Reizdarm

Das Experiment

Well-known member
Ist mir jetzt ein etwas unangenehmes Thema, aber ich versuchs mal, zu beschreiben:

Jedes mal bei längeren Ausdauerbelastungen muss ich nach etwa anderthalb Stunden essen oder zumindest etwas kalorienhaltiges trinken. Ich habe jetzt schon öfter beobachtet, dass, wenn ich das während der Belastung tue (ca. 90% maxHF), ca. 10 Minuten später mit Durchfall auf dem Klo sitze. Es geht einfach nicht weiter.
Ich kann nur Nahrung aufnehmen, wenn ich mit dem Puls ca. bei 130-140 bin, vorher gar nicht. Das heißt, ich muss anhalten, 1-2 Minuten pausieren, dann essen, dann weiter. Das klaut mir natürlich einen Haufen Zeit ab einer gewissen Renn-/ Wettkampfphase. Das funktioniert aber auch nur mit kurzkettigen Kohlenhydraten.

Kann man sich auf Nahrungsaufnahme während Belastung konditionieren oder gibt es bestimmte Nahrungsmittel, die man besser verträgt oder hab ich einfach nen üblen Reizdarm?
 
A

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Re: Reizdarm
Wenn du diese Symptome nur beim Sport hast, in Ruhe aber nicht, ist es wahrscheinlich kein Reizdarmsyndrom.

Die beiden Stränge des vegetative Nervensystems arbeiten antagonistisch. Bei sportlicher Betätigung tritt die Arbeit des Sympathicus in den Vordergrund welcher Herzschlag, Kohlenhydratverbrennung etc. erhöht, die Verdauung aber hemmt. In Ruhe arbeitet vorrangig der Parasympathicus welcher die Verdauung wieder fördert. Das könnte dein Problem erklären. Gerade bei den großen Anstrengungen arbeitet der Sympathicus unter "Volldampf" weswegen dein Magen-Darm-Trakt wohl nicht ganz hinterherkommt.und die Verdauung nicht ordentlich funktioniert.

Das du vor dem Training/Wettkampf noch eine kleine Kohlenhydratmahlzeit zu dir nehmen solltest weißt du ja sicher. Während der Belastung ist es sinnvoll die Energiezufuhr nur über Flüssigkeiten zu bewerkstelligen. Spich mit in Wasser gelösten Einfach- und ZWeifachzuckern, das beansprucht die Verdauung nicht so arg weil nicht mehr viel zerlegt werden muss, und etwas Natrium (z.B. aus Kochsalz). Diese Getränke können isotonisch sein oder, wenn du sehr viel schwitzt u./o. an Durchfall leidest, auch hypotonisch. In diesem Fall ist die Wasseraufnahme schneller.

Ob du deinen Darm darauf konditionieren kannst nicht gereizt auf Nahrungszufuhr zu reagieren weiß ich nicht. Das ist wohl auch eine sehr individuelle Sache. Probieren kannst du es im Training.

Grüsse
 
Das tritt teilweise auch im Ruhezustand auf. Nur halt nicht so oft, aber in nicht vorhersehbaren Situationen und mit wechselnden Nahrungsmitteln. Laktoseintoleranz wurde bei mir schon festgestellt, dementsprechend ernähre ich mich auch. Gluten vertrage ich.
So, wie du das beschreibst gibt es allerdings wenig Hoffnung, dass ich mich über Langstrecken mit Gels und Riegeln ernähren kann ...
 
Es ist für den Patienten in so einer Situation recht schwierig herauszufinden was zu einer Reizung des Magen-Darm-Traktes führt. Da kannst du dir höchstens die Mühe machen mal Buch zu führen in welchen Situationen es auftritt (Stress, oder der Ruhezustand nach großem Stress z.B.), die Nahrungsmittel die du in den Stunden vorher konsumiert hast oder evt. auch Medikamente. Über längere Zeit gesehen gibt es dir evt. Aufschluss über die Dinge die du evt. nicht verträgst.
 
Ja, okay, danke dir erstmal!

Ist eigentlich ein Problem, dass ich schon seit der Kindheit habe. Tritt wie gesagt in unterschiedlichsten Situationen auf - abends in Ruhe, kurz nach dem Sport, während Höchstbelastung, es ist nicht wirklich vorhersehbar.
 
