"Ich empfehle Leitungswasser!"
Leben Vegetarier länger? Ist Bio-Kost gesünder? Fragen über Fragen. Michael Krawinkel, Professor für Ernährung an der Universität Gießen, beantwortet sie alle.
FRAGE: "An apple each day keeps the doctor away", sagt man in England, und es gibt noch etliche andere Sprüche zum Thema gesunde Ernährung. Kennen Sie eine Faustregel, die wirklich sinnvoll ist?
ANTWORT: Tatsächlich kursieren immer noch viel zu viele Gerüchte und Halbwahrheiten, die sich niemand zum Maßstab nehmen sollte. Besonders schlimm ist, daß viele Leute glauben, man könne Nahrungsmittel wie Medikamente einsetzen und sozusagen durch sporadischen Verzehr bestimmter Sachen wieder gutmachen, was man seinem Körper ansonsten durch schlechte Ernährungsgewohnheiten an Schaden zufügt. Zuviel Alkohol, zu fettes oder zu süßes Essen - das läßt sich nicht einfach kompensieren.
FRAGE: Das heißt, wer gesund leben will, muß möglicherweise seine Ernährungsgewohnheiten von Grund auf umstellen?
ANTWORT: Ja, und das ist die große Schwierigkeit. Denn gerade was die Ernährung angeht, sind die Prägungen sehr stark. Bestimmte Gewohnheiten wird man eben einfach nicht so leicht los.
FRAGE: Sind deshalb auch die meisten Diäten erfolglos?
ANTWORT: Genau daran scheitern die meisten Diäten. Viele Menschen glauben dann zwar, sie würden sich plötzlich bewußt ernähren, in Wahrheit entscheidet aber im wesentlichen immer noch der Bauch.
FRAGE: Immerhin machen sich die Menschen zunehmend überhaupt Gedanken über ihre Ernährung. Leben wir heute gesünder als vor zwanzig Jahren?
ANTWORT: Schwer zu sagen. Aber zumindest steigt die Lebenserwartung, so daß wir uns offenbar nicht ungesünder ernähren als vor zwanzig Jahren. Auf der anderen Seite führt der Überfluß an Nahrungsmitteln in Industrieländern dazu, daß die Menschen sich schwerer tun, das Bekömmliche auszusuchen, anstatt sich von der ständigen Werbung beeinflussen zu lassen.
FRAGE: Womit sich die Frage nach der Bekömmlichkeit stellt. Worauf sollte man achten? Was ist gesund?
ANTWORT: Ein ganz wesentlicher Punkt ist, daß man genug trinkt. Anderthalb bis zwei Liter Wasser am Tag sollten es schon sein, an heißen Tagen natürlich mehr. Zum zweiten ist es einfach wichtig, genügend Obst und Gemüse zu sich zu nehmen - im Idealfall fünf unterschiedliche Obst- oder Gemüsesorten am Tag. Weniger Fleisch und weniger Fett ist auch nicht verkehrt.
FRAGE: Warum ist viel Wasser so wichtig?
ANTWORT: Manche behaupten, Altern sei ein Austrocknungsprozeß. Wenn man also die Organe jung halten und den Organismus durchspülen will, braucht man einfach eine bestimmte Menge an Flüssigkeit.
FRAGE: Empfehlen Sie bestimmtes Wasser?
ANTWORT: Man sollte darauf achten, daß im Wasser nicht zu viele Mineralsalze enthalten sind, weil bei einigen Menschen zuviel Salz zu hohem Blutdruck führt. Meine erste Empfehlung lautet deshalb Leitungswasser, denn da wird der niedrige Salzgehalt ständig kontrolliert. Ansonsten sollte man bei gekauftem Wasser einen Natriumgehalt von höchstens 50 Milligramm je Liter anpeilen. Die entsprechenden Werte stehen auf jedem Etikett.
FRAGE: Lebt man gesünder, wenn man sich mit Bio-Kost ernährt?
ANTWORT: Bio-Kost zeichnet sich dadurch aus, daß bei der Produktion möglichst wenig gesundheitsschädliche Stoffe hineinkommen. Allerdings haben wir in Deutschland auch für normale Lebensmittel sehr strenge Regeln, die etwa den Gehalt an Schwermetallen oder Pestiziden niedrighalten sollen. Insofern kann man sich auch mit normalen Lebensmitteln gesund ernähren. Tatsächlich gibt es auch keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die belegen, daß Bio-Produkte den normalen Lebensmitteln deutlich überlegen sind.
