All Inclusive Fitness übernimmt Fit Star: Fitnessfusion mit Ansage

All Inclusive Fitness übernimmt Fit Star: Fitnessfusion mit Ansage

William Choquette Pexels
Fitnessfusion mit Ansage: All Inclusive Fitness übernimmt Fit Star

Ein Deal mit Hantel und Haltung

Wenn sich zwei der muskelbepackten Riesen im deutschen Fitnessmarkt zusammentun, dann klirren nicht nur die Gewichtsscheiben, sondern auch die Strategiepapiere. Mit der Übernahme von Fit Star durch All Inclusive Fitness entsteht eine neue Kraft im Studio-Universum: 160 Studios, 610.000 Mitglieder und 2750 Beschäftigte – ein Deal, der nicht nur Zahlen liefert, sondern ein deutliches Signal setzt. Die Branche, so scheint es, kennt nach Corona wieder nur eine Richtung: nach oben – und zwar mit vereinten Kräften.

Die neue Nummer fünf hebt an

All Inclusive Fitness war bisher eher der solide, ehrgeizige Mitstreiter hinter den ganz Großen. Doch mit dem Zukauf von Fit Star positioniert sich das Unternehmen plötzlich selbstbewusst im Rampenlicht. CEO Stephan Schulan bringt es charmant martialisch auf den Punkt: „Wir wollen aggressiv weiterwachsen.“ Übersetzt heißt das: 250 Studios bis 2028, mindestens eine Million Mitglieder – und Platz auf dem Treppchen der deutschen Fitnessgiganten. Aktuell steht man auf Rang fünf. Doch Schulan denkt nicht in Plätzen, sondern in Potenzialen.

Kettenglieder mit Synergieeffekt

Die beiden Marken passen dabei erstaunlich gut zusammen. Fit Star bringt vor allem Präsenz in Süddeutschland mit, eine markenbewusste Klientel und ein starkes Image im Low-Cost-Segment. All Inclusive Fitness dagegen setzt auf solide Preise bei maximaler Ausstattung – inklusive Saunen, Kursangebote und 24/7-Zugang. Was früher als Widerspruch galt, wird nun zur Wachstumsformel: Lifestyle trifft Zugänglichkeit, Urbanität auf Expansion. Und das alles orchestriert von der Nord Holding, die als Mehrheitsgesellschafter die Übernahme strategisch flankiert.  


Rückblick mit Muskelkater: Corona als Lackmustest

Wer glaubt, die Studios hätten es leicht gehabt, irrt. Die Pandemie ließ die Branche zwischenzeitlich fast kollabieren: 20 Prozent weniger Mitglieder, ein Umsatzrückgang um 50 Prozent – das war keine leichte Diätkur, sondern ein Kahlschlag. Doch genau diese Krise hat offenbar zur Resilienz geführt. Markus Giegold, Geschäftsführer von Fit Star, beschreibt es treffend: „Nach Corona waren die Leute froh, wieder andere Menschen zu treffen.“ Fitness als soziales Ereignis, als analoge Oase in der digitalen Einsamkeit – und als Rehazentrum für Körper und Kopf zugleich.

Zwischen Discount und Boutique: Das neue Studioverständnis

Die Branche verändert sich nicht nur zahlenmäßig, sondern konzeptionell. Die alten Schubladen – McFit versus Premium – werden durchlässiger. Studios wie FitX, Clever Fit oder John Reed experimentieren längst mit Mischformen aus Club, Kurstempel und Social Hub. All Inclusive Fitness positioniert sich geschickt dazwischen: Kein Hardcore-Luxus, aber auch keine Trainingshallenkultur mit Neonlicht und Schweißgeruch als Designstatement. Der neue Standard heißt: „mehr für viele“ statt „alles für wenige“ – wirtschaftlich vernünftig, strategisch klug und gesellschaftlich anschlussfähig.

