Atkins - die wissenschaftliche Evidenz

Nicolai

New member
Hier ein kurzer Kommentar eines der „ahnungslosen Blender“:

In den letzten Monaten sind 5 methodisch anspruchsvolle (randomisiert-kontrollierte) Interventionsstudien zur Atkins-Diät in der führenden medizinischen Fachliteratur veröffentlich worden (1-6). Sie zeigen übereinstimmend, dass sie hinsichtlich Gewichtsabnahme effektiver wirkt als die herkömmlich empfohlene, fettarme, kohlenhydratbetonte Reduktionsdiät. Darüber hinaus kommen die Studien übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Atkins-Diät auch hinsichtlich des Risikofaktor-Profils günstiger wirkt, als die fettarme Kost. Eine aktuelle Übersicht aus den letzten Jahrzehnten Atkins-Diät (erschienen im offiziellen Journal of the American Medical Association) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass für Atkins-Diät die ständig kolportierten unerwünschten Nebenwirkungen de facto nicht zu beobachten sind (7).

Übrigens - wer sich nicht die dogmatische Position von Eiferern antun will, sondern sich seine eigene Meinung dazu bilden will, soll mich anmailen. Ich schicke gerne die Originalliteratur...

Besonders interessant erscheint mir ein Experiment an gesunden schlanken Männern, bei denen man den Stoffwechseleffekt unter Atkins-Diät ohne angestrebte Gewichtsabnahme testen wollte (5, 6): Unter einer Kost, die 61 % Fett (!) und 30 % Eiweiß (überwiegend tierisches!) enthält, kommt es zu einer Abnahme der Körperfettmasse um 3,5 kg, des Körperfettanteils um 18 % und zu einem Anstieg der fettfreien Körpermasse um 1 kg. Gleichzeitig sinken die Risikoindikatoren Gesamt- zu HDL-Cholesterin, VLDL, Triglyceride und das Nüchterninsulin! Nicht schlecht für eine „Selsbtmord-Diät“.

Ob und in wiefern diese Kostform auf Dauer der Gesundheit abträglich ist, weiß kein normaler Mensch, da keine systematische Untersuchung hierzu vorliegt. Das können nur besonders begabte Hellseher mit dem direkten Draht „nach oben“ wissen.

Ich persönlich würde jedenfalls aus subjektiver Sicht diese extreme Kostform nicht auf Dauer empfehlen, da ich in einigen Bereichen mit einer kritischen Nährstoffversorgung und einem ständigen Säureüberschuss rechne und über diesen Zusammenhang zumindest ein Nierenstein- und Osteoporose-Risiko erwarte.

Auf Grund der wissenschaftlichen Evidenz kann man aber nun davon ausgehen, dass die Atkins-Diät eine besonders effektive Gewichtsabnahme ermöglicht. Ich würde allerdings jedem auf Grund meiner persönlichen Einschätzung empfehlen, nach einigen Wochen auf die kohlenhydratreduzierte LOGI-Methode umzusteigen, da sie im Gegensatz zu Atkins-Diät mit viel höherer Wahrscheinlichkeit eine bedarfsdeckende Dauerernährung darstellt, weniger stringent ist und auf Dauer eine bessere Compliance bei ähnlich guten Stoffwechseleffekten erwarten lässt.

Empehlenswert für alle, die es gewohnt sind wissenschaftliche Arbeiten zu lesen, sind auch noch diese drei aktuelle Übersichten zum Stoffwechseleffekt von Hi-Carb vs High-Fat bzw. High-Protein (8, 9, 10). Auch diese schicke ich zwecks eigener Meinungsbildung jedem gerne zu.

Nicolai

1. Brehm BJ, Seeley RJ, Daniels SR, D'Alessio DA. A randomized trial compa-ring a very low carbohydrate diet and a calorie-restricted low fat diet on body weight and cardiovascular risk factors in healthy women. J Clin Endocrinol Metab 2003;88:1617-23.
2. Sondike SB, Copperman N, Jacobson MS. Effects of a low-carbohydrate diet on weight loss and cardiovascular risk factor in overweight adolescents. J Pe-diatr 2003;142:253-8.
3. Samaha FF, Iqbal N, Seshadri P, et al. A low-carbohydrate as compared with a low-fat diet in severe obesity. N Engl J Med 2003;348:2074-81.
4. Foster GD, Wyatt HR, Hill JO, et al. A randomized trial of a low-carbohydrate diet for obesity. N Engl J Med 2003;348:2082-90.
5. Sharman MJ, Kraemer WJ, Love DM, et al. A ketogenic diet favorably affects serum biomarkers for cardiovascular disease in normal-weight men. J Nutr 2002;132:1879-85.
6. Volek JS, Sharman MJ, Love DM, et al. Body composition and hormonal res-ponses to a carbohydrate-restricted diet. Metabolism 2002;51:864-70.
7. Bravata DM, Sanders L, Huang J, Krumholz HM, Olkin I, Gardner CD. Efficacy and safety of low-carbohydrate diets: a systematic review. Jama 2003;289:1837-50.
8. Volek JS, Westman EC. Very-low-carbohydrate weight-loss diets revisited. Cleve Clin J Med 2002;69:849, 853, 856-8 passim.
9. Jensen MD. Fatty acid oxidation in human skeletal muscle. J Clin Invest 2002;110:1607-9.
10. Layman DK. The Role of Leucine in Weight Loss Diets and Glucose Home-ostasis. J Nutr 2003;133:261S-267S.
 
