ aufgenommen wurden, behauptete Arnold, dass er über seinen ersten Schritt auf die Bühne nach fünf Jahren unsicher sei. Aber als er begann zu den Klängen von ‚Exodus’ zu posieren, war er davon begeistert, dass sich nichts geändert hatte. Während er auf die Ergebnisse wartete, triumphierte er: Überschäumend von Begeisterung und Selbstbewusstsein wartete er ungeduldig auf die Ergebnisse des Mr.Olympia 1980 und war davon überzeugt, dass er gewonnen hatte.
Wie Dan Howard, einer der Preisrichter von 1980 sagte: „Arnold schlägt die Leute, bevor sie auf die Bühne gehen.“ Er hatte Recht. Obwohl Arnold nur acht Wochen trainiert hatte, während all die anderen Teilnehmer dies ein Jahr lang getan hatten, wurde er nichtsdestotrotz zum Mr.Olympia 1980 gekürt. Das Publikum drehte durch. Freilich nicht auf die Art und Weise, wie Arnold es gewohnt war.
Paul Graham, der mit Unterstützung des Filmproduzenten Geoff Bennett bei ‚Das Comeback’ Regie führte, ließ bei der Vertonung den Ausbruch, der auf die Verkündigung des Olympia-Gewinners 1980 folgte, weg. Worte eines Augenzeugen: „Das Publikum war wütend, warf mit Sachen, schimpfte. Ein großer Chor mit ‚Schiebung, Schiebung, Schiebung’ brauste auf. Das hatte es bei einem anderen Bodybuilding Wettbewerb so noch nie gegeben. Jeder an diesem Ort buhte Arnold aus, schrie ‚bullshit’ und machte verärgert Krawall. Arnold wurde wütend und lief rot an.“
Kochend vor Wut stürmte Arnold aus dem Opernhaus von Sidney, hart verfolgt von einer Gruppe von Reportern. Fast schon rannte er zum Ausgang und vermied es auf ihre Fragen zu antworten, den Kopf schüttelte er in einer Mischung aus Zorn und Verachtung. Nahe beim Ausgang bemerkte er plötzlich, dass Maria hinter ihm mit einigen Reportern sprach und weit davon entfernt war, an seiner Seite zu sein. Gemäß Helmut Cerncic schrie Arnold mit der ihm größtmöglichen Lautstärke: „Du dumme Hure (im Original: ‚stupid bitch’), ich warte auf dich. Komm her.“ Helmut, der Arnold seit seiner Teenagerzeit vor all den Jahren als Einzelgänger aus dem Athleten Verein kannte, bezeugte diese Szene und dachte bei sich selbst: Dieser Junge aus Österreich, der niemals einen Pfennig hatte, nicht Englisch sprechen konnte, kennt jetzt jemanden aus der Kennedy Familie und spricht mit ihr in dieser Art und Weise. Er war verblüfft.
Die Stellungnahmen zu Arnolds Olympia Sieg waren zahlreich und unterschiedlich. Manche erklärten, dass er außer Form war und mit diesen Beinen nicht einmal einen Mr.Österreich Titel gewonnen hätte. Andere fanden, dass er verglichen mit den übrigen Teilnehmern zwar in Form war, er sich aber weit unter seiner Bestform befand. Dann waren da solche, die sagten, dass Franco dem Ausmaß der Begünstigung Arnolds die Krone aufgesetzt hatte, indem er in vollem Blickfeld der Kampfrichter auf die Bühne marschierte und Arnolds Körper trockenrieb, was es ihm leichter machte, seine Posen zu halten, wie die Kritiker sagten.
Unter den Behauptungen, die ernster zu nehmen waren, berief sich eine darauf, dass alle Kampfrichter des Mr.Olympia 1980 entweder mit Arnold befreundet oder geschäftlich mit ihm in Verbindung standen. Und obwohl niemand Vorwürfe gegen die IFBB erhob, den Wettbewerb zu Arnolds Gunsten gestaltet zu haben, schien es so, als hätten die Kampfrichter nur Augen für Arnold gehabt.