FRAGE: Wie sieht es mit Produkten aus, die frisch auf dem Wochenmarkt gekauft wurden? Sind die besser als Lebensmittel aus dem Supermarkt?
ANTWORT: Nicht unbedingt, weil die industrielle Verarbeitung von Nahrungsmitteln so hohe Standards erfordert, daß manche Lebensmittel aus dem Supermarkt sogar weniger Schadstoffe enthalten als solche vom Wochenmarkt. Hersteller von Säuglingsnahrung zum Beispiel unterliegen derart strengen Richtlinien, daß ein solches Produkt oft gesünder ist als ein Baby-Brei, der mit frisch vom Wochenmarkt gekauften Möhren zubereitet wurde.
FRAGE: Vor kurzem war zu lesen, daß Tütensuppen und andere Instant-Produkte zu einer verminderten Gehirnleistung führen. Macht Maggi dumm?
ANTWORT: Ich glaube, da wurden Ursache und Wirkung verwechselt. Tatsache ist, daß Menschen mit höherem Bildungsgrad sich mehr Gedanken über ihre Ernährung machen und deshalb seltener zu Convenience-Produkten greifen. Außerdem sind Menschen mit weniger Bildung auch empfänglicher für Werbung - und beworben werden nun mal Tütensuppen und kein frisches Gemüse.
FRAGE: Leben ungebildete Leute also ungesünder als Akademiker?
ANTWORT: Wer sich hauptsächlich von Fertigprodukten ernährt, deckt zwar seinen Nährstoffbedarf, verzichtet aber häufig auf die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe, wie sie in Obst und Gemüse vorkommen, ebenso wie auf Vitamine, die in Fertiggerichten nicht so gut haltbar sind. Aber die Aussage, Fertigprodukte seien gesundheitsschädlich, halte ich für überzogen. In einer gesunden Ernährung kann auf jeden Fall auch mal ein Fertiggericht vorkommen.
FRAGE: Ist es gut für die Gesundheit, wenn man sich vegetarisch ernährt?
ANTWORT: Im Prinzip ja, weil der hohe Anteil an pflanzlichem Eiweiß und pflanzlichen Fetten gegenüber einem hohen Fleischverzehr vorteilhaft ist. Aber es schadet nicht, wenn man einmal in der Woche Fleisch ißt.
FRAGE: Die meisten Leute essen allerdings mehrmals am Tag Fleisch...
ANTWORT:
...was dem Bedarf des Menschen nicht angemessen ist. Früher gab es den Sonntagsbraten, und montags vielleicht die Reste davon. Das war schon ganz gut so.
FRAGE: Also brauchen Vegetarier auch keine Nahrungsergänzungsmittel?
ANTWORT: Wer als Vegetarier nicht auch auf Eier- und Milchprodukte verzichtet, kann sich mit allen Nährstoffen völlig ausreichend versorgen. Wer sich wie die Veganer ausschließlich mit pflanzlichen Nahrungsmitteln ernährt, muß darauf achten, daß er genügend Vitamin B12 zu sich nimmt, weil das tatsächlich nur in tierischen Nahrungsmitteln vorkommt.
FRAGE: Was halten Sie eigentlich von den ganzen Vitamintabletten und Nahrungsergänzungsmitteln in Pillenform?
ANTWORT: Solche Sachen sind immer ein schlechter Kompromiß gegenüber einer ausgewogenen Ernährung. Wenn ich zum Beispiel eine Flüssigkeit mit hoher Konzentration an wasserlöslichen B- oder C-Vitaminen zu mir nehme, bleibt nur ein ganz geringer Teil davon im Körper, der Rest wird ausgeschieden. Die Amerikaner, die solche Tabletten ja besonders lieben, produzieren deshalb wahrscheinlich den teuersten Urin der Welt.
FRAGE: Die Nahrungsmittelindustrie bringt neben Pillen auch ständig neue Produkte auf den Markt, die gut für die Gesundheit sein sollen: Ginkgo-Sprudel für mehr Vitalität, Joghurt-Drinks für eine bessere Darmflora... Alles Humbug, oder ist da etwas dran?
