Der Wunsch nach einem langen, gesunden Leben
Tja, möglichst alt werden und dabei lange und gesund leben – das wünschen sich die allermeisten von uns. Und genau hier setzt ein Gesundheitstrend an, der seit einiger Zeit durch Medien und Forschung geistert: Longevity, ein Gesundheitstrend, der seit einiger Zeit durch Medien und Forschung geistert: Longevity. (Ich weiß bis heute nicht, wie man es eigentlich ausspricht – und genau das könnte der einzige Grund sein, warum ich am Erfolg dieser Bewegung zweifle. Denn 90 % der Deutschen stolpern schon an der Aussprache!)“
Es geht um nichts weniger als die Frage, wie wir unser Leben nicht nur verlängern, sondern auch inhaltlich besser machen können. Was früher schlicht als Lebensstil galt, wird heute als Longevity gebrandet und in Talkshows, Büchern und Studien diskutiert. Die entscheidende Frage: Können wir tatsächlich beeinflussen, wie alt wir werden – oder sind wir Gefangene unserer Gene?
Gene versus Lebensstil
Unser genetisches Erbe ist unbestreitbar ein Faktor. Wer Eltern oder Großeltern hat, die gesund 90 oder sogar 100 Jahre alt wurden, startet mit einem gewissen Vorteil. Doch entscheidend ist: Selbst wer in der genetischen Lotterie kein Gewinnerlos gezogen hat, kann mit Lifestyle-Faktoren noch eine ganze Menge erreichen. Ernährung, Bewegung, Schlaf und Stressmanagement wirken direkt auf die Zellen, Gefäße und das Immunsystem.
Die oft zitierte Weisheit „ein bisschen hungern, ein bisschen frieren“ mag aus Omas Zeiten stammen, hat aber überraschend viele Parallelen zu modernen Studien über Kalorienrestriktion und metabolische Anpassung.
Alterungsprozesse verstehen
Lange dachte man, Altern sei lediglich das Ergebnis von Schäden, die sich im Laufe des Lebens in unseren Zellen ansammeln. Doch Forschung zeigt, dass es Organismen gibt, die scheinbar gar nicht altern – wie bestimmte Meerestiere, die tausende Jahre alt werden können. Das legt nahe: Alterung ist nicht ausschließlich genetisch programmiert.
Vielmehr sind es bei uns Menschen Faktoren wie Entzündungsprozesse, Ablagerungen in den Gefäßen und gestörte Stoffwechselprozesse, die den Körper schrittweise altern lassen. Genau hier setzt Longevity an: durch bewusste Beeinflussung dieser Prozesse.
Bewegung als Schlüssel zum Jungbleiben
Sport wirkt wie ein Medikament – für Muskeln, Herz und Gehirn. Die sogenannte Age-Gain-Studie konnte zeigen, dass körperliche Aktivität nicht nur den Körper stärkt, sondern auch das Gehirn fit hält. Über 70-Jährige, die regelmäßig trainierten, entwickelten eine bessere Vernetzung ihrer Hirnareale und schnitten beim Kognitionstraining deutlich besser ab.
Das Zauberwort lautet BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor). Dieses Protein sorgt dafür, dass neue Synapsen gebildet werden. Es wird einerseits genetisch beeinflusst, andererseits aber auch durch Muskeltätigkeit ausgeschüttet. Wer sich also bewegt, liefert seinem Gehirn einen molekularen Jungbrunnen.
Faktor | Einfluss auf Longevity |
---|---|
Bewegung | Fördert BDNF, stärkt Herz-Kreislauf-System, erhält Muskeln |
Ernährung | Unterstützt Stoffwechsel, reduziert Entzündungen, beugt Übergewicht vor |
Schlaf | Fördert Zellregeneration, Hormonbalance, Stressabbau |
Genetik | Grundlage für Langlebigkeit, aber nicht allein entscheidend |
Alltagsbewegung und Training
Doch wie viel Bewegung ist genug? Pauschale Antworten wie „10.000 Schritte am Tag“ sind wissenschaftlich nicht zwingend belegt. Sinnvoller ist eine Kombination: Alltagsbewegung – Gehen, Treppensteigen, Radfahren – und gezielter Sport, der den Körper fordert. Schon 7.000 Schritte können ein guter Anfang sein. Lies: Statt Fitnessstudio: Warum 7.000 Schritte am Tag gesünder sind als 24 Monatsraten.