Einer der Kampfrichter, wie auch immer, war von Arnold nicht so begeistert gewesen. Überraschenderweise hatte ihn sein alter Freund Dan Howard tatsächlich auf den vierten Platz gesetzt. Dan, der nicht wollte, dass Arnold die Wahrheit von irgendjemand anders erfährt, trat an ihn heran und erzählte ihm, wie er gewertet hatte mit der Erklärung: „Ich war nicht der Ansicht, dass du der Beste warst.“ Dans Worte hätten für Arnold nicht schlimmer sein können, so dass er ein Jahr lang nicht mehr mit Dan redete. Als er sich letztendlich wieder dazu erweichen ließ, sagte er, fast wie ein beleidigtes Kind: „Ich hätte nicht gedacht, dass du als mein Freund mich auf den vierten Platz setzen würdest.“
Der Streit wütete weiter und Arnold tat alles in seiner Macht stehende, um seinen guten Ruf wieder aufzupolieren. Einen Monat nach dem Wettkampf war Jack Neary, einer von Joe Weiders Topjournalisten, zu Hause in Calgary, um seinen Bericht über den Olympia 1980 zu schreiben. Der Schwermut entronnen, rief Arnold ihn an, lud ihn zum Mittagessen ein und erklärte ihm, dass er aus reinem Zufall in Kanada war, um nahe bei Alberta ein Seminar zu geben. Jack aß mit Arnold zu Mittag, der sein Bestes versuchte, die Richtung zu beeinflussen, die Jack in seinem Artikel einschlagen würde. Mit seinem Misserfolg konfrontiert, kehrte er zurück zu seinem Stil eines ‚elder statesmans’ und ermahnte Jack „Lass uns einen positiven Bericht über den Wettkampf machen. Jetzt ist nicht die Zeit, um in der Öffentlichkeit schmutzige Wäsche zu waschen.“ Jack versicherte Arnold, dass er fair sein würde. Als der Artikel veröffentlicht wurde, ergänzt mit einem ausführlichen Bericht über den Wettkampf, bezeichnete ihn Arnold von Angesicht zu Angesicht als Hure (im Original: ‚whore’).
Der Zank über den Olympia 1980 war extrem und färbte ab auf Arnold nächsten Wettbewerb, den Profi-Mr.Universum, den er und Jim Lorimer einen Monat später in Columbus, Ohio ausrichtete. Arnold hatte angekündigt, dass der neue Mr.Olympia bei dem Wettkampf als Gast posen würde, nicht wissend, dass er selbst den Titel gewinnen würde. Als die Zeit kam, erwartete das Publikum von Arnold, dem neuen Mr.Olympia, dass er posen würde, was er kategorisch ablehnte. Und das Publikum des Pro-Mr.Universum revanchierte sich, genau wie das Publikum des Olympia 1980, indem es ihn heftig ausbuhte. Der mächtige Arnold begann abzustürzen.
Keine sechs Monate nach dem Wettkamp passierte es, dass Frank Zane mit Arnold zusammentraf. Frank glaubte – und tut es noch – dass Arnolds unerwartete Teilnahme am Mr.Olympia 1980 teilweise motiviert war von der Beachtung, die Frank mit dem Gewinn des Olympia 1979 zuteil wurde. „Ich wusste, dass Revanche ein Teil seines Beweggrundes war“, sagte Frank. „Er brachte mich ganz eindeutig dazu, teilzunehmen. Und er sagte nichts über seine Absichten bis er mit seiner Sporttasche bei der Show eintraf.“
Als Frank und Arnold wie alte Freunde, die sie waren, ein halbes Jahr nach dem Sidney-Ereignis zusammen frühstückten, kam Frank auf den Wettkampf zu sprechen. Arnolds Erklärung zu dem Thema war diese: „Als Jimmy Carter zu Ronald Reagan ging und sagte: ‚So sieht mein Plan aus, wie ich dich bei der nächsten Wahl schlagen kann; so plane ich zu gewinnen.’ Reagan würde natürlich einen Vorteil aus seinem Wissen ziehen. Das Verhältnis zwischen Carter und Reagan ist nicht freundschaftlich. Sie sind Konkurrenten. Das ist Strategie.“ Die Wahrheit sah so aus, dass für Arnold Freundschaft nichts bedeutet, sobald es zu Wettbewerb und Konkurrenz kommt.
Frank und Arnold blieben Freunde. Dennoch warf das Stigma von Arnolds last- minute-Einstieg in den Mr.Olympia und der Beschuldigungen, welche die Ergebnisse trübten, seinen Schatten auf seinen Sieg und fand in der Bodybuilding-Welt großes Echo. Obendrein goss Arnold mit seiner typischen Prahlerei Öl in das Feuer, weidete sich in der überarbeiteten Fassung von Georg Butlers und Charles Gaines Buch ‚Pumping Iron’ an seinem Mr.Olympia Titel 1980. Mit seinem Einstieg beabsichtigte er, sagte Arnold, „eine gute Zeit zu haben, seine Rivalen zu überraschen, zu sehen, wie sie verrückt werden und Durchfall bekommen, weißt du? Und verwirrt sind sowie aus der Fassung gebracht werden und erleben müssen, wie die Karriere, die sie für sich selbst geplant hatten, innerhalb von zwei Sekunden das Rohr runter geht.“
Das Ergebnis des Mr.Olympia 1980 mag Arnolds Stellung und eventuell sogar seine Bodybuilding-Krone gefährdet haben. Wie auch immer, das letzte Wort gebührt Arnold selbst, der kurz nach dem Wettbewerb während eines Besuches von Rick Wayne sagte: „Ich weiß, ich werde wegen all dem eine harte Zeit erleben, aber gib mir ein Jahr – sechs Monate bis ein Jahr – sie alle werden diesen Lärm vergessen haben. Und ich werde noch immer den Olympia sieben Mal gewonnen haben.“ Und so war es.
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