ANTWORT: Wissenschaftlich ist jedenfalls nicht belegt, daß solche Erzeugnisse den normalen Lebensmitteln überlegen sind. Wenn ich zu einem vitaminarmen Gericht eine Vitaminpille schlucke, kann ich natürlich gewisse Defizite ausgleichen. Das ist einer vollwertigen und frischen Kost aber eindeutig unterlegen.
FRAGE: Wie frisch muß die frische Kost denn sein? Tut es zur Not auch tiefgekühltes Gemüse?
ANTWORT: Im großen und ganzen ist Tiefkühl-Gemüse so wertvoll wie frisches Gemüse. Tiefkühlen ist nämlich mit Sicherheit die schonendste Konservierungsform für Lebensmittel.
FRAGE: Übergewicht ist eine der häufigsten Folgen von falscher Ernährung. Was kann man dagegen tun?
ANTWORT: Da möchte ich einen antiken Denker zitieren: "Wenn du länger leben willst, dann ersetze eine Mahlzeit durch körperliche Aktivität." Die eigentliche Ursache für die weitverbreitete Übergewichtigkeit liegt nämlich nicht darin, daß wir immer mehr essen, sondern daß wir uns immer weniger bewegen. Ansonsten gilt tatsächlich die alte Faustregel "Friß die Hälfte". Das Grundproblem aber ist, daß kaum jemand, der abnehmen will, sich Gedanken darüber macht, warum er überhaupt zugenommen hat. Wer zum Beispiel mangelnde Zuwendung oder Geborgenheit durch Essen kompensiert, bei dem hilft auch keine Diät.
FRAGE: Also konsultiert man besser einen Psychologen statt einen Diätberater, wenn man abnehmen will?
ANTWORT: Das würde oft nicht schaden. Am besten aber beide.
FRAGE: Stimmt es eigentlich, daß es dick macht, wenn man unmittelbar vor dem Schlafengehen ißt?
ANTWORT: Nein. Man riskiert nur, daß man eine unruhige Nacht verbringt.
Die Fragen stellte
Alexander Marguier.
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.08.2003, Nr. 33 / Seite 44
Leben Vegetarier länger? Ist Bio-Kost gesünder? Fragen über Fragen. Michael Krawinkel, Professor für Ernährung an der Universität Gießen, beantwortet sie alle.
FRAGE: "An apple each day keeps the doctor away", sagt man in England, und es gibt noch etliche andere Sprüche zum Thema gesunde Ernährung. Kennen Sie eine Faustregel, die wirklich sinnvoll ist?
ANTWORT: Tatsächlich kursieren immer noch viel zu viele Gerüchte und Halbwahrheiten, die sich niemand zum Maßstab nehmen sollte. Besonders schlimm ist, daß viele Leute glauben, man könne Nahrungsmittel wie Medikamente einsetzen und sozusagen durch sporadischen Verzehr bestimmter Sachen wieder gutmachen, was man seinem Körper ansonsten durch schlechte Ernährungsgewohnheiten an Schaden zufügt. Zuviel Alkohol, zu fettes oder zu süßes Essen - das läßt sich nicht einfach kompensieren.
FRAGE: Das heißt, wer gesund leben will, muß möglicherweise seine Ernährungsgewohnheiten von Grund auf umstellen?
ANTWORT: Ja, und das ist die große Schwierigkeit. Denn gerade was die Ernährung angeht, sind die Prägungen sehr stark. Bestimmte Gewohnheiten wird man eben einfach nicht so leicht los.
FRAGE: Sind deshalb auch die meisten Diäten erfolglos?
ANTWORT: Genau daran scheitern die meisten Diäten. Viele Menschen glauben dann zwar, sie würden sich plötzlich bewußt ernähren, in Wahrheit entscheidet aber im wesentlichen immer noch der Bauch.
FRAGE: Immerhin machen sich die Menschen zunehmend überhaupt Gedanken über ihre Ernährung. Leben wir heute gesünder als vor zwanzig Jahren?
ANTWORT: Schwer zu sagen. Aber zumindest steigt die Lebenserwartung, so daß wir uns offenbar nicht ungesünder ernähren als vor zwanzig Jahren. Auf der anderen Seite führt der Überfluß an Nahrungsmitteln in Industrieländern dazu, daß die Menschen sich schwerer tun, das Bekömmliche auszusuchen, anstatt sich von der ständigen Werbung beeinflussen zu lassen.