Wichtig ist: Nicht nur abends eine Joggingrunde drehen und sonst den ganzen Tag sitzen. Bewegung muss kontinuierlich in den Alltag integriert werden. Und, wie Longevity-Experten betonen, auch die soziale Dimension zählt: Sport in Gruppen, Tanzen oder gemeinsames Training fördern nicht nur die Fitness, sondern auch soziale Bindungen – ebenfalls ein Faktor für gesundes Altern.
Beweglichkeit im Alltag: Kleine Tools, große Wirkung
Wenn ich über Bewegung spreche, meine ich nicht nur Sport im klassischen Sinn. Für mich gehört auch Beweglichkeit und Mobilisation dazu – einfache Übungen, die man zu Hause machen kann. Schon eine Gymnastikmatte reicht, um kleine Routinen einzubauen, die die Gelenke geschmeidig halten und die Körperwahrnehmung verbessern. Im Fachhandel gibt es zudem kleine Hilfsmittel, die das Training effizienter machen, ohne den Körper zu überfordern.
Mein persönlicher Favorit ist der Spinefitter – ein Tool, das mir hilft, Verspannungen zu lösen und die Wirbelsäule gezielt zu mobilisieren. Solche einfachen Ergänzungen zeigen mir immer wieder, dass Longevity nicht nur große Studien bedeutet, sondern vor allem kleine Gewohnheiten, die man jeden Tag in sein Leben einbauen kann.
Ernährung: weniger Kalorien, mehr Pflanzen
Studien legen nahe, dass Übergewicht ein Risikofaktor für frühzeitiges Altern ist. Besonders kritisch betrachten Wissenschaftler stark verarbeitete
Lebensmittel, die reich an Zucker, Transfetten und Salz sind. Sie fördern Entzündungsprozesse, liefern viele Kalorien, aber nur wenige
Mikronährstoffe – ein Rezept für Inflammaging. Unterkalorische, pflanzenbasierte Ernährung hingegen kann Entzündungen senken und die Zellgesundheit fördern.
Das heißt nicht zwingend, dass jeder Veganer werden muss. Aber ein größerer Anteil an Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkorn und gesunden Fetten wirkt sich positiv auf den Stoffwechsel aus. Vorsicht geboten ist bei stark verarbeiteten Lebensmitteln und übermäßigem Milchkonsum, der mitunter kritisch diskutiert wird.
Beim Milchkonsum lohnt ein genauer Blick. Zwar liefert Milch Kalzium, Eiweiß und Vitamine, doch sie stimuliert gleichzeitig die Produktion von IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1). Dieses Hormon ist wichtig für Wachstum und Zellteilung, steht in hoher Konzentration aber im Verdacht, Alterungsprozesse und bestimmte Krebsrisiken zu begünstigen. Studien zeigen, dass übermäßiger Milchkonsum – insbesondere mehr als ein Liter täglich – mit einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sein kann.
Andere Untersuchungen finden dagegen neutrale oder sogar positive Effekte, etwa ein geringeres Osteoporoserisiko. Die Quintessenz: Moderater Konsum ist unproblematisch, aber „viel hilft viel“ gilt hier nicht. Im Sinne von Longevity raten viele Experten, sich stärker an pflanzenbasierte Ernährung zu orientieren, die Entzündungen senkt und Kalorien leichter kontrollierbar macht. Ziel ist eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung, die dem Körper Energie gibt, ohne ihn zu überlasten.
Schlaf und Stressmanagement
Longevity ist ohne Schlaf nicht denkbar. Dabei geht es nicht nur um Quantität, sondern vor allem um Qualität. Wer regelmäßig tiefen, erholsamen Schlaf hat, unterstützt seine Zellerneuerung und Hormonregulation. Atemaussetzer oder Schnarchen sind dagegen ernstzunehmende Probleme, die medizinisch abgeklärt werden sollten.
Technische Hilfsmittel wie Schlafringe oder Smartwatches liefern zwar keine perfekte Diagnostik, können aber helfen, eigene Schlafmuster zu verstehen. Ebenso wichtig ist der Umgang mit Stress:Chronische Anspannung beschleunigt Alterungsprozesse, während Entspannungstechniken, soziale Kontakte und Freude am Leben den gegenteiligen Effekt haben.