Hallo Experiment,
das, was Marry88 sagt, ist alles richtig, geht aber etwas am Problem vorbei. Bei Hochbelastung muss die Verdauung zu Gunsten des belasteten Muskulatur zurücktreten. Für mich bedeutet das:Bei Hochbelastung isst man nicht.
Ich habe auch nachgesehen, wie das Lance Armstrong hält (Das Lance Armstrong Trainingsprogramm). In dem Büchlein steht geschrieben, bergauf solle man nicht essen, sondern auf eine Bergabstrecke oder ebene Strecke warten. Es steht ebenfalls geschrieben, dass man nicht erst bei Hunger essen soll, sondern vorher, sozusagen auf Vorrat.
Wenn du jetzt erwiderst, dass der Zeitverlust aber da ist, kann ich nur sagen, das ist oder war bei Lance genauso und bei ihm kams wohl mehr darauf an.
Viele Grüße
Joe23
 
Zuletzt bearbeitet:
Hey Joe

ist aber nett von dir das du mein Baujahr auf 88 umänderst...gleich 5 Jahre jünger innerhalb einer Nacht :D

Das nicht erst bei Hunger essen wird ja bei den hypotonischen Getränken schon mit berücksichtigt. regelmäßige kleine Zuckermengen die schnell resorbiert werden können und damit den Verdauungstrakt nicht belasten aber trotzdem Energie liefern.
 
Hallo Marry,
kannst du mir sagen, warum hypotonische Getränke besonders leicht verdaulich sein sollen, die Darmwand muss doch Energie aufwenden, um Glukose entgegen dem osmotischen Gefälle zu transportieren?
Joe
 
Den Ratschlag hypotonische Getränke zu bevorzugen gab ich weil er über Durchfall klagte und bei dieser Form der Flüssigkeitsaufnahme die Wasserresorption schneller abläuft als bei isotonischen und hypertonischen Getränken. Also eine Vorsichtsnaßnahme gegen dieses Symptom. Da hab ich mich wohl nicht ganz so eindeutig ausgedrückt, Allgemein kann man auch isotonische Getränke während des Trainings/Wettkampfs zu sich nehmen wenn man dementsprechend keine Beschwerden hat. Das die Energiebereitstellung bei diesen Getränken schon mit inbegriffen ist kommt daher das man eben bei Belastungsphasen viel trinken sollte und man gleichzeitig die darin gelösten Nährstoffe mit aufnimmt.

Was die Glucoseaufnahme angeht hast du zum Teil Recht. Zunächst wird Glucose zusammen mit Natrium passiv über einen Natrium/Glucose-Symporter in die Darmzellen (Enterozyten) aufgenommen. Da das allerdings nur geht wenn ein Konzentrationsgefälle vorhanden ist muss das Natrium dann aktiv wieder aus dieser Zelle herausgeschleust werden. Das erfolgt dann über eine ATP-verbrauchende Natrium/Kalium-ATPase. Der gesamte Vorgang ist also sekundär-aktiv. Die Glucose selbst gelangt durch passive Diffusion über den insulinunabhängigen GLUT (GLUcose-Transporter)2- (Glucose-Uniport-Carrier, u.a. an der dem Blut zugewandten Seite der Darmzellen) ins umgebende Gewebe und damit auch ins Blut.

Grundsätzlich müssen Einfachzucker nicht weiter verdaut werden. In Wasser gelöste Disaccharide und Oligosaccharide nur in geringem Maße im Vergleich zu fester Nahrung. Für große Belastungsphasen sind sie also vorzuziehen weil eben dabei der durch den Sympathicus gebremste Verdauungsvorgang nicht groß genutzt werden muss. Wichtig ist die schnelle Resorption deren Weg ich oben erklärt habe.
 
Danke Marry, ich gebe zu, ich habe die Frage gestellt um dich aus Deiner selbstsicheren Bahn zu werfen. Das ist mir nicht gelungen. Meinen Respekt hast du.
 
Hallo Marry, Experiment,

1) Ganz toll Marry, dass mal jemand was über den Sympatikus schreibt. Hier sind in der Sportwissenschaft noch ein paar Doktorarbeiten fällig, vielleicht sogar der Nobelpreis.
Wenn ich abnehmen will mach ich harte Cardioeinheiten und freue mich über eine leichte Übelkeit. Über Durchfall aber nicht so wirklich. In den 70 Jahren wurde diese Wirkung - viel kalorien verbrennen aber übelkeit - bei Wettkampfsportlern sehr gerne genutzt.
2) Der Kurt Moosburger hat eine PDF Datei über das Trinken im Sport. Die ist aber kaputt und kann über google und HTML schnellansicht angeschaut werden.
Dort ist die zusammensetzung eines sportgetränks auch am ende erklärt.
3) Gegen sportbedingte Durchfälle helfen mir Reis (ohne scharfe sosse) und Bananen. Nach paar Tagen komm ich dann mit Erdnüssen gut zurecht. JA, die billigen Dinger aus der Dose vom ALDI. Die sind zwar nix gegen Durchfall, aber gegen die Verstopfungh, die ich vom Reis bekomme.
Gruss Peter
 
ist in dem, was du während des trainings zu dir nimmst evtl frachtzucker enthalten? manche leute vertragen ja auch keinen fruchtzucker..
lg, spaghetti
 