FRAGE: Womit sich die Frage nach der Bekömmlichkeit stellt. Worauf sollte man achten? Was ist gesund?
ANTWORT: Ein ganz wesentlicher Punkt ist, daß man genug trinkt. Anderthalb bis zwei Liter Wasser am Tag sollten es schon sein, an heißen Tagen natürlich mehr. Zum zweiten ist es einfach wichtig, genügend Obst und Gemüse zu sich zu nehmen - im Idealfall fünf unterschiedliche Obst- oder Gemüsesorten am Tag. Weniger Fleisch und weniger Fett ist auch nicht verkehrt.
FRAGE: Warum ist viel Wasser so wichtig?
ANTWORT: Manche behaupten, Altern sei ein Austrocknungsprozeß. Wenn man also die Organe jung halten und den Organismus durchspülen will, braucht man einfach eine bestimmte Menge an Flüssigkeit.
FRAGE: Empfehlen Sie bestimmtes Wasser?
ANTWORT: Man sollte darauf achten, daß im Wasser nicht zu viele Mineralsalze enthalten sind, weil bei einigen Menschen zuviel Salz zu hohem Blutdruck führt. Meine erste Empfehlung lautet deshalb Leitungswasser, denn da wird der niedrige Salzgehalt ständig kontrolliert. Ansonsten sollte man bei gekauftem Wasser einen Natriumgehalt von höchstens 50 Milligramm je Liter anpeilen. Die entsprechenden Werte stehen auf jedem Etikett.
FRAGE: Lebt man gesünder, wenn man sich mit Bio-Kost ernährt?
ANTWORT: Bio-Kost zeichnet sich dadurch aus, daß bei der Produktion möglichst wenig gesundheitsschädliche Stoffe hineinkommen. Allerdings haben wir in Deutschland auch für normale Lebensmittel sehr strenge Regeln, die etwa den Gehalt an Schwermetallen oder Pestiziden niedrighalten sollen. Insofern kann man sich auch mit normalen Lebensmitteln gesund ernähren. Tatsächlich gibt es auch keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die belegen, daß Bio-Produkte den normalen Lebensmitteln deutlich überlegen sind.
FRAGE: Wie sieht es mit Produkten aus, die frisch auf dem Wochenmarkt gekauft wurden? Sind die besser als Lebensmittel aus dem Supermarkt?
ANTWORT: Nicht unbedingt, weil die industrielle Verarbeitung von Nahrungsmitteln so hohe Standards erfordert, daß manche Lebensmittel aus dem Supermarkt sogar weniger Schadstoffe enthalten als solche vom Wochenmarkt. Hersteller von Säuglingsnahrung zum Beispiel unterliegen derart strengen Richtlinien, daß ein solches Produkt oft gesünder ist als ein Baby-Brei, der mit frisch vom Wochenmarkt gekauften Möhren zubereitet wurde.
FRAGE: Vor kurzem war zu lesen, daß Tütensuppen und andere Instant-Produkte zu einer verminderten Gehirnleistung führen. Macht Maggi dumm?
ANTWORT: Ich glaube, da wurden Ursache und Wirkung verwechselt. Tatsache ist, daß Menschen mit höherem Bildungsgrad sich mehr Gedanken über ihre Ernährung machen und deshalb seltener zu Convenience-Produkten greifen. Außerdem sind Menschen mit weniger Bildung auch empfänglicher für Werbung - und beworben werden nun mal Tütensuppen und kein frisches Gemüse.
FRAGE: Leben ungebildete Leute also ungesünder als Akademiker?
ANTWORT: Wer sich hauptsächlich von Fertigprodukten ernährt, deckt zwar seinen Nährstoffbedarf, verzichtet aber häufig auf die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe, wie sie in Obst und Gemüse vorkommen, ebenso wie auf Vitamine, die in Fertiggerichten nicht so gut haltbar sind. Aber die Aussage, Fertigprodukte seien gesundheitsschädlich, halte ich für überzogen. In einer gesunden Ernährung kann auf jeden Fall auch mal ein Fertiggericht vorkommen.