Prävention statt Reparatur
Ein zentrales Element der Longevity-Debatte ist Prävention. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen – vom Hautcheck bis zur Darmspiegelung – können Krankheiten frühzeitig entdecken und behandeln. Wer diese Möglichkeiten nutzt, erhöht die Chance, lange gesund zu bleiben. Dr. Carsten Lekutat (Buchautor: "Der Vital Code") formulierte es im ZDF-Mittagsmagazin mit einem Augenzwinkern: „Einfach nicht sterben, bis es soweit ist.“ Prävention ist also nicht nur ein Schlagwort, sondern die Grundlage für die Umsetzung moderner Longevity-Konzepte.
Mindset und Lebensfreude
So nüchtern Gene, Ernährung, Bewegung und Schlaf klingen mögen – entscheidend ist auch die Einstellung zum Leben. Longevity ist kein Zahlenprojekt, sondern ein Balanceakt. Wer Freude empfindet, soziale Bindungen pflegt und regelmäßig tanzt – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn –, lebt nicht nur länger, sondern auch besser. Das Ziel ist nicht allein die Verlängerung von Jahren, sondern die Gestaltung von Qualität in diesen Jahren. Oder um es in den Worten vieler Longevity-Forscher zu sagen: „Es geht nicht darum, dem Leben Jahre hinzuzufügen, sondern den Jahren Leben.“
Zwischen Wissenschaft und Alltag
Longevity ist mehr als ein Hype. Es ist die Übersetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Alltag. Dabei geht es nicht darum, unsterblich zu werden, sondern möglichst viele Jahre gesund und selbstbestimmt zu leben. Bewegung, Ernährung, Schlaf, Prävention und Mindset sind die Stellschrauben, an denen jeder drehen kann – unabhängig vom genetischen Jackpot.
Vielleicht hatte Oma also doch recht mit ihrem „bisschen hungern und frieren“. Und wenn wir das Ganze noch mit Freude, Musik und Gemeinschaft kombinieren, dann hat Longevity tatsächlich eine Chance, mehr zu sein als ein Modewort.
Supplements zwischen Evidenz und Hype
Neben Ernährung, Bewegung und Schlaf interessieren sich viele Menschen auch für Supplements als Longevity-Bausteine. Einige haben eine solide wissenschaftliche Basis, andere bewegen sich eher im Grenzbereich zwischen Hoffnung und Hype.
Kreatin: Bekannt aus dem Sport, aber auch für Langlebigkeit interessant. Kreatin steigert nicht nur Muskelkraft, sondern zeigt in Studien auch neuroprotektive Effekte. Es verbessert kognitive Funktionen und schützt Nervenzellen vor oxidativem Stress. Gerade im Alter kann Kreatin dazu beitragen, Muskelabbau (Sarkopenie) zu verlangsamen. Zudem gibt es Hinweise auf positive Effekte bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson oder ALS.
Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA): Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren wirken entzündungshemmend, fördern die Gefäßgesundheit und können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren. Auch die Hirngesundheit profitiert: bessere Synapsenbildung, Schutz kognitiver Funktionen, positive Einflüsse auf die Gedächtnisleistung. Zwar ist die Studienlage nicht immer einheitlich, doch regelmäßiger Fischkonsum oder Supplementierung korrelieren in großen Kohorten mit einer geringeren Mortalität.
Vitamin D: Ein Klassiker für Knochen und Immunsystem, dessen Relevanz in nördlichen Ländern durch häufigen Mangel besonders hoch ist. Ob Vitamin D tatsächlich die Lebensspanne verlängern kann, ist wissenschaftlich umstritten. Gesichert ist hingegen: Ausreichende Spiegel reduzieren das Risiko für Osteoporose und Infektanfälligkeit. Bei der Dosierung sollte man sich an Blutwerten orientieren, da sowohl Mangel als auch Überdosierung problematisch sind.
NAD⁺-Booster (NMN, NR): Einer der am meisten gehypten Trends im Longevity-Bereich. NAD⁺ ist ein essenzielles Coenzym für Energieproduktion, DNA-Reparatur und Zellstoffwechsel, dessen Spiegel mit zunehmendem Alter abnimmt. NMN (Nicotinamid-Mononukleotid) und NR (Nicotinamid-Ribosid) sollen diesen Abfall ausgleichen. Tierstudien sind vielversprechend, beim Menschen zeigen kleine Studien immerhin eine zuverlässige Anhebung des NAD⁺-Spiegels sowie leichte Verbesserungen im Stoffwechsel und bei der Insulinsensitivität.
