Meine Erfahrungen der letzten 12 Monate
Anfang des Jahres hatte ich mir eine bakterielle Ohrenentzündung zugezogen. Da ich mir Oropax den ganzen Tag im Juridicum gesessen hatte, muß das wohl eine ideale Gedeihbedingung für Bakterien in meinem Gehörgang gewesen sein. Man schrieb einen Sonntag. So ging ich also ins nächste Krankenhaus, nachdem etwaige Eigenbehandlungen mit Hausmitteln nicht fruchteten. Dort fragte man zuerst nach meinem "Kärtchen" - also Versicherungsnachweis - und dann durfte ich im Wartezimmer warten. Nach geraumer Zeit kam ein Arzt der Ambulanz auf mich zu, und fühlte sich berufen mich maßregelnd über die fehlerhafte Selektion der Ambulanz hinzuweisen, denn dies sei eine Ambulanz für die Innere Medizin. Mein „Problem“ (!) sei aber nur durch einen HNO-Arzt zu beheben. Nach bald sechs Stunden Ohrendröhnen war ich bereit, dem Kerl meine Argumente in Form von Prügeln mit auf den Weg zu geben. Anschließend bin ich nach Nachfrage in ein anderes Krankenhaus gefahren, die auch eine HNO-Ambulanz hatten.
Die Pointe: Man hätte mir den Ärger und auch dem neurasthenischen Arzt den Affront ob der Konfrontation mit einem leidgeplagten Patienten, der in die hohe Kunst der Medizin nur unzureichend eingeweiht ist, erfolgreich vermeiden können, wenn solche Behandlungs-Zuweisungen schon bei der Anmeldung erfolgt wären.
Ich dachte bis dahin, Krankenhaus sei Krankenhaus, und die Ohren gehören bis auf wenige pathologische Sonderfälle auch noch zur Allgemeinmedizin. Daß die Ärzte in der Ambulanz ebenfalls meist überlastet – mental wie körperlich – sind, rechnete ich dem Knilch auch noch schuldmindernd an.
Als ich vor knapp zwei Monaten meinen Fahrradsturz hatte, ertönte mitten in dem Patientengespräch in der Krankenhausambulanz ein akustisches Signal. Der Arzt wollte mir ferner noch etwas ausdrucken. Er sagte dann zu mir, daß er nun bedauerlicherweise keine Zeit mehr für mich hätte und aufbrechen müsse (sic!). Bezüglich des Ausdrucks sollte ich einer Schwester kurz Mitteilung machen (!). Da ich neugierig bin, schaute ich draußen im Auto meiner Freundin (die Österreicherin :winke

gleich einmal in den Umschlag hinein. Da war dann in der Krankengeschichte von halbseitigen Lähmungen die Rede, Taubheitsgefühlen und anderen grauenerregenden Dingen. Auch paßte der dort genannte Name nicht zu dem meinen, so daß wir auf halbem Wege umkehrten und ich in der Ambulanz meinen Ausdruck gegen den nicht für mich bestimmten zu tauschen verlangte.
Der Schwester war dies sichtlich peinlich, drum strafte sie mich auch mit bösen Blicken.
Ich will nun nicht anhand dessen in das Klagelied der schlechten Bedingungen der Krankenhäuser verfallen. Doch stimmt bedenklich, daß es auch Menschen gibt, die nicht geistesgegenwärtig sind, oder die mit dem Taxi einen weiteren Weg zum Krankenhaus fahren mußten und nunmehr mit falschem Brief sonstwo sind. Juristisch will ich diesen Fall der Leistungsstörung in Form der Schlechtleistung auch nicht würdigen. Aber ein fader Beigeschmack bleibt bestehen. Ein paar Geschichten hätte ich noch, wie etwa meine Blinddarmoperation (die Diagnose als solche war auch schon abenteuerlich: „Der Blinddarm wird es nicht sein. Gehen sie nach Hause und nehmen sie eine Paracetamol.“) im letzten Jahr, als man bei einem Patienten nicht erkannte, daß die 30 cm Narbe wegen einer Gallenoperation munter vor sich hin eiterte.
Nichtsdestotrotz habe ich Hochachtung vor der Medizin. Ein Bekannter arbeitet auf der „Stroke unit“. Das ist einfach nur faszinierend. :winke:
LG,
René