FRAGE: Ist es gut für die Gesundheit, wenn man sich vegetarisch ernährt?
ANTWORT: Im Prinzip ja, weil der hohe Anteil an pflanzlichem Eiweiß und pflanzlichen Fetten gegenüber einem hohen Fleischverzehr vorteilhaft ist. Aber es schadet nicht, wenn man einmal in der Woche Fleisch ißt.
FRAGE: Die meisten Leute essen allerdings mehrmals am Tag Fleisch...
ANTWORT:
...was dem Bedarf des Menschen nicht angemessen ist. Früher gab es den Sonntagsbraten, und montags vielleicht die Reste davon. Das war schon ganz gut so.
FRAGE: Also brauchen Vegetarier auch keine Nahrungsergänzungsmittel?
ANTWORT: Wer als Vegetarier nicht auch auf Eier- und Milchprodukte verzichtet, kann sich mit allen Nährstoffen völlig ausreichend versorgen. Wer sich wie die Veganer ausschließlich mit pflanzlichen Nahrungsmitteln ernährt, muß darauf achten, daß er genügend Vitamin B12 zu sich nimmt, weil das tatsächlich nur in tierischen Nahrungsmitteln vorkommt.
FRAGE: Was halten Sie eigentlich von den ganzen Vitamintabletten und Nahrungsergänzungsmitteln in Pillenform?
ANTWORT: Solche Sachen sind immer ein schlechter Kompromiß gegenüber einer ausgewogenen Ernährung. Wenn ich zum Beispiel eine Flüssigkeit mit hoher Konzentration an wasserlöslichen B- oder C-Vitaminen zu mir nehme, bleibt nur ein ganz geringer Teil davon im Körper, der Rest wird ausgeschieden. Die Amerikaner, die solche Tabletten ja besonders lieben, produzieren deshalb wahrscheinlich den teuersten Urin der Welt.
FRAGE: Die Nahrungsmittelindustrie bringt neben Pillen auch ständig neue Produkte auf den Markt, die gut für die Gesundheit sein sollen: Ginkgo-Sprudel für mehr Vitalität, Joghurt-Drinks für eine bessere Darmflora... Alles Humbug, oder ist da etwas dran?
ANTWORT: Wissenschaftlich ist jedenfalls nicht belegt, daß solche Erzeugnisse den normalen Lebensmitteln überlegen sind. Wenn ich zu einem vitaminarmen Gericht eine Vitaminpille schlucke, kann ich natürlich gewisse Defizite ausgleichen. Das ist einer vollwertigen und frischen Kost aber eindeutig unterlegen.
FRAGE: Wie frisch muß die frische Kost denn sein? Tut es zur Not auch tiefgekühltes Gemüse?
ANTWORT: Im großen und ganzen ist Tiefkühl-Gemüse so wertvoll wie frisches Gemüse. Tiefkühlen ist nämlich mit Sicherheit die schonendste Konservierungsform für Lebensmittel.
FRAGE: Übergewicht ist eine der häufigsten Folgen von falscher Ernährung. Was kann man dagegen tun?
ANTWORT: Da möchte ich einen antiken Denker zitieren: "Wenn du länger leben willst, dann ersetze eine Mahlzeit durch körperliche Aktivität." Die eigentliche Ursache für die weitverbreitete Übergewichtigkeit liegt nämlich nicht darin, daß wir immer mehr essen, sondern daß wir uns immer weniger bewegen. Ansonsten gilt tatsächlich die alte Faustregel "Friß die Hälfte". Das Grundproblem aber ist, daß kaum jemand, der abnehmen will, sich Gedanken darüber macht, warum er überhaupt zugenommen hat. Wer zum Beispiel mangelnde Zuwendung oder Geborgenheit durch Essen kompensiert, bei dem hilft auch keine Diät.
FRAGE: Also konsultiert man besser einen Psychologen statt einen Diätberater, wenn man abnehmen will?
ANTWORT: Das würde oft nicht schaden. Am besten aber beide.
FRAGE: Stimmt es eigentlich, daß es dick macht, wenn man unmittelbar vor dem Schlafengehen ißt?
ANTWORT: Nein. Man riskiert nur, daß man eine unruhige Nacht verbringt.
Die Fragen stellte
Alexander Marguier.
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.08.2003, Nr. 33 / Seite 44