Teilweise war auch Fruchtzucker drin ja. Kann es aber auch an Säuren liegen? Hab den Eindruck, Fruchtsäfte und Limonaden treiben es besonders arg mit mir. Gerade was isotonische getränke angeht.
 
Hm

Fruchtsäfte und Limonaden? Sind mit letzterem die komisch bunten Sportler-Isodrinks gemeint oder tatsächlich Limos?
Limonaden im Sinne von Softdrinks und reine Fruchtsäfte sind hyperton, d.h. das Wasser kann schlechter resorbiert werden also bei isotonen Getränken. Das ist bei hohem Schweißverlusten also eher unerwünscht.

Wie Peter schon ansprach kann man sich ein gutes Sportgetränk auch selber zusammenstellen:

80-120Maltodextrin auf 1l Wasser. dazu 1-2g Kochsalz (1 gestrichener TL sind etwa 5g, zum Vergleich). Maltodextrin gibt es in reiner Form in der Apotheke. Es schmeckt allerdings nicht süß. Wenn du reine Glucose nehmen möchtest sollte der Anteil unter 50g/l Wasser liegen. Bis 80g/l Wasser kannst du gehen wenn du Saccharose einsetzt (normaler Haushaltszucker). Oder eine Mischung von Einfachzuckern und Dextrinen um Geschmack und Energiezufuhr zu verbessern. (Werte von Dr. Moosburger übernommen)

Kalium, Calcium und Magnesium könnte man so zusetzen wie diese Mineralstoffe mit dem Schweiß verlorengehen. Da bei Calcium und Magnesium nur etwa 30-35% durch den Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden also etwa die dreifache Menge des Verlustes zum Getränk dazugeben. Mehr ist nicht notwendig.

Kalium: Verlust ca. 200-1200mg/l Schweiß, Zugabe ety 225mg Pro Liter Wasser
Calcium: Verlust ca- 15-70mg/l Schweiß. Zugabe von ca. 225mg pro l Wasser
Magnesium: Verlust ca. 5-35mg/l Schweiß, Zugabe von ca. 100mg/l Wasser

Dieser Ausgleich kann aber auch hinterher vollzogen werden. Wichtig für Wasserresorption und die Energieversorgung sind Zucker und Natrium.

Ob du eher kleine Zuckerbausteine verträgst oder ob auch Maltodextrin problemlos vertragen wird musst du selber während des Trainings rausfinden.

Um eine Fructoseintoleranz auszuschließen wäre mal wieder ein Check beim Arzt fällig. :) Fruchtsäuren werden von einigen Menschen nicht vertragen. Aber da wären wir wieder bei dem Tagebuch in welchen Situationen und Ernährungszuständen die Symptome auftreten.

@Peter: es ist schon manchmal amüsant und interessant was Sportler alles in Kauf nehmen oder gar genießen (Muskelkater oder deine angesprochene leichte Übelkeit) um ihre Ziele zu erreichen. Kein Wunder das so mancher Sportmuffel das gesamte Thema mit einiger Skepsis betrachtet :D

Grüsse

Maria
 
Zuletzt bearbeitet:
[...]

Jedes mal bei längeren Ausdauerbelastungen muss ich nach etwa anderthalb Stunden essen oder zumindest etwas kalorienhaltiges trinken. Ich habe jetzt schon öfter beobachtet, dass, wenn ich das während der Belastung tue (ca. 90% maxHF), ca. 10 Minuten später mit Durchfall auf dem Klo sitze. Es geht einfach nicht weiter.
Ich kann nur Nahrung aufnehmen, wenn ich mit dem Puls ca. bei 130-140 bin, vorher gar nicht. Das heißt, ich muss anhalten, 1-2 Minuten pausieren, dann essen, dann weiter. [...]