Fusionen im Dauerlauf: Der Trend zur Kettenreaktion

Die Fit-Star-Übernahme steht nicht allein. Der deutsche Fitnessmarkt erlebt derzeit eine Phase intensiver Konsolidierung. 2024 gab es 11,71 Millionen Mitglieder – ein Plus von 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch das Wachstum verteilt sich nicht gleichmäßig: Vor allem die Ketten legen zu.

281 neue Anlagen wurden 2024 allein von den größten zehn Unternehmen eröffnet. Diese Entwicklung erinnert frappierend an den Lebensmitteleinzelhandel: Wer groß einkauft, groß skaliert und groß denkt, dominiert. Kleinere Studios geraten dabei zunehmend unter Druck – und oft ins Übernahmevisier.

Tabelle der aktuellen Marktverhältnisse

AnbieterStudios (2025)MitgliederEigentümerstruktur
RSG Group (McFit, John Reed)~300>1.400.000Privat
Clever Fit>500>1.000.000Franchise
FitX>100ca. 700.000Privat
All Inclusive Fitness + Fit Star160610.000 (Ziel: 1 Mio.)Nord Holding


Investorenlogik trifft auf Yogamatte

Dass ein Finanzinvestor wie Nord Holding hier die Strippen zieht, ist kein Zufall. Fitness ist längst ein Renditeprodukt mit Wachstumsperspektive. Hohe Kundenbindung, planbare Mitgliedsbeiträge und – nicht zu vergessen – eine Zielgruppe, die freiwillig mehrmals pro Woche ins Studio pilgert, um sich selbst zu optimieren (Ist das so?). Für Investoren ist das ein Traum: planbare Cashflows mit bauchmuskellogischer Argumentation. Die Herausforderung liegt eher im Timing – und im Erhalt der Markenidentität. Denn wer zu schnell skaliert, verliert leicht das, was Kunden an „ihrem“ Studio schätzen.

Was bleibt vom Studiogefühl?

Ein Fitnessstudio ist mehr als eine Dienstleistung – es ist ein Ort der Rituale. Der selbe Spind. Das bekannte Laufband. Der Trainer, der dich duzt und trotzdem genau weiß, dass du gestern geschummelt hast. Diese emotionale Bindung lässt sich nicht so leicht kopieren – oder kaufen. Ob All Inclusive Fitness es schafft, den Spagat zwischen Wachstum und Nähe zu meistern, wird sich zeigen. Die Fusion ist ein mutiger Schritt – aber einer, der im besten Fall genau das schafft: Stabilität durch Größe und Seele durch Substanz.

Und was macht der Wettbewerb?

Die anderen Player schlafen nicht. FitX expandiert kontinuierlich. RSG Group mischt die Grenzen von Fitness, Design und Clubkultur auf. Und Clever Fit investiert stark in Franchisepartnerbindung und Digitalisierung. Der Markt ist also alles andere als statisch. Doch All Inclusive Fitness hat sich durch diesen Move auf dem Schachbrett der Branche nach vorn katapultiert. Ob daraus ein Matt oder ein Muskelkater wird – das hängt von der nächsten Spielphase ab. Denn eines ist klar: Wer den Fitnessmarkt konsolidieren will, muss nicht nur stemmen, sondern auch steuern können.

Zwischen Kniebeuge und Kapitalmarkt

Die Übernahme von Fit Star ist ein Lehrstück moderner Fitnessökonomie. Sie zeigt, wie sich sportliche Ambitionen, wirtschaftlicher Pragmatismus und ein bisschen Wagemut verbinden lassen. Und sie erinnert daran, dass auch im Fitnessmarkt gilt, was man sonst vom Bankwesen kennt: Vertrauen ist gut, Expansion ist besser  (ist das so?) – solange die Grundspannung stimmt. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob All Inclusive Fitness tatsächlich zur Königsklasse aufschließt – oder ob der Wachstumsplan zur Bauchlandung führt. Für den Moment aber steht die Branche staunend am Rand und zählt mit: 1, 2, 3... auf dem Weg zur Million.

Quellen: Handelsblatt (25.07.2025), Deloitte Fitnessmarktbericht 2024, Interviews mit Stephan Schulan und Markus Giegold

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