hallo nicolai (pseudonym oder der "echte" nicolai worm?),
zu diesem thema hab ich schon so ausführlich stellung bezogen, dass ich mich kurz fassen möchte:
1. es ist unbestritten, mit der "atkins-diät" körpergewicht zu reduzieren zu können, wenn damit eine negative energiebilanz verbunden ist. denn nur auf diese kommt es letztlich an. wenn du (sie) meine botschaft in diesem forum kennst (kennen), so weißt (wissen) du (sie), dass ich immer wieder betont habe, dass es nicht auf die zusammensetzung der nahrung als vielmehr auf deren energiedichte ankommt, wenn man "abspecken" möchte. so habe ich auch schon seitenlange diskussionen mit den "kohlenhydrat-jüngern" geführt, die behaupten, KH könnten nicht in fett umgewandelt werden...
2. du (sie) schreibst (schreiben) selbst, dass diese diät nicht auf dauer zu empfehlen ist - meine worte im forum.
3. danke für deine (ihre) literaturliste. du (sie) weißt (wissen) aber selbst, dass solche studien nicht über jahre laufen (und darüber hinaus bias-anfällig sind).
4. was den lipidstatus berifft, so weißt (wissen) du (sie), dass dieser im wesentlichen genetisch determiniert ist und nur unwesentlich von der nahrung beeinflusst werden kann (->feedback mit der cholesterinbiosynthese in der leber). ich habe mich schon des öfteren über die unsinnige diätempfehlung einer "streng fettarmen kost" des einen oder anderen kollegen gewundert, wenn er ein gesamtcholesterin von 240mg/dl gemessen hat (ohne das HDL bestimmt zu haben bzw. es zu berücksichtigen). erfahrungsgemäß erreicht man damit keinen signifikanten benefit auf den chol/HDL- bzw. LDL/HDL-quotient. oder das immer noch vielfach ausgesprochene "eierverbot" (das eigentlich auch obsolet ist, zumal das cholesterin im eidotter ohnehin so gut wie nicht aufgenommen wird).
5. thema hyperinsulinismus und insulinresistenz: nicht die KH-zufuhr ist daran "schuld", sondern die adipositas, v.a. die viszerale adipositas (->metabolisches syndrom). faktum ist, dass die leute heutzutage nicht nur zuviel KH zuführen, sondern auch zuviel fett, weil sie insgesamt einfach zuviel energie zuführen! (das zum so gern angeführten beispiel der ernährungsgewohnheiten der amerikaner, die sich angeblich so "low fat" ernähren sollen - bei uns sieht es nicht anders aus. der durchschnittsösterreicher bzw. -deutsche ernährt sich zu fettreich (fast 50% der gesamtenergiezuhr) und damit zu energiereich. und dass man mit einer einschränkung der fettzuhr am effizientesten kalorien einsparen kann, ist wohl unbestritten). eine fettreiche kost beim metabolischen syndrom zu empfehlen, ist kontraproduktiv, weil damit der organismus mit noch mehr freien fettsäuren überschwemmt werden würde, was die insulinresistenz und damit die stoffwechselfunktion (BZ und lipide) nur noch weiter verstärken würde (aus dem stoffwechselaktiven viszeralen fettgewebe werden ohnehin bereits viele fettsäuren freigesetzt, die ansonst lipolyse-hemmende wirkung von insulin ist hier nicht gegeben) und damit der atherogenese weiteren vorschub leisten würde, was das cardiovaskulären risiko weiter erhöhen würde (zuviel "würde", ich weiß - hatte nur ein "befriedigend" in deutsch:winke:).
6. fazit: solang die energiebilanz stimmt, ist es zweitranging, wie die nahrung hinsichtlich der makronährstoffe zusammengesetzt ist. trotzdem ist auf dauer nur eine ausgewogene, fettbewusste (ich sage absichtlich nicht "fettarme") mischkost zweckmäßig, die zwar KH-betont, aber nicht KH-reich ist (der KH-anteil ist nicht zuletzt vom umfang und der intensität der körperlichen aktivität abhängig). aus diesem grund haben die derzeitigen richtlinien sämtlicher internationaler ernährungsgesellschaften und adipositasgesellschaften nach wie vor allgemeingültigkeit im sinne des "state of the art". daran ändern auch die untersuchungen von foster, bravata usw. - zumindest derzeit noch - nichts.
nochmals: das wichtigste ist zunächst einmal, sich klar zu sein, dass man weniger energie braucht, als vielfach geglaubt (und auch empfohlen) wird. allein der GU wird oft überschätzt (auch von vielen ernährungsexperten).
gruß, kurt (der versucht, auch auf diesem gebiet up to date zu sein)

p.s.: sollten sie der "echte" nicolai worm sein, so sind sie meines wissens als gastredener am swarovski-gesundheitstag am 25. oktober in wattens engagiert. dann werden wir uns vermutlich sehen und können wir ja weiter diskutieren, sofern zeit bleibt.
 
ja, und das manchmal unter einem anderen Namen

ich wüsste zwar nicht, was ich deiner meinung nach hier lernen sollte, aber wenn es dir genugtuung bereitet... bin schon gespannt, unter welchem namen du das nächste mal im forum mit einer geistreichen bemerkung auftauchst.
kurt

p.s.: apropòs lernen: wenn jemand etwas über die pathophysiologie des metabolischen syndroms zu lernen hat, dann sind es ernährungswissenschaftler.
 
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