@Das Experiment:
Ich möchte Dich nicht in Frage stellen. Dennoch fällt es mir schwer (aus eigener Anschauung heraus) nachvollziehen zu können, dass Du nach etwa 1,5 Belastungsstunden etwas kalorienhaltiges zu Dir nehmen musst.
Ich habe bei langen Läufen (33-38km), bei sehr schnellen Zwischendistanzen (20-25km) und auch bei Wettkämpfen (Halbmarathon (1:18h) und Marathon (~2:50h)) dies bei mir nicht beobachtet und auch bei Trainingskollegen ebenfalls keine analogen Probleme wahrgenommen.
Ich habe vor Wettkämpfen (etwa 3 Stunden vorher) ein leichtes Frühstück gegessen, 1/2 Stunde vor dem Wettkampf noch eine Banane und hatte damit nie ein Verdauungsproblem und ganz sicher keinen Hungerast (mit Ausnahme eines Marathons, den ich viel zu schnell angegangen war).
Einmal während eines Trainings (12 schnellere km) - ich hatte kurz vorher einen Apfel gegessen - hatte ich kurz vor Schluss dann allerdings sehr wohl ein Problem: Durchfall.
Ich vermute, dass einerseits der Apfel (als gewähltes Nahrungsmittel) kontraproduktiv war und die Nahrungsaufnahme viel zu kurz vor der Belastung war (mein Körper wird vermutlich nicht mehr ausreichend Zeit und Resourcen zur Verfügung gehabt haben, um den Apfel zu verstoffwechseln und hat ihn daher halt durchgeschleust).

Bei Ultraläufen (z.B. 100km) ist eine Nahrungsaufnahme durchaus erforderlich. Allerdings ist der Belastungspuls hier einiges niedriger, dass der Körper in der Lage ist, Nahrung in kleinen Mengen aufzunehmen (analog zum Straßenradrennsport).

Ich weiß nicht, ob Du vor der Belastung etwas zu Dir nimmst. Mein Vorschlag wäre durchaus ähnlich vorzugehen, wie von mir oben angedeutet.


Grüße,
Jörg
 
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Du würdest es also auf die psychische Schiene ziehen, so nach dem Motto: ich rede mir nur ein, dass ich Hunger habe?
 
Ich weiß es nicht und jegliches Urteil wäre aus der Ferne naiv. Darum meinte ich, dass ich Dich nicht in Frage stellen möchte. Nur, ich kenne aus eigener Erfahrung das Hungergefühl so definitiv nicht.

Nun ja, jeder Körper ist anders. Insofern kann ich mich sicher nicht auf Dich übertragen. Ich hatte mir lediglich überlegt, was ich in Training und Wettkampf gemacht und erlebt hatte. Daher auch der Ansatz mit der Ernährung vor der Belastung und die Idee, woher der Durchfall auch kommen könnte.

Eine weitere Idee zum Thema Hungergefühl kommt mir noch:
Ich denke, es ist richtig, dass Du das Krafttraining intensiver betreibst, als das Ausdauertraining - bzw. war es in der kürzeren Vergangenheit noch so?
Ich weiß von mir, dass ich zu Zeiten des Ausdauertrainings das Krafttraining nur nebenbei betrieben hatte. Ich denke, dass mein Körper sich mit zunehmender Kondition und Belastungsdauer auch in der Verwertung der zur Verfügung stehenden Energiereserven anpasste und vielleicht schon früher mehr Energie aus Fettreserven nutzte, als es vielleicht bei einem weniger trainierten Menschen der Fall ist oder bei einem Menschen, dessen Körper durch eine andere, intensiver betriebene Sportart eine andere Art der Energiebereitstellung (stärkere Nutzung der Glykogenspeicher schon zu Beginn) kennt. Ich hätte damit meinen Hungerast später ... aber das ist hypothetisch. Wenn es dennoch so wäre, dann wäre es aus meiner Sicht durchaus sinnvoll, etwa 1/2 Stunde vor der Ausdauerbelastung eine Banane zu essen bzw. dies zumindest einmal auszuprobieren, wenn Du dies bisher noch nicht gemacht hattest.

Grüße,
Jörg
 
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@Marry83

Auch, ja. Daher auch die langen, langsamen Läufe, die ich vermutlich immer noch zu schnell angegangen bin. Aber auch die Vermutung, dass durch eine andere Sportart und eine andere Form der Energiebereitstellung der Körper vielleicht früher seine Glykogenspeicher leert, weil er dies schlicht so und nicht anders gelernt hat.

Aber dies kann ich wissenschaftlich nicht belegen - dazu fehlt mir schlicht der Background. Ich habe mich lediglich mit Ausdauertraining intensiv beschäftigt und da auch eher mit der Trainingsmethodik und weniger mit dem theoretischen Hintergrund ... und habe halt mich und meinen Körper beobachtet.
 
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