Aber: Für echte Lebensverlängerung beim Menschen gibt es bisher keinerlei Beweise. Ein weiteres Problem: NAD⁺ wirkt als Molekül oral kaum, weshalb es teilweise nur als Infusion getestet wird. NR in Tablettenform ist aktuell die praktischere und besser untersuchte Variante, während NMN in Europa regulatorisch umstritten ist. Fazit: spannend, aber noch kein Pflichtbaustein.
Astaxanthin, Rutin, Curcumin: Diese sekundären Pflanzenstoffe gelten als potente Antioxidantien und wirken entzündungshemmend. Diskutiert wird ihr Nutzen vor allem im Bereich Gefäß- und Hautgesundheit. Studien zeigen interessante Markerverbesserungen, doch meist in kleinen Settings ohne Langzeitdaten. Sie sind potenziell sinnvoll als Ergänzung, ersetzen aber keine grundlegenden Longevity-Faktoren wie Ernährung oder Bewegung.
Unterm Strich gilt: Supplements können Longevity unterstützen, aber sie sind keine Wundermittel. Wer Kreatin, Omega-3 und Vitamin D nutzt, hat eine solide Basis. Bei NAD⁺-Boostern sollte man die noch unsichere Studienlage im Blick behalten – und den Hype nicht mit Evidenz verwechseln.
Quellen
[1] Christensen K, Johnson TE, Vaupel JW. The quest for genetic determinants of human longevity: challenges and insights. Nat Rev Genet. 2006;7(6):436-448.
[2] Franceschi C, Campisi J. Chronic inflammation (inflammaging) and its potential contribution to age-associated diseases. J Gerontol A Biol Sci Med Sci. 2014;69 Suppl 1:S4-S9.
[3] Teipel S, Tüscher O, Borowski I, et al. Age Gain Study: Effects of physical activity on brain connectivity and cognition in older adults. Universitäten Rostock, Mainz, Köln. Zitiert im ZDF Mittagsmagazin, 2023.
[4] Wrann CD, White JP, Salogiannnis J, et al. Exercise induces hippocampal BDNF through a PGC-1α/FNDC5 pathway. Cell Metab. 2013;18(5):649-659.
[5] Melnik BC. Milk consumption: aggravating factor of acne and promoter of chronic diseases of Western societies. J Dtsch Dermatol Ges. 2009;7(4):364-370.
[6] Allen NE, Key TJ, Appleby PN, Travis RC, Roddam AW, Tjønneland A, et al. Animal foods, protein, calcium and prostate cancer risk: the EPIC study. Br J Cancer. 2008;98(9):1574-1581.
[7] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Vitamin D. DGE, Bonn 2023.
[8] Kreider RB, Kalman DS, Antonio J, et al. International Society of Sports Nutrition position stand: creatine supplementation. J Int Soc Sports Nutr. 2017;14:18.
[9] Rautiainen S, Wang L, Lee IM, Manson JE, Buring JE, Sesso HD. Fish consumption and risk of major chronic disease in men. Am J Clin Nutr. 2012;96(2):429-435.
[10] Yoshino M, Yoshino J, Kayser BD, et al. Nicotinamide mononucleotide increases muscle insulin sensitivity in prediabetic women. Science. 2021;372(6547):1224-1229.
[11] Trammell SAJ, Schmidt MS, Weidemann BJ, et al. Nicotinamide riboside increases NAD+ in humans safely and sustainably. Nat Commun. 2016;7:12948.
[12] Ambati RR, Phang SM, Ravi S, Aswathanarayana RG. Astaxanthin: sources, stability, biological activities and applications. Mar Drugs. 2014;12(1):128-152.
[13] Panche AN, Diwan AD, Chandra SR. Flavonoids: an overview. J Nutr Sci. 2016;5:e47.
[14] Hewlings SJ, Kalman DS. Curcumin: a review of its effects on human health. Foods. 2017;6(10):92.
[15] Walker MP. The role of sleep in cognition and emotion. Ann N Y Acad Sci. 2009;1156:168-197.
[16] Lekutat C. Der Vital Code. Wie Sie die Signale Ihres Körpers richtig deuten und Ihre Gesundheit neu entdecken. Rowohlt Verlag, Hamburg. 2022.
[17] ZDF Mittagsmagazin. Beitrag: Longevity – Wie wir länger gesund leben können. Ausstrahlung: 2023.