Der Moment der Faszination
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber bei mir war es ein klassischer Instagram-Moment: Ein Wanderer stapft scheinbar mühelos einen steilen Hang hinauf – als wäre Schwerkraft ein optionales Feature. Der Grund? Hypershell. Ein tragbares Exoskelett, das aussieht wie eine Mischung aus Ironman-Relikt und Trekkinggurt. Und mein erster Gedanke war: Das ist wie ein E-Bike für die Beine.
Selbst Mountainbiker wollen heute nicht mehr auf das Pedellec oder E-Bike verzichten (auch wenn es technisch Unterschiede gibt, verwenden wir in Deutschland beide Begriffe meist synonym). Was früher als Seniorenhilfe oder Mobilitätsstütze verspottet wurde, ist heute bei Athleten anerkannt und aus der zyklischen Ausdauersportart, im leistungsorientierten Radsport, auf Geländewegen, Singletrails oder in Bergregionen kaum mehr wegzudenken. Und Hypershell? Könnte genau diese Entwicklung fürs Gehen vollziehen – vom belächelten Gadget zur ernstzunehmenden Unterstützung im Alltag, auf Wanderwegen, beim Berge erkunden und erklettern - und selbst in der Reha.
Was ist Hypershell – und wozu überhaupt?
Hypershell ist ein motorisiertes Exoskelett, das beim Gehen, Walking, Wandern oder Laufen aktiv deine Bewegungen unterstützt. Acht kleine Motoren arbeiten synchron, Sensoren registrieren deine Bewegungsabsicht und liefern exakt dann Schub, wenn du ihn brauchst. Steigungen, müde Beine, schweres Gepäck – Hypershell verspricht Entlastung.
Mit 2 Kilogramm Gewicht, 100 Nm Drehmoment pro Bein und einer Akkulaufzeit von bis zu sechs Stunden klingt das eher nach Roboterhund als Wearable. Die App-Steuerung erlaubt dir, individuell anzupassen, wie stark die Unterstützung eingreift. Klingt gut – aber ist das alltagstauglich?
Der Pedelec-Vergleich – ganz ohne Kette und Lenker
Wenn du dich fragst, warum alle vom "E-Bike für die Beine" reden – hier kommt die Analogie: Hypershell ersetzt nicht deine Bewegung, es erweitert sie. Es ermöglicht dir, weiter zu gehen, höher zu steigen, länger durchzuhalten. Genau wie ein Pedelec. Nur eben zu Fuß.
Die Zielgruppen überschneiden sich:
- Senioren, die wieder mehr unterwegs sein wollen
- Outdoor-Fans, die ihre Grenzen verschieben möchten
- Reha-Patienten, die vorsichtig mobil werden
- Technikfans, die gerne mal Ironman spielen
Das Gehgefühl verändert sich, der Bewegungsradius erweitert sich. "Ich kann wieder mitkommen" – das ist das neue "Ich kann Rad fahren".
Die Vorteile: Wer profitiert am meisten?
Wanderer: Auf langen Touren schont Hypershell Knie und Waden. Bergauf wird's spürbar leichter.
Senioren: Stabilität, Sicherheit, Bewegungsfreude. Ohne Rollator, ohne Müdigkeit.
Reha-Patienten: Besonders nach OPs an Knie oder Hüfte kann Hypershell ein Zwischenweg sein. Mehr Mobilität, weniger Frust.
Lastenträger: In alpinem Gelände mit schwerem Gepäck spürst du den Unterschied sofort.
Und dann ist da dieser psychologische Effekt: Du traust dich wieder raus. Bewegst dich weiter, bleibst länger aktiv. Das ist ein Gamechanger.
Die Grenzen: Wo Hypershell noch (deutlich) Luft nach oben hat
So faszinierend das Gerät ist – perfekt ist es nicht. Noch nicht. Hier die häufigsten Kritikpunkte:
Kritikpunkt | Beschreibung |
---|---|
Tragekomfort | Druckstellen am Gurt, Blasen nach mehreren Stunden |
Akkulaufzeit | Nur 4–6 Stunden, oft weniger im Gebirge |
App-Steuerung | Nicht intuitiv, komplex in der Anpassung |
Unterstützung | Kein Schub bei Stillstand – schlecht bei Gangstörungen |
Preis | 800–1.200 Dollar – viel für ein Nischenprodukt |
Bewegungsgefühl | Ungewohnt, für Bergsteiger teils irritierend |
Stimmen aus der Praxis – was sagen die Tester?
Ich hab mich durch die Rezensionen gelesen. Der Tenor ist eindeutig: Potential ja, Alltagstauglichkeit noch ausbaufähig.
T3 Magazin: "Leicht, spaßig, aber eher Gadget als Tool."
The Verge: "Gute Muskelentlastung, aber Akkublende und App-Design schwach."
Advnture: "Toll für Senioren, aber begrenzte Reichweite."
New York Post: "Leistungssteigerung ja, aber Druckstellen ein Problem."
Reddit: "Hilfreich bei Parkinson – solange man sich bewegt. Beim Freezing? Keine Hilfe."
Ein gemischtes Bild also. Viel Licht, noch Schatten. Genau wie beim E-Bike vor 15 Jahren.
Für wen lohnt sich Hypershell wirklich?
Für alle, die weitergehen wollen, als sie es bisher konnten – physisch wie mental. Ob du regelmäßig wanderst, Trailrunning liebst oder einfach nur nicht willst, dass die Steigung am Ende des Waldwegs darüber entscheidet, ob du umkehrst oder weitergehst: Hypershell unterstützt dich dort, wo Muskulatur an ihre Grenzen kommt – nicht weil du schwach bist, sondern weil du noch mehr willst. Und ja, gerade für Menschen mit Gelenkproblemen, nach Operationen oder im fortgeschrittenen Alter kann das Exoskelett einen echten Unterschied machen.
Die Aussicht, als Senior wieder selbstständig unterwegs zu sein – beim Einkaufen, beim Spaziergang oder im Urlaub – ist mehr als Komfort. Es ist Lebensqualität.
Hypershell ersetzt nichts. Es verstärkt. Es nimmt dir nicht die Bewegung, sondern gibt dir Reichweite, Sicherheit, Kontrolle – und manchmal auch einfach nur das gute Gefühl - oder mehr noch: Sicherheit - , dass der Weg noch nicht zu Ende ist. Egal ob auf 2.000 Metern Höhe oder auf dem Weg zur Bushaltestelle.
Der Ausblick: Was muss besser werden?
Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann Folgendes:
- Komfortable Gurte ohne Reibung
- Akkus, die zwei Tagesetappen schaffen
- Eine Steuerung, die ohne Smartphone funktioniert
- Unterstützung auch beim Stehen, Losgehen und Balancieren
- Ein Preis unter 700 Euro – das wäre fair
Wissenschaftliche Quellen
- T3 Magazin (Juni 2025)
- The Verge (CES März 2025)
- ADVNTure Outdoor-Test (Ben Nevis, April 2025)
- New York Post / Post Wanted (Mai 2025)
- Reddit-Nutzerberichte (Parkinson, Disability)
- Herstellerangaben von Hypershell