Studie zu Lebensversicherern warnt vor Pleiten
Ratingagentur Fitch erwartet Abschreibungen in „existenzbedrohender“ Höhe spätestens für 2003
Von Martin Reim
München – Die Rating-Agentur Fitch rechnet damit, dass eine Reihe von Lebensversicherern in nächster Zeit in massive Probleme gerät. In einer Studie heißt es, spätestens für 2003 würden Abschreibungen in einer Höhe fällig, die für eine „Vielzahl“ von Assekuranzen „existenzbedrohend“ seien. Es sei eine „massive Zuführung“ von frischem Geld notwendig, um Zahlungsfähigkeit und Stabilität zu garantieren. Falls dies nicht geschehe, seien Insolvenz möglich.
Die Studie prognostiziert außerdem, dass die so genannte Überschussbeteiligung – das ist im wesentlichen die jährliche Rendite der Kundengelder – für 2004 „sehr nahe an das gesetzliche Mindestniveau“ fällt. Dieses Niveau liegt, je nach Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, zwischen 3,25 und 4 Prozent. Für 2003 werden, wie die Versicherungen bereits bekannt gegeben haben, im Schnitt rund 4,8 Prozent bezahlt.
Fitch, die weltweit drittgrößte Ratingagentur, begründet diese Vorhersagen damit, dass sich die Aktienmärkte wohl nicht durchgreifend erholen würden und die Zinsen auf Talfahrt blieben. Beides lasse die Reserven der Lebensversicherer immer weiter schrumpfen. Nach Schätzungen der Studie waren bereits Ende 2002 die Summe der Lasten und Abschreibungen mit 45 bis 50 Milliarden Euro größer als das Volumen der Reserven (10 bis 15 Milliarden Euro). Allerdings sei der Großteil dieser Wertminderungen gerade bei Aktienbeständen nicht in den Bilanzen enthalten. Fitch verweist dabei auf eine Gesetzesänderung, wonach Kursverluste unter bestimmten Bedingungen als vorübergehend gelten können und deshalb nicht auszuweisen sind. Diese aufgeschobenen Abschreibungen müssten wohl bald nachgeholt werden, heißt es in dem Papier weiter, was zu der erwähnten Existenzbedrohung führe.
Die Ratingagentur hat auf Basis der Geschäftsberichte für 2001 bei 105 Lebensversicherern überprüft, wie es um die finanzielle Ausstattung mit Sicherheitsmitteln bestellt war. Gemäß dieses Kriteriums gelten nur rund ein Drittel der Firmen mindestens als „gut“, bei knapp der Hälfte lautet das Urteil „schwach“. Am schlechtesten schneidet die Lebensversicherungssparte der Mannheimer ab. Dort sind die Probleme offensichtlich bekannt: Neue Policen werden schon seit Monaten nicht mehr gezeichnet; laut Gerüchten steht der ganze Konzern zum Verkauf.
Solide Branchenführer
Auf dem zweitletzten Platz folgt die Familienfürsorge, die im vergangenen Jahr vom Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht vor dem Untergang gerettet wurde. Davor rangieren Dialog, HUK-Coburg, DEVK Allgemeine und Hannoversche. Laut Fitch ist zu erwarten, dass Firmen mit schwachen Bilanzen für 2001 mittlerweile noch schlechter da stehen. Die beste Ausstattung mit Sicherheitsmitteln hatten demnach Neckermann, PB Leben, Deutsche Allgemeine, Brunsviga, Pax und Asstel. Die Branchenzweite Hamburg- Mannheimer liegt immerhin auf dem 10. Platz, und Marktführerin Allianz folgt an 13